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Der Herzog und seine geliebte Feindin

Der Herzog und seine geliebte Feindin

Titel: Der Herzog und seine geliebte Feindin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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Bezeichnung verdiente. Das Gras war längst verdorrt, sodass nur grauer Kies den Boden bedeckte. Aber immerhin war das hier ein Stadtteil von Leicester, in dem es überhaupt Plätze gab.
    Die erfolgreicheren Geschäftsleute errichteten ihre Häuser ein Stück stadtauswärts an der Straße nach London in Stoneygate. Der Adel lebte auf weitläufigen Landgütern in der Umgebung. Jeder mit Geld und in irgendeiner Weise herausragender Stellung wohnte außerhalb der Stadt.
    Aber der Herzog nicht. Minnie berührte das Papier in ihrer Tasche und fügte das der Liste der ungewöhnlichen Dinge an dem Mann hinzu. Wenn Herzöge zur Fuchsjagd in die Gegend kamen, bezogen sie Quartier in Quorn oder Melton-Mowbray. Er jedoch hatte ein Stadthaus gemietet, das nur wenige Blocks von den Fabriken entfernt stand.
    „Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“, fragte er.
    Es gab zu viel, was nicht zusammenpasste. Er log . Das musste es sein. Sie wusste nur nicht warum. Auf einem Beistelltisch war ein Schachbrett aufgebaut. Sie versuchte nicht hinzusehen, versuchte dem mächtigen Drang zu widerstehen. Aber …
    Weiß gewann. Es waren noch sechs Züge bis zum Schachmatt, vielleicht auch nur noch drei. Sie konnte den Ausgang sehen, die Zange von Turm und Läufer, die Reihe drei weißer Figuren, die das Brett in zwei Teile trennte.
    „Sie spielen Schach?“, erkundigte sie sich.
    „Nein.“ Er winkte ab. „Ich verliere immer. Gnadenlos. Aber mein … das heißt, einer der Männer, die mit mir hier sind, spielt auf dem Postweg Schach mit seinem Vater. Daher steht das Brett hier. Sie wollen mich doch sicher nicht zu einem Spiel auffordern, oder?“ Er lächelte.
    Minnie schüttelte den Kopf. „Nein. Das war eine müßige Frage.“
    Der Tee wurde gebracht. Minnie wartete, bis die Dienstboten gegangen waren. Dann griff sie in ihre Rocktasche und holte das Flugblatt hervor, das Stevens ihr gestern unter die Nase gehalten hatte. Die Ränder, die von dem Regen am vergangenen Abend nass geworden waren, hatten sich beim Trocknen gewellt und verfärbt, aber sie hielt es ihm dennoch hin.
    Er nahm es nicht. Er warf einen kurzen Blick auf das Papier – lang genug, um die Überschrift in Blockbuchstaben zu lesen, die das obere Viertel des Blattes einnahm – und dann wieder zu ihr. „Sollte ich mich für Flugblätter mit radikalem Inhalt interessieren?“
    „Nein, Euer Gnaden.“ Sie konnte kaum glauben, dass sie sich wirklich traute, es auszusprechen. „Sie haben kein Interesse daran. Sie schreiben sie.“
    Er schaute auf das Papier. Langsam blickte er sie an und hob eine Braue. Minnie wandte den Blick ab, und ihr Innerstes zog sich unter seiner eindringlichen Musterung zusammen. Schließlich nahm er sich ein Brötchen und brach es auseinander. Dampf stieg daraus auf, aber die Hitze schien ihm nichts auszumachen.
    Er musste gar nicht antworten. Ihre Anschuldigung war lachhaft und restlos absurd. Er saß in seinem bequemen Sessel umgeben von Möbeln, die täglich gewienert und poliert wurden, und zwar von Dienstboten, die nichts zu tun hatten, als jedes Staubkörnchen wegzuwischen, sobald es sich zu zeigen wagte. Der Herzog von Clermont hatte ein Haus mit zwölf Angestellten für einen Zeitraum von zwei Monaten gemietet. Er besaß Anwesen über ganz England verteilt und ein Vermögen, von dem in der Klatschpresse nur in Hundertausenden gesprochen wurde. Ein Mann wie er hatte keinen Grund, radikale Flugblätter zu veröffentlichen.
    Aber sie wusste natürlich bereits, dass er nicht war, was er zu sein vorgab.
    Wie um das zu unterstreichen, aß er ein Stück von seinem Brötchen und gab ihr mit einer Handbewegung zu verstehen, es ihm nachzutun.
    Das war restlos ausgeschlossen. Ihr Magen verkrampfte sich schon bei dem Gedanken daran, einen Schluck Tee zu trinken. Gerade, als sie glaubte, er werde ihre Beschuldigung einfach so lange eiskalt ignorieren, bis sie sich in Nichts aufgelöst hatte, streckte er eine Hand aus und rückte das Blatt Papier zurecht.
    „‚Arbeiter‘“, las er. „‚Vereinigt euch, vereinigt euch, vereinigt euch‘, versehen mit einer Unmenge Ausrufezeichen.“ Er machte einen abfälligen Laut. „Zunächst einmal hasse ich Ausrufezeichen. Warum glauben Sie, ich könnte etwas mit der Sache zu tun haben?“
    Sie hatte keine echten Beweise, nur das Gefühl, dass die Puzzleteilchen zusammenpassten. Aber sie war sich ihrer Sache dennoch sicher. Das Schlimmste, was ihr passieren konnte, war, dass sie sich irrte. Dann würde sie sich

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