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Der Herzog und seine geliebte Feindin

Der Herzog und seine geliebte Feindin

Titel: Der Herzog und seine geliebte Feindin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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ihr nur eines zu bieten: eine Zukunft ohne wütende Menschenmenge.
    Ihre Großtanten hatten so viel geopfert, um ihr diese nackte graue Chance zu bieten. Sie hatten ihre Pfennige zusammengekratzt, sodass sie eine anständige Garderobe besaß, sobald sie alt genug war, sich in der Gesellschaft zu bewegen. Sie beklagten sich nie, aber Minnie wusste, warum es keinen Zucker in ihrem Tee gab. Sie wusste, warum sie – und zwar mit großem Bedauern – ihre Mitgliedschaft in der Leihbibliothek nicht verlängert hatten. Sie hatten für Minnie alles geopfert, alle Annehmlichkeiten, die sie sich im Alter gegönnt hatten.
    Und dabei besaß sie noch nicht einmal den Anstand, das zu wollen, was sie ihr so großzügig verschafft hatten.
    „Vielleicht“, schlug sie vor, „vielleicht, wenn wir Captain Stevens die Wahrheit sagen …“
    Ihre Großtanten starrten sie bestürzt an. „Minnie“, erwiderte Eliza langsam. „Liebes. Nach all der Zeit! Du weißt doch, dass du das niemals tun darfst.“
    Caro führte weiter, was Eliza ungesagt gelassen hatte. „Diese Regeln, die wir für dich aufgestellt haben – das sollten doch keine Einschränkungen für dich sein. Oder gar Strafen. Wir haben sie aufgestellt, weil wir dich lieben. Weil wir wollen, dass du eine Zukunft hast. Hat nicht Walter Gardley eine Schwäche für dich? Wenn du ihn nämlich bekommen kannst und zudem rasch heiratest …, wäre das gewiss nicht schlecht.“
    „Ja“, pflichtete ihr Eliza bei und nickte. „Das wäre großartig. Alle wilden Anschuldigungen von Stevens würden ihre Macht verlieren, sobald du mit dem Sohn des Brennereibesitzers verheiratet bist. Dann wäre es dein eigener Lebensunterhalt, der auf dem Spiel stünde, wenn die Arbeiter sich zusammenschlössen. Die Ehe würde nicht nur deine Zukunft sichern, sondern auch deine Glaubwürdigkeit.“
    Das war nichts, was sie nicht vorher schon selbst bedacht hatte.
    Sie hatte gewusst, was für ein Coup es wäre, allein das schon zu erreichen. Für ein Mädchen ohne Mitgift und mit nur mittelmäßigem Aussehen grenzte es an ein Wunder, überhaupt einen Mann abzubekommen. Selbst wenn er sie nur wollte, weil er dachte, sie würde sein flegelhaftes Verhalten stumm erdulden. Dennoch konnte sie keine Begeisterung in sich für diese Vorstellung entfachen.
    „Ich habe ihn reden hören“, stieß Minnie hervor. „Er sagte, ich sei wie eine Maus – dass ich den Mund halten würde, wenn er sich eine Mätresse nimmt.“
    Caro und Eliza wechselten einen Blick.
    „Du musst ihn nicht heiraten“, erklärte Eliza langsam. „Natürlich tust du das nicht, wenn es dich unglücklich macht. Aber bevor du ablehnst, bitte bedenke, welche anderen Möglichkeiten sich dir bieten. Ich würde dir raten, noch zu warten.“ Das wurde mit einem zweifelnden Stirnrunzeln gesagt, eines, das darauf anspielte, dass ein zweiter Heiratsantrag unwahrscheinlich war, zumal Minnie ja nicht jünger wurde. „Wenn die kleinste Chance besteht, dass Stevens der Wahrheit auf die Spur kommt …“ Sie sprach den Satz nicht zu Ende.
    Sie brauchte die Worte auch nicht auszusprechen. Wenn die Wahrheit ans Licht käme, würde es keinen weiteren Heiratsantrag geben.
    Minnie hatte den Duke of Clermont nicht angelogen. Gardley war das Beste, was sie sich erhoffen durfte – ein Mann, der nur wusste, dass sie in großen Menschenansammlungen still wurde. Ein Mann, dem es gefiel, wenn sie still war. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, auch nur eine Sache über sie herauszufinden: weder ihre Lieblingsfarbe noch ihr Lieblingsessen. Aber andererseits war es natürlich auch sicherer, einen Mann zu heiraten, der nichts über sie wissen wollte.
    Miss Wilhelmina Pursling wäre Gardley für einen Heiratsantrag mitleiderregend dankbar. Minerva Lane hingegen …
    „Er weiß ja noch nicht einmal, wer ich bin“, sagte sie. „Er hat mich ein kleines Mäuschen genannt. Minerva Lane war nie ein Mäuschen.“
    „Sprich den Namen nicht aus.“ Elizas Stimme war leise, aber beunruhigt. Ihre Hand drückte sich gegen Minnies Knie.
    „Sei still“, verlangte Caro. „Die Wahrheit auszusprechen, ist verboten.“
    Sei still. Reg dich nicht auf. Sag niemandem jemals die Wahrheit . Sie hatte zwölf Jahre lang nach ihren Regeln gelebt – und wofür? Damit sie eines Tages das Glück hätte, vollkommen vergessen worden zu sein?
    Die Erinnerung an Minverva Lane – wer sie gewesen war, was sie getan hatte – fühlte sich wie heiße Kohle unter kalter Asche an. Sie glühte

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