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Der Hexer - NR02 - Der Seelenfresser

Der Hexer - NR02 - Der Seelenfresser

Titel: Der Hexer - NR02 - Der Seelenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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häßlich. »Das ändert nichts«, sagte er hart. »Ob Sie nun Andara oder Craven heißen, spielt keine Rolle.«
    »Lowry«, sagte die Alte. »Bitte – er kann nichts dafür. Er sagt die Wahrheit, glaube mir. Er weiß nicht, was hier geschehen ist.«
    »Das weiß mein Sohn auch nicht!« brüllte Temples. »Ich sage dir, sei still, Ayres! Er wird für die Tat seines Vaters bezahlen, so wie mein Sohn für das bezahlt, was mein Urahne getan haben soll. Auge um Auge.«
    »Und du glaubst, du würdest das Unrecht gutmachen, indem du ein neues begehst?« fragte Ayres leise. Ihr versöhnlicher Ton täuschte, das spürte ich. Es hörte sich an, als stünde sie auf meiner Seite, aber das stimmte nicht. Ich konnte das Fremde, Böse, das von ihrer Seele Besitz ergriffen hatte, fast sehen.
    »Ich will nichts wiedergutmachen«, antwortete Temples hart. »Ich will Rache, Ayres, nichts als Rache.«
    »Und wofür?« fragte ich. »Ich weiß ja nicht einmal, was hier geschehen ist, Temples. Seien Sie vernünftig und –«
    »Vernünftig?« Plötzlich schrie Temples auf, beugte sich vor und schlug mir mit der flachen Hand über den Mund; so heftig, daß mein Kopf zurückflog und meine Unterlippe aufplatzte. Der Wolfsmann stieß ein drohendes Knurren aus.
    »Vernünftig?« schrie Temples noch einmal. »Sie verlangen von mir, vernünftig zu sein, Craven? Sie wissen nicht, was Sie reden! Sie... Sie werden sterben, das schwöre ich Ihnen. So qualvoll, wie mein Sohn leben wird und die Kinder der anderen, werden Sie sterben.« Wieder hob er die Hand, um mich zu schlagen, aber diesmal fiel ihm der Riese in den Arm und riß ihn zurück. Temples heulte vor Wut auf und versuchte nach dem Giganten zu schlagen, aber Curd schüttelte nur den Kopf und drückte seinen Arm herunter.
    »Ruf ihn zurück!« keuchte Temples. »Verdammt, Ayres, er soll mich loslassen!«
    »Curd!« Die Stimme der Alten klang scharf wie ein Peitschenhieb. Der Riese fuhr zusammen, ließ Temples los und zog sich wie ein geprügelter Hund zurück. »Und du«, fuhr Ayres an Temples gewandt fort, »bist vernünftig. Er ist unschuldig.«
    Temples starrte sie haßerfüllt an und massierte seine schmerzenden Oberarme.
    »Unschuldig!« Er spie das Wort fast aus. »So wie mein Sohn, wie? Wie ich und Curd und Wulf und die anderen?«
    Ich richtete mich wieder auf, zog die gesprungene Unterlippe zwischen die Zähne und spuckte Blut auf den Boden. »Ich verstehe nicht, was Sie meinen«, sagte ich gepreßt. »Aber ich glaube, ich habe wenigstens das Recht auf eine Erklärung.«
    Temples wollte auffahren, aber die Alte unterbrach ihn wieder. »Er hat recht, Lowry«, sagte sie ruhig. »Zeige es ihm. Zeige ihm, was sein Vater den Menschen in Innsmouth angetan hat.«

    * * *

    Das Feuer war erloschen, aber über der Ruine lag noch ein Hauch drückender, trockener Hitze. Aus den zerborstenen Stein- und Holzmassen, zu denen das Gebäude zusammengesunken war, stieg noch immer schwarzer Qualm, dann und wann auch ein Funkenschauer, je nachdem, wie der Wind stand.
    Die Feuerwehr war mit zwei Spritzenwagen gekommen und hatte länger als eine Stunde gelöscht, und schließlich war es ihr auch gelungen, ein Übergreifen des Feuers auf die benachbarten Häuser zu verhindern. Trotzdem waren die Bewohner vorsorglich evakuiert worden. Sie hockten, etwas abgesondert von der Menge der Gaffer und Neugierigen, die die Arbeit von Polizei und Feuerwehr behinderten, auf ihren Koffern und den hastig gepackten Bündeln. Sie wirkten niedergeschlagen, beinahe unnatürlich ruhig und gefaßt. Nur hier und da wimmerte ein Kind oder weinte eine Frau still in sich hinein.
    Shannon hatte sich zur gegenüberliegenden Straßenseite zurückgezogen. Aufmerksam beobachtete er, wie sich zwei, drei Männer von ihren Plätzen erhoben und scheinbar ziellos die Straße hinunterzugehen begannen. Auf ihren Gesichtern stand aber ein Ausdruck grimmiger Entschlossenheit geschrieben.
    Shannon begriff nicht, was hier vorging. Er war nach Arkham gekommen, weil die einzige Straße nach Innsmouth durch diesen Ort führte, und war geblieben, um dem Feuer zuzusehen und vielleicht zu helfen, falls dies nötig sein sollte. Aber er hatte den Haß und den aufgestauten Zorn, die wie eine übelriechende Wolke über der Stadt lasteten, schon von weitem gespürt.
    Haß worauf? dachte er verwirrt. Auf das Feuer? Lächerlich. Ein Feuer haßt man nicht.
    Die Gruppe bewegte sich an ihm vorbei, und plötzlich erkannte Shannon, was ihr Ziel war. Ein Stück

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