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Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb

Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb

Titel: Der Hexer - GK567 - Als der Meister starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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das Bett. Montagues Lider zitterten, aber er schien das Bewußtsein nicht zurückzuerlangen. Seine Haut glänzte fiebrig, und die Hände unter der dünnen Decke bewegten sich unablässig, als wollten sie etwas packen.
    Ein seltsames Gefühl von Hilflosigkeit überkam mich. Montague war in mein Leben gekommen wie der Märchenprinz in das Aschenputtels; er hatte mich im wahrsten Sinne des Wortes aus der Gosse aufgelesen, mir anständige Kleider gegeben und versucht, das aus mir zu machen, was Tante Maude als einen »anständigen Burschen« bezeichnet hätte. Alles, was er dafür verlangte, war meine Hilfe. Und ich konnte nichts für ihn tun. Gar nichts. Selbst das Chinin – das einzige Medikament, über das die Bordapotheke der LADY OF THE MIST verfügte – hatte sein Fieber nicht senken können.
    Ich schluckte ein paarmal, um den üblen Geschmack, der sich auf meiner Zunge eingenistet hatte, loszuwerden, nahm den Wasserkrug vom Regal und befeuchtete ein Tuch, um seine Stirn zu kühlen. Es war nicht mehr als eine Geste, aber die Vorstellung, einfach untätig an seinem Bett zu sitzen und zuzusehen, wie er litt, war mir unerträglich.
    Er erwachte, als ich das Tuch auf seine Stirn legte. Seine Haut war heiß; ich erschrak, als ich sie berührte.
    »Robert?« Er öffnete die Augen, aber sein Blick war verschleiert, und ich hatte das sichere Gefühl, daß er mich nicht erkannte. Ich nickte, ergriff seine Hand und drückte sie leicht.
    »Ja, Mister Montague«, antwortete ich. »Ich bin es. Es ist alles in Ordnung.«
    »In ... Ordnung«, wiederholte er halblaut. Seine Stimme klang brüchig, wie die eines Greises, und sein Atem roch schlecht. Er schwieg einen Moment, schloß die Augen und hob dann mit einem Ruck wieder die Lider. Diesmal war sein Blick klar.
    »Wo sind wir?« fragte er. Er versuchte sich aufzusetzen, aber ich drückte ihn mit sanfter Gewalt auf das Kissen zurück. »Sind wir in ... England?«
    »Fast«, antwortete ich. »Es ist nicht mehr weit.«
    Er starrte mich an, schloß abermals die Augen und lauschte. »Das Schiff macht keine Fahrt«, sagte er nach einer Weile. »Ich dachte, wir ... wir wären in London.«
    »Es ist nicht mehr weit«, wiederholte ich. »Wir liegen im Moment fest, aber sobald der Nebel sich gelichtet hat, segeln wir weiter. Morgen abend erreichen wir London. Dann bringe ich Sie zu einem guten Arzt.«
    »Nebel?« Montague öffnete abermals die Augen, blickte mich einen Moment lang irritiert an und setzte sich halb auf. Diesmal ließ ich es zu. »Sagtest du Nebel?«
    Ich nickte.
    »Was ist das für ein Nebel?« fragte er. Seine Stimme klang alarmiert, und in seinen Augen glomm ein Ausdruck auf, der mir ganz und gar nicht gefiel. Für einen winzigen Moment blitzte vor meinem inneren Auge noch einmal das schuppige grüne Ding auf, das ich zu sehen geglaubt hatte, draußen an Deck, und für die Dauer eines Atemzuges verspürte ich noch einmal einen Hauch jener abgrundtiefen Furcht, die die Halluzination in mir ausgelöst hatte.
    Aber ich verscheuchte den Gedanken hastig und versuchte, meiner Stimme einen möglichst beiläufigen Klang zu geben, als ich antwortete: »Nichts Besonderes, Mister Montague. Nebel eben. Bannermann sagt, daß das hier in der Gegend ganz normal ist.« Das war glattweg gelogen, aber ich wollte ihn nicht beunruhigen. Es reichte vollkommen, wenn ich anfing, Gespenster zu sehen.
    »Nebel«, murmelte Montague. Er hob den Kopf und sah zur Decke, und ich hatte das bedrückende Gefühl, daß sein Blick geradewegs durch das massive Holz hindurchging. »Was ist das für ein Nebel?« fragte er noch einmal. »Wann ist er aufgekommen? Ist etwas Besonderes an ihm?«
    »Heute morgen«, antwortete ich verwirrt. Ich begriff nicht, worauf er mit seinen Fragen hinauswollte und begann mich insgeheim zu fragen, ob das Fieber bereits seinen Verstand zu umnebeln begann. »Und mir ist nichts Besonderes an ihm aufgefallen. Außer, daß er besonders dich zu sein scheint.«
    Ein leiser Schauer überfiel mich. Es war etwas Besonderes an diesem Nebel, und ich war plötzlich gar nicht mehr so sicher, daß ich mir das Ding dort draußen wirklich nur eingebildet hatte. Trotzdem schüttelte ich den Kopf. »Es wird alles gut, Mister Montague. Morgen um diese Zeit sind wir in London, und wenn Sie erst einmal wieder festen Boden unter den Füßen haben, werden Sie schnell gesund.«
    Ich versuchte zu lächeln. »Mich macht diese endlose Reise auch ganz krank. Ich ...«
    Seine Hand zuckte unter der Decke

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