Der Hexenturm: Roman (German Edition)
antwortete der Mann unwirsch. »Der Fall Susanne Schoullers ist abgeschlossen. Wir mussten sie nicht der Tortur unterziehen. Im Guten gestand sie ihre Buhlschaft mit dem Teufel und wurde zum Tode verurteilt.«
»Aber was ist mit den anderen Frauen? Dieses Kind war beim Hexensabbat anwesend und weiß, wenn es eine Hexe vor sich hat.« Barnabas wollte sich nicht so leicht entmutigen lassen und schob Maria vor. Mit zusammengezogenen Augenbrauen musterte der Meisterschöffe das Kind.
»Kommt in zwei Tagen wieder. Dann könnt ihr uns bei der Hexenfindung behilflich sein«, erwiderte er und wandte sich ab.
Kapitel 24
Burghard stand wie angewurzelt da und starrte die Schatten an. Drei Gestalten, in schwarze Kutten gehüllt, dass man weder Gesicht noch Hände erkennen konnte, verharrten bewegungslos hinter seinem Schlitten am Waldesrand. Ihre dunklen Umhänge hoben sich kaum vor den mächtigen Baumstämmen ab.
Burghard war wie gelähmt. Sie werden mich töten, ging es ihm durch den Kopf. Als sich Katharinas Bild in seine Erinnerung schob, spürte er Tränen in sich aufsteigen. »Katharina«, flüsterte er, »ich werde sterben, ohne dir meine Liebe gestehen zu können, ohne dich geküsst und umarmt zu haben!« Voller Verzweiflung schrie er dann die Gestalten an: »Was wollt ihr von mir?«
»Laudato si mi Signore cum tucte le Tue creature!«
Überrascht weiteten sich Burghards Augen, und er übersetzte leise vor sich hin murmelnd: »Gelobt seist du, mein Herr, für alle deine Geschöpfe.«
Es war der gleiche Satz, den Burghard bei seiner ersten Begegnung mit den Schatten ausgerufen hatte, um sich Mut zu machen.
»Wer seid ihr?«
Im selben Augenblick traten weitere Gestalten aus dem Wald hervor. Gleichzeitig hoben sie die Arme und schoben ihre Kapuzen zurück.
Katharina klopfte zaghaft an Frau Rehmringers Tür und wartete, bis sie aufgefordert wurde einzutreten.
»Herr Pfarrer Schnetter möchte Euch sprechen.«
Erstaunt hob Regina Rehmringer eine Augenbraue. »Herrgott«, murmelte sie. »Sind schon wieder so viele Wochen vergangen?« Fragend blickte Katharina die Frau an, die ihr erklärte: »Pfarrer Schnetter führt mehrmals im Jahr in Wellingen eine Kirchenvisitation durch.« Als sie Katharinas verdutzten Blick sah, fügte sie hinzu: »Früher war Wellingen dem alten Glauben zugetan, nun ist es lutherisch. Doch da viele Nachbarschaften immer noch dem alten Glauben folgen, prüft Pfarrer Schnetter regelmäßig das religiöse Verhalten unserer Pfarrkinder. Anschließend besucht er mich. Bitte ihn in die Wohnstube und reiche ihm Würzwein.«
Kaum hatte Pfarrer Schnetter im bestickten Sessel Platz genommen, betrat Regina Rehmringer die Stube. Nach einer kurzen Begrüßung erlaubte sich Schnetter zu sagen: »Es freut mich, dass Ihr Euch von dem Verlust Eures Sohnes erholt habt.« Regina Rehmringers Gesichtszüge erstarrten. »Ich glaube nicht, dass man sich von dem Verlust seines Kindes je erholen kann – einerlei, wie alt man wird.«
Beschämt entschuldigte sich der Geistliche und trank hastig von dem Wein.
»Ihr habt Eure Pfarrkinder bereits einer Prüfung unterzogen?«, lenkte Frau Rehmringer das Gespräch in eine andere Richtung.
Pfarrer Schnetter nickte. »Ja, und es hat mich dieses Mal sehr erstaunt. Als mir vor wenigen Jahren die Pfarreien Wellingen und Schwalbach anvertraut wurden, musste ich feststellen, dass die Untertanen gottlos und barbarisch waren, dass sie von unserem Herrn nichts wussten. Manche konnten nur ohne jedes Verständnis, ähnlich wie Nonnen, den Psalter hersagen. Und die wenigsten waren in der Lage, meine Fragen nach Gott zu beantworten.« Um den Mund des Pfarrers lag ein bitterer Zug, der sich schließlich zu einem leichten Lächeln entspannte. »Doch von Visitation zu Visitation wandelt sich das Wissen der Pfarrkinder stetig. Als ich sie nun in beiden Pfarreien über die Lehre und das Leben ihres Gottes befragte, legten sie mir sowohl in Schwalbach als auch in Wellingen gleich gutes Zeugnis ab.«
»Es freut mich, dass sich alles zum Guten gewendet hat«, lächelte Regina Rehmringer den geistlichen Herrn an.
»Man muss nur wissen, wie man die Gottlosen straft. Dann werden sie rasch gottesfürchtig!«, pries sich der Pfarrer selbstgefällig. Dann schwieg er für einen Moment, bevor er anfügte: »Es wurde mir zugetragen, dass Fremde bei Euch Einzug gehalten haben.« Fragend sah er über den Becherrand seine Gesprächspartnerin an. Dann wandelte sich sein ernster
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