Der Hexenturm: Roman (German Edition)
musste, um durch den Türrahmen zu gehen, sagte unwirsch: »Macht, dass ihr weiterkommt. Dies ist kein Gasthaus!«
Barnabas hatte damit gerechnet und bereits ein Geldstück aus seinem Beutel hervorgeholt, das er dem Bauern unter die Nase hielt. »Wenn man sich zusätzlich etwas verdienen kann, spielt das wohl keine Rolle.«
Der Mann betrachtete das Geldstück zwar, griff aber nicht danach. Vielleicht ist ein Groschen nicht wertvoll genug, überlegte Barnabas und holte weitere aus dem Beutel. Als der Bauer noch immer keine Anstalten machte, das ihm gebotene Geld zu nehmen, ahnte der Magier, dass der Mann versuchte den Preis hochzutreiben.
»Wenn dir das nicht reicht«, sagte er zu dem Bauern, »dann fragen wir deinen Nachbarn, ob wir bei ihm ein Zimmer bekommen können. Lasst uns gehen«, forderte er Servatius und Maria auf.
»Wartet!«, sagte der Mann. »Ich gebe euch ein Zimmer und auch zu essen.« Er streckte Barnabas seine Hand entgegen. Der Magier legte ihm drei Groschen auf die Handfläche. Zwei steckte er zurück in den Beutel.
»Wenn man zu gierig ist, kann man schnell leer ausgehen!«, tadelte er den Mann.
»Die Zeiten sind hart«, entschuldigte dieser sich und ließ die drei Fremden eintreten. Dann führte er sie in seine Küche.
Dort saßen am Tisch vier Kinder, von denen das jüngste noch kein Jahr, das älteste höchstens fünf Jahre alt war. Alle hatten glasige Augen und rote laufende Nasen.
»Ihr bekommt mit eurem Begleiter unsere Schlafkammer. Das Mädchen kann mit unseren Kindern in einem Raum schlafen«, sagte die Frau und lächelte schüchtern.
»Wo werdet ihr schlafen?«, fragte Barnabas.
»Ich werde uns ein Lager in der Küche herrichten«, antwortete die Frau und schnitt drei zusätzliche Scheiben Brot ab.
»Mögt ihr gebratenen Speck?«, fragte der Bauer und lächelte verhalten. Als alle nickten, ging er hinaus und kam mit einer geräucherten Speckseite zurück. Nachdem er drei dicke und mehrere dünne Scheiben abgeschnitten hatte, briet die Frau sie kurz an und legte sie dann aufs Brot. Als die Kinder ebenfalls zu essen bekamen, glucksten sie vor Freude.
»Eure Kinder sind krank«, stellte Barnabas fest.
»Sie haben nur Rotznasen«, verharmloste der Mann die Erkältung.
»Und Fieber«, fügte der Magier hinzu. »Für eine weitere Scheibe Speck für uns würde ich euch eine Arznei geben, damit die Kinder gesund werden.«
Ohne die Antwort ihres Mannes abzuwarten, schnitt die Frau eine weitere Scheibe ab. Nachdem sie sie in der Pfanne leicht gebräunt hatte, legte sie die angebratenen Scheiben und weitere Scheiben Brot den drei Fremden auf ein Holzbrett.
»Seid Ihr ein Arzt?«, fragte sie unsicher.
»Mein Name ist Barnabas, und ich bin ein Heiler, Zauberer und Magier. Außerdem kann ich Hexen erkennen und Schadenszauber aufheben.«
Mit offenem Mund starrten die Bauersleute die drei Fremden an. Servatius konnte Furcht in ihren Blicken erkennen, und das gefiel ihm. Ihre Angst gab ihm ein Gefühl von Macht. Kurz schielte er zu Maria, die von alldem nichts mitbekam, da sie das jüngste Kind mit Brotkrumen fütterte.
Auch Barnabas hatte das Entsetzen im Blick der Bauersleute gesehen und versuchte das Paar zu beschwichtigen. »Ihr könnt beruhigt sein. Wir sind nicht gekommen, um euch zu schaden. Wie versprochen werde ich euch Kräuter zusammenstellen, die euren Kindern durch den Winter helfen.«
»Wir haben nichts mit dieser Sippe zu schaffen«, erwiderte der Mann erregt.
Barnabas wurde hellhörig. »Von welcher Sippe sprecht Ihr?«
»Mit den Schoullers aus Exweiler. Erst die Tage hat man die Susanne verhaftet und auf die Burg Schaumberg bei Theley gebracht. Dort wurde sie mit einigen anderen Frauen in den Turm gesperrt, weil man sie der Hexerei bezichtigt. Aber wir haben mit denen nichts zu tun.«
»Hat der Prozess bereits stattgefunden?«, wollte Barnabas wissen.
»Nein«, flüsterte die Frau. »Er ist für die nächsten Tage angesetzt.«
Barnabas gab Servatius Anweisung, seinen Tragekorb zu holen. Während der Magier die Tiegel und Töpfe mit den Heilkräutern auf den Tisch stellte, murmelte er: »Es hat alles einen Sinn im Leben!«
Enttäuscht standen Barnabas, Servatius und Maria am Tor der Schaumburg. Die wachhabenden Soldaten verwehrten ihnen den Zutritt zur Burg. Als der Meisterschöffe hinzukam, um zu erfahren, was am Hoftor vor sich ging, versuchte Barnabas ihn von seiner Fähigkeit als Hexenerkenner zu überzeugen.
»Wir benötigen eure Dienste nicht«,
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