Der Hexenschwur: Roman (German Edition)
zurück und zog ihren Bruder mit sich.
»Ihr traut uns wohl nicht?«, lachte der Mann und zügelte sein Pferd nur wenige Schritte vor Johann.
»Wie sollte ich?«, erwiderte Johann und blickte den beiden Fremden argwöhnisch entgegen.
Der Mann lüftete seinen auffälligen Kopfschmuck, sodass braune Locken sichtbar wurden, und sagte: »Mein Name lautet Joost van den Vondel, und das ist mein Begleiter Pieter.«
Als Johann die Namen hörte, zog er fragend eine Augenbraue in die Höhe.
»Wir kommen aus den Vereinigten Niederlanden«, erklärte der Fremde freundlich.
»Wieso sprecht Ihr meine Sprache?«, wollte Johann wissen und blickte die Männer eine Spur misstrauischer an.
»Meine Familie hat in Köln gelebt, wo ich geboren wurde. Erst als ich neun Jahre alt war, sind wir in die Heimat meiner Eltern zurückgegangen. Ich hoffe, das beruhigt Euch«, sagte er lächelnd und blickte zu der Hand, in der Johann das Messer verborgen hielt.
»Es bleibt mir nichts anderes übrig. Wohin wollt Ihr?«, versuchte Bonner zu erfahren.
»Nach Köln.«
»Sehnsucht nach der Geburtsstadt?«, fragte Johann.
Van den Vondel wiegte den Kopf hin und her. »Ja, so könnte man es ausdrücken, aber in erster Linie bin ich als Geschäftsmann unterwegs. Meiner Familie gehört ein Strumpfhandelsgeschäft in Amsterdam. Ich hatte im Reich zu tun und habe einen kleinen Umweg über Sobernheim gemacht, da mein Vater aus früheren Zeiten dort einen Winzer kennt. Bei ihm musste ich einige Fässer seines vorzüglichen Naheweins bestellen. Da ich Euch nun fast alles über mich erzählt habe, hoffe ich, dass wir absteigen und uns die Füße vertreten können.«
»Warum wollt Ihr ausgerechnet hier rasten?«, fragte Johann und kniff leicht die Augen zusammen.
Der Fremde holte tief Luft und erklärte: »Ich bin nun schon seit einiger Zeit mit Pieter unterwegs, und es gibt nichts, was wir noch bereden könnten. Mittlerweile ist seine Gesellschaft langweilig geworden, und deshalb bin ich froh für jeden Fremden, dem wir begegnen und der mir Neues erzählen kann«, erklärte van den Vondel, immer noch freundlich. Als er Johanns Blick sah, der seinen Begleiter mitleidig betrachtete, lachte er laut auf. »Keine Sorge, Pieter versteht Eure Sprache nicht.« Der Fremde wandte sich seinem Gefährten zu und sagte: »Nietwaar, Pieter?«
Der zuckte mit den Schultern und nickte schließlich.
Johann überlegte und schaute zu dem Wäldchen, wo er zwischen den Bäumen seine Familie erkennen konnte. »Also gut!«, gab er schließlich nach. »Dann seid willkommen. Wir haben nicht viel, aber wir teilen gern mit Euch.«
Daraufhin gab van den Vondel seinem Begleiter ein Zeichen, und beide Männer stiegen von ihren Pferden. Johann winkte Franziska und seine Kinder zu sich, die zögerlich aus dem Birkenhain auftauchten. Als der Fremde die beiden Frauen erblickte, machte er eine galante Verbeugung. »Meine Damen, seid gegrüßt.«
Benjamin rannte auf seinen Vater zu und versteckte sich hinter dessen Beinen.
»Auch du, junger Mann, sei gegrüßt«, erklärte der Niederländer und stemmte die Hände in die Hüften. Während Pieter die Pferde absattelte und in Nähe der Hengste anband, ließ van den Vondel seinen Blick über die Landschaft schweifen. »Wenn man diese Ruhe spürt, kann man nicht glauben, dass sich Euer Land im Krieg befindet.«
»Habt Ihr Truppen gesehen?«, fragte Johann besorgt, doch der Niederländer schüttelte den Kopf.
»Wir hatten bis jetzt eine ruhige Reise, aber ich bin gespannt, was mich in Köln erwartet«, erklärte er leise, und sein Blick wurde starr.
Johann reichte seiner Frau das Messer, sodass sie für die beiden Fremden Brot und Schinken abschneiden konnte, die sie ihnen wortlos reichte.
»Dank je wel« , murmelte Pieter und setzte sich abseits ins Gras.
»Wir danken Euch sehr«, sagte van den Vondel und biss herzhaft ins Schinkenbrot.
»Ihr handelt mit Strümpfen?«, fragte Johann neugierig.
»Mit Seidenstrümpfen, genauer gesagt. Mein Vater hat dieses Geschäft gegründet, und da ich der Älteste von sieben Kindern bin, habe ich es mithilfe meines Weibes weitergeführt, bis vor einigen Jahren mein ältester Sohn es übernommen hat. Da er in Amsterdam verhindert ist, bin ich für ihn auf die Reise gegangen. Meine wahre Leidenschaft ist jedoch die Dichtkunst.«
Johanns Kopf ruckte hoch. »Die Poesie?«, fragte er ungläubig, und Joost van den Vondel bejahte. »Wir kennen jemanden, der sich ebenfalls der Dichtkunst verschrieben
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