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Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Titel: Der Hexenschwur: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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drängten sich verängstigt an ihn. Johann schätzte das eine Mädchen nicht älter als Benjamin und das andere zwei Jahre jünger. Sie waren blass und abgemagert, ebenso wie der Mann, der sicher älter aussah, als er tatsächlich war. Alle schwiegen und musterten einander.
    Es war Franziska, die das Wort ergriff. »Dürfen wir uns an deinem Feuer wärmen?«, fragte sie lächelnd.
    Der Fremde nickte und setzte sich auf den staubigen Boden, wobei er das kleinere der beiden Mädchen auf seinen Schoß zog. Müde legte sie den Kopf mit den dunklen Zöpfen an die Brust des Vaters und nuckelte an ihrem schmutzigen Daumen.
    Johann atmete erleichtert aus, denn von dem Mann schien keine Gefahr auszugehen. »Sei gegrüßt«, sagte er höflich. »Danke, dass wir uns zu dir setzen dürfen. Ich werde Holz suchen, damit wir ein größeres Feuer entfachen können.«
    »Hier drin ist keins mehr. Nur draußen im Wald, aber das ist nass und wird uns zuqualmen«, erwiderte der Fremde mürrisch.
    »Vielleicht habe ich Glück«, meinte Johann und übergab seiner Tochter die Sachen, die er mitgebracht hatte. Dann lief er hinaus.
    Franziska, die neben ihren Kindern stand, blickte die fremden Mädchen an. »Habt ihr Hunger?«, fragte sie die beiden, die sie aus großen Augen anstarrten. Unsicher blickten sie ihren Vater an.
    »Meine Töchter haben in den letzten Tagen nur Wurzeln und bittere Beeren zu essen bekommen«, sagte er verlegen und rutschte auf dem kalten Boden hin und her.
    Franziska reichte ihm eine Decke. »Darauf sitzt ihr wärmer.«
    Dankend breitete der Mann den Wollstoff aus und ließ seine Töchter Platz nehmen, dann setzte er sich zwischen die beiden.
    Unterdessen kam Johann mit einem Arm voller Äste zurück. »Ich habe unter Gesträuch trockenes Holz gefunden«, verkündete er und legte einige Stücke ins Feuer. Sogleich züngelten die Flammen hoch. Schon bald breitete sich Wärme in der Hütte aus.
    Franziska und ihre Familie setzten sich auf die beiden anderen Decken, die sie auf den Boden gelegt hatte. Dann kramte sie im Beutel und holte Brot, Schinken, Äpfel und Käse hervor. Als sie die Lebensmittel auf der Decke ausbreitete, sahen die beiden fremden Mädchen mit hungrigen Augen zu.
    Johann reichte jedem Kind einen Apfel und ein Stück Käse. Für den Mann schnitt er eine Scheibe Schinken und Brot ab.
    »Gott vergelt’s euch!«, murmelte der Fremde.
    »Wir teilen gern mit dir und deinen Töchtern«, erwiderte Johann.
    »In Zeiten wie diesen denkt kaum jemand so großzügig wie du. Jeder ist sich selbst der Nächste«, entgegnete der Mann, während er gierig kaute.
    »In wenigen Tagen sind wir zu Hause, und bis dahin werden wir nicht verhungern«, sagte Johann und reichte dem Mann seine Flasche Bier.
    »Wohin wollt ihr?«, fragte er und nahm einen tiefen Schluck.
    »Nach Thüringen, aufs Eichsfeld.«
    Der Mann gab Johann die Flasche zurück. »Seid ihr auf der Flucht?«
    Johann verneinte erschrocken. »Wie kommst du darauf?«
    Der Mann zuckte mit den Schultern und meinte: »Dann müsst ihr reiche Leute sein, wenn ihr mit Pferden und Fuhrwerk reist.«
    Überrascht erklärte Johann: »Wir sind einfache Bauern.«
    Der Mann blickte ihn argwöhnisch an. »Seit vielen Jahren herrscht Krieg im Reich, sodass kaum einer weiß, wie er den nächsten Tag überstehen soll, und du hast einen Beutel voll mit Köstlichkeiten«, sagte er mit lauter Stimme. Als er weitersprach, senkte er sie, denn die Kinder starrten aufgeschreckt zu ihnen. »Meine Frau ist im letzten Winter verhungert. Sie war schwanger und stand kurz vor der Niederkunft«, sprach er flüsternd weiter. »Der Winter war verdammt lang und so erbärmlich kalt gewesen. Unsere Vorräte waren aufgebraucht. Tagelang bin ich umhergeirrt und habe nach Wild Ausschau gehalten, aber der Wald war leergejagt. Es gab noch nicht einmal eine Ratte, die ich hätte fangen können. Jetzt sind wir auf dem Weg zu meiner Schwester. Ich hoffe, dass ich die Mädchen bei ihr lassen kann, bis ich eine Stiefmutter für sie gefunden habe.« Als er sah, wie seine Töchter mit Benjamin alberten, zuckte ein schwaches Lächeln über sein Gesicht. »Es ist das erste Mal seit dem Tod ihrer Mutter, dass ich sie vergnügt sehe«, murmelte er, doch dann wurde sein Blick starr, und er wandte sich Johann zu. »Es kann mir einerlei sein, wer oder was du bist, denn ich glaube dir kein Wort. Aber eines ist gewiss: Einfache Bauern können sich keinen Schinken leisten.« Dann steckte er den letzten Bissen in

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