Der Hexenturm: Roman (German Edition)
Gesichtsausdruck, und er konnte nicht länger ein Lachen unterdrücken. »Ich habe außerdem gehört, dass Johann von Baßy darüber sehr verärgert sein soll«, feixte er.
Nun musste auch Regina Rehmringer schmunzeln. »Vor allem, weil ich das Einzugsgeld für die fünf Zugezogenen an den Kriechinger Amtmann und nicht an von Baßy, den Amtmann von Nassau-Saarbrücken, bezahlt habe. Dadurch, dass Wellingen zwei Herrschaften zugehörig ist, war es mir ein Leichtes, von Baßy auszutricksen!«, frohlockte sie.
Der Pfarrer schlug sich vor Wonne auf die Oberschenkel. »Das habt Ihr vortrefflich gemacht. Das geschieht dem alten Hitzkopf recht.«
»Eure Streitigkeiten mit von Baßy werden noch im Himmelreich ausgetragen werden«, lächelte Regina Rehmringer.
»Sollten wir je dorthin kommen! Der Unwille des Amtmanns mir gegenüber scheint grenzenlos zu sein. Ich habe bis heute keine Erklärung dafür, weshalb von Baßy damals, als seine Frau krank daniederlag und nach dem heiligen Abendmahl verlangte, den Pfarrer aus Reisbach kommen ließ, anstatt nach mir zu schicken.«
»Es war eine Anmaßung, Euch zu übergehen. Ich habe gehört, dass das auch die anderen Visitatoren so gesehen und ihm ins Gewissen geredet haben. Aber wenigstens Euch wird man wohl den Platz bei unserem Herrgott nicht verwehren!«
»Erzählt mir, was den Amtmann außer dem entgangenen Einzugsgeld so verärgert haben könnte, dass er Gift und Galle zu spucken scheint«, forderte Schnetter Regina Rehmringer auf.
Die Frau erzählte dem Pfarrer, den sie schon seit vielen Jahren kannte, dass von Baßy ihr das Gestüt streitig machen wollte. Und dass er um sein sicher geglaubtes Erbe fürchtete, seit die jungen Fremden in ihre Dienste getreten waren.
Frau Rehmringer mochte den geistlichen Mann, der nach außen Härte zeigte – besonders seinen Schützlingen gegenüber. Doch sie schätzte an ihm, dass er ehrlich seine Meinung vertrat und keinem nach dem Mund redete. Vor allem aber vertraute sie ihm. Als ihr Sohn Melchior auf so tragische Weise verunglückt war und kurz darauf starb, war es Peter Schnetter gewesen, der die ersten Tage nicht von ihrer Seite gewichen war.
»Ihr könnt Euch glücklich schätzen, Frau Rehmringer, dass diese jungen Menschen Euch zum rechten Zeitpunkt aufgesucht haben. Welchem Glauben gehören sie an?«
»Ach, Herr Pfarrer! Welche Rolle spielt das denn? Aber Ihr könnt beruhigt sein. Dort, wo sie herkommen, leben Lutheraner.« Das ist nicht gelogen, dachte sie und fügte hinzu: »Bald wird Kinderlachen auf dem Gestüt zu hören sein«, und hoffte, ihn dadurch abzulenken.
»Dann werden wir eine Taufe feiern können«, freute sich Schnetter und nippte an seinem Wein. Dann aber wurde er ernst. »Habt Ihr von Thomas Königsdorfer, dem Kriechinger Amtmann aus Püttlingen, gehört?«, fragte er. Erschrocken über die Wut in seinem Blick, schüttelte Frau Rehmringer den Kopf.
»Königsdorfer hat zwei Frauen, eine aus Eppelborn und eine aus Falscheid, der Hexerei bezichtigt und sie in Püttlingen in den Hexenturm sperren lassen.«
»Aber Königsdorfer hat doch als Amtmann des Grafen von Kriechingen in keinem der beiden Ortschaften Handhabe«, empörte sich Regina Rehmringer. »Die Hochgerichtsbarkeit der Kriechinger reicht nicht bis Eppelborn und Falscheid.«
»Das sehe ich ebenso«, stimmte der Pfarrer ihr zu. »Jedoch haben die Kriechinger in den Gebieten einige Vogteien. Diese kleinen Gerichtsbezirke ließen Amtmann Königsdorfer anscheinend größenwahnsinnig werden, zumal inmitten der Vogteien auch ein Kriechinger Galgen steht. Stellt Euch vor, Frau Rehmringer, nachdem die Frauen unter der Folter geständig waren, verurteilte Königsdorfer die beiden sofort zum Feuertod. Um das Urteil aber rechtens aussehen zu lassen, bat er die Kriechinger Hochgerichtsherren, den Ritter von Kerpen und Hagen zur Motte, dass die abgeurteilten Frauen am Kriechinger Galgen dem Feuer übergeben werden sollten.« Erregt trank der Pfarrer in einem Zug den Rest des Würzweins aus. Regina Rehmringer zog die Brauen zusammen, dass zwischen ihren Augen eine Falte entstand, und fragte: »Abgesehen davon, dass Königsdorfer nicht einfach über die Landesgrenzen hinaus Frauen verhaften darf – ist es nicht einerlei, wo Hexen ihre gerechte Strafe erhalten?«
Mit einer Wucht, die sie zusammenzucken ließ, knallte der Pfarrer den Becher auf den Tisch. Er brauchte einige Augenblicke, um sich zu beruhigen. Dann stand er auf, öffnete leise die
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