Der Hexenschwur: Roman (German Edition)
hat. Sein Name lautet Johann Michael Moscherosch.«
»Moscherosch«, überlegte van den Vondel. »Ich glaube den Namen schon einmal gehört zu haben. Ich erinnere mich, dass es eine Gemeinschaft gibt, die Eure Sprache aufrechthalten will. Aber leider weiß ich nichts Näheres. Woher kommt Ihr, dass Ihr den Mann kennt? Ich weiß nicht einmal Euren Namen«, erklärte er und biss erneut ins Brot.
»Bitte entschuldigt, dass ich vergaß, mich vorzustellen. Mein Name lautet Johann Bonner, und das sind meine Frau Franziska, meine Tochter Magdalena und mein Sohn Benjamin. Wir lebten im Land an der Saar, auch Westrich genannt, und sind nun auf dem Weg in meine alte Heimat, das Eichsfeld. Ich habe meine Mutter und meine Schwester seit fast achtzehn Jahren nicht gesehen und möchte wissen, wie es ihnen geht«, gab Johann preis.
»Warum seid Ihr damals aus Eurer Heimat fortgegangen? Der Liebe wegen?«, fragte der Niederländer schmunzelnd und sah zu Franziska, die leicht errötete.
»Nein, es waren andere Gründe«, wiegelte Johann die Frage ab und schielte zu seiner Frau, deren Gesichtszüge verkniffen wirkten.
Van den Vondel schaute zwischen den Eheleuten hin und her und sagte: »Es ist wichtig, den Ort seiner Geburt nicht zu vergessen. Deshalb werde auch ich nach vielen Jahren meine Geburtstadt wieder aufsuchen. Ich möchte wissen, wie weit sich die Stadt nach der großen Katastrophe vor fast drei Jahren erholt hat.«
Neugierig geworden, sahen ihn nun Magdalena, Johann und Franziska an, während Benjamin gelangweilt zu den Pferden schlenderte.
Der Niederländer zupfte mehrere Grashalme aus dem Boden und rieb sie zwischen den Fingern, während sein Blick in die Gegend schweifte. »Diese schöne Stadt hat es geschafft, sich aus Eurem langen Krieg herauszuhalten, und bot sogar den Schweden Neutralität an. Doch die wollten anstatt des kleinen Fingers die ganze Hand und verlangten die freie Religionsausübung für Protestanten. Das muss man sich vorstellen! Mein geliebtes katholisches Köln sollte Andersgläubige dulden«, ärgerte sich van den Vondel. »Vor drei Jahren jedoch rückte der schwedische General Baudissin gegen Köln vor. Als ich hörte, dass meine Geburtstadt bedroht wurde, schrieb ich sofort ein Friedensgedicht an den schwedischen König Gustav Adolf. Darin bat ich, dass er es dem großen Alexander gleichtun solle, der einst Jerusalem und auch Theben aus Ehrfurcht und Respekt verschonte, weil der Dichter Pindar in Theben lebte. Ich war zuversichtlich, dass die Schweden Köln verschonen würden, schließlich ist es die Stadt des Dichters van den Vondel. Doch was taten die dummen Kölner? Sie verließen sich mehr auf die Macht der Mauern als auf meine Worte und ließen die Festung Deutz verstärken. Das verärgerte die Schweden und General Baudissin dermaßen, dass sie in der Nacht vom 21. auf den 22. Dezember den kurkölnischen Ort angriffen. Da in Deutz schwere Verluste zu verzeichnen waren, halfen die Soldaten der Stadt Köln, die Schweden zu vertreiben. Kurz darauf flog der Turm der Pfarrkirche in die Luft und zerstörte alle Häuser im nahen Umfeld. Über dreihundert Menschen fanden den Tod.« Van den Vondel rieb sich über die Stirn. Man konnte erkennen, dass ihn das Ereignis noch immer tief bewegte.
»Wieso ist nach dem Abzug der Schweden die Kirche explodiert?«, fragte Johann.
Der Niederländer zuckte mit den Schultern. »Das weiß niemand. Vielleicht war es ein Unfall, vielleicht aber auch die Sabotage des Feindes, oder es war sogar das Werk eines Verräters. Dazu müsste man die Frage klären, wer wusste, dass in der Kirche Pulver gelagert wurde.«
»Ich finde es unverantwortlich, in einem Gotteshaus Schießpulver zu lagern«, empörte sich Franziska. »Hoffentlich wird derjenige im ewigen Fegefeuer schmoren!«
»Da gebe ich Euch recht, Verehrteste«, stimmte ihr der Niederländer zu. »Doch soviel ich weiß, ist bis heute nicht geklärt, wer das Feuer in Sankt Urban gelegt und damit die Explosion ausgelöst hat.« Van der Vondel zog eine goldene Taschenuhr aus dem Wams. »Es wird Zeit, dass wir aufbrechen.« Er blickte seinen Begleiter an und sagte: »Laten wij gaan, Pieter!«
Daraufhin sprang der Mann auf und sattelte die Pferde. Auch van den Vondel erhob sich. Er verbeugte sich vor Magdalena und Franziska und gab Johann die Hand. »Ich danke Euch und Eurer Familie für die Gastfreundlichkeit und wünsche Euch eine gute Heimreise.« Dann setzte er seinen prächtigen Hut auf.
Pieter kam mit
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