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Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Titel: Der Hexenschwur: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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er versucht war, die Tür offen stehen zu lassen. Doch als das Licht der zahlreichen Kerzen, die den Raum nur schwach erhellten, wegen des Durchzugs flackerte, schloss er die Tür.
    Clemens, seine Frau Christel und ihr Sohn Georg standen am Fußende, Magdalena und Maria saßen auf Schemeln neben dem Bett. Benjamin ging zu seiner Schwester und drückte sich gegen sie. Sie legte den Arm um ihn. Johann stellte fest, dass Franziska fehlte, und im selben Augenblick spürte er Zorn und Unverständnis in sich hochsteigen. Selbst jetzt, in der Stunde des Todes der teuren Freundin, schien sie gefühllos zu sein. Johann musste an sich halten, um nicht hinauszustürmen und seine Frau zu suchen.
    Doch da flackerte das Licht der Kerzen erneut, und Johann schloss erleichtert die Augen.

• Kapitel 5 •
    Das Kind hielt sich die Hände vors Gesicht und schrie. Erst als es hörte, wie die Kellertür ins Schloss fiel, verstummte es. Schluchzend ließ es die Hände sinken und blickte die Stufen hinauf. Tränen und Rotz ließen sein blasses Gesichtchen glänzen. Mit seinen großen Augen starrte es in die Dunkelheit und lauschte. Als es das Weinen der Frau hinter der verschlossenen Tür hören konnte, war es erleichtert. Und als es hörte, wie Schritte sich entfernten, ahnte es, dass sie heute nicht mehr wiederkommen würde – sie, die sich Mutter nannte.
    Das Kind wusste nicht, was das Wort bedeutete, aber die Frau hatte es mehrmals gesagt, wenn sie es beschimpfte und schlug.
    »M-u-t-r« , murmelte das Kind und nahm seine schmutzigen Fingerchen zu Hilfe, um die Unterlippe zu bewegen. Nur es selbst konnte das Wort deutlich hören. Für die Frau hingegen kam seine Sprache einem Grunzen gleich. »Du quiekst wie ein Schwein«, hatte sie dem Kind gesagt, als es nach der Schüssel Essen griff und dabei »M-u-t-r« sagte. Dabei wollte das Kind freundlich sein und zeigen, dass es dankbar war.
    Gierig hatte es den hellen Brei in seinen Mund gestopft und geschluckt. Doch das Essen reichte nicht. Das Kind war immer noch hungrig. Zornig hatte es die leere Schüssel der Frau vor die Füße geworfen, sodass sie zu Bruch ging.
    »Du undankbarer Nichtsnutz«, hatte die Frau es angebrüllt und es an den Ohren gezogen, bis es aufheulte. »Warum kommen die Dämonen nicht, dich zurückzuholen? Was muss ich noch tun, damit ich dich endlich loswerde?«, hatte sie gefragt und den Kindeskopf von sich gestoßen, sodass er gegen die grobe Mauer stieß.
    Brüllend hatte das Kind sich die Stelle gehalten, in der der Schmerz pochte.
    »Mutr« , hatte es gegrunzt und die Händchen in die Höhe gehalten. Doch die Frau verstand nicht. Als sie einen Schritt rückwärts gegangen war, dachte das Kind, sie würde es allein lassen, und hatte zu schreien begonnen.
    »Halt dein Maul«, hatte die Frau gebrüllt und sich die Ohren zugehalten. Dann war sie die Stufen hinaufgestürmt und hatte die Tür zugeknallt.
    Das Kind gab auf. Hungrig lutschte es an seinem schmutzigen Daumen und blickte sich in dem düsteren Raum um. Es erhob sich mühsam und stakste auf seinen krummen Beinen hinüber zu der Wand, die weit oben eine Öffnung hatte. Diese Öffnung war nicht größer als die beiden Händchen des Kindes, doch von dort fiel etwas Licht auf den Boden vor seine missgeformten Füße. Das Kind setzte sich langsam hin und starrte das kleine Loch in der Wand dicht über dem Boden an. Bewegungslos saß es da und wartete. Es wusste, dass es nur geduldig sein musste. Irgendwann würde eine Kellerassel es wagen herauszukommen.
    Karoline lehnte sich mit heftig pochendem Herzen gegen die Kellertür. Als sie spürte, wie Tränen hochstiegen, zwinkerte sie mehrmals mit den Lidern, bis das Brennen nachließ. Mit einem Ruck stieß sie sich vom Türblatt ab und ging in die Küche. Dort stützte sie die Hände auf den blank gescheuerten Küchentisch und schnaufte tief durch. Obwohl ihr Herzschlag ruhiger wurde, zitterte sie. Ihr Blick erfasste den Krug mit dem Sud auf der Fensterbank. Mit steifen Beinen lief sie durch den Raum zum Fenster. Dort fischte sie die zerstoßene Baldrianwurzel aus dem Gefäß und goss die Brühe zusätzlich durch ein Tuch in einen Topf, damit von der bitteren Knolle nichts zurückblieb. Nachdem sie den Sud über den glühenden Kohlen des Herdes erwärmt hatte, schenkte sie sich einen Becher ein. Karoline setzte sich mit einem tiefen Seufzer an den Tisch und nahm einige Schlucke. Ihre Gedanken schweiften zu dem verkrüppelten Wesen, das im Keller ihres Hauses

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