Der Hexer - NR02 - Der Seelenfresser
Stimme hinzu. »Leid hätte es Ihnen vor zweihundert Jahren tun sollen. Jetzt ist es zu spät. Jetzt werden Sie den Preis für Ihr Tun bezahlen.«
* * *
Der Kampf war so unwirklich wie grausam. Die Hälfte von DeVries’ Männern war verschwunden; tot oder geflohen. Die Überlebenden hatten sich zu einem Halbkreis um die Tür zusammengezogen, eine lebende Mauer aus gepanzerten Leibern, tödlichen Klingen und fast mannsgroßen Schilden, die selbst dem Ansturm einer weit größeren Übermacht standgehalten hätte.
Zumindest, dachte DeVries schaudernd, wenn es eine Übermacht menschlicher Feinde gewesen wäre...
Aber ihre Gegner waren keine Menschen. Sie waren nicht einmal lebendig.
Es waren Skelette. Große, ausgeblichene Skelette, mit langen gekrümmten Säbeln und kleinen, runden Schilden bewaffnet, deren Ränder gezackt wie die Blätter von Kreissägen waren.
Ein dumpfer Schlag ließ die Tür hinter DeVries erbeben und riß ihn aus seiner Erstarrung. Mit einer schnellen Bewegung fuhr er herum, sah eine dürre Skeletthand über dem Riegel auftauchen und warf sich mit aller Macht gegen das Holz. Die Tür fiel krachend zu; der ausgebleichte weiße Knochen zersplitterte wie Glas, und die abgebrochene Hand fiel zu Boden und zerbrach in kleine Stücke.
Ein neuerlicher Schlag ließ die Tür zittern. DeVries hörte das harte Kratzen blanker Knochen über Holz und tastete mit bebenden Fingern nach dem Riegel. Wild zerrte er an dem eingerosteten Riegel und spürte, wie er sich Millimeter für Millimeter zu bewegen begann.
Eine Schwertspitze erschien im Türspalt, stocherte wild und ungezielt umher und verletzte ihn am Arm. DeVries ignorierte den Schmerz, mobilisierte noch einmal alle Kräfte und warf sich mit aller Gewalt gegen den Riegel.
Das rostige Eisen knirschte widerspenstig – und rastete mit einem hörbaren Klacken ein. Aufatmend drehte sich DeVries herum.
Aber die Atempause war nur sehr kurz.
Die Skelettkrieger drangen weiter mit stummer Wut auf seine Männer ein. Ihre Schwerter krachten immer wieder gegen die Schilde von DeVries’ Männern, und mehr als eines durchbrach die Deckung der gepanzerten Krieger. Von dem halben Dutzend Soldaten, das DeVries geblieben war, war keiner mehr ohne Wunden; zwei von ihnen taumelten und hielten sich nur noch mit knapper Not auf den Beinen. Auch DeVries’ weißes Wams mit dem roten Kreuz war schon über und über mit Blut besudelt.
Er löste seinen Schild vom Rücken, packte das Schwert fester und stürzte sich mit einem gellenden Schrei in den Kampf. Seine Klinge traf mit einem schmetternden Schlag das Schwert des Unheimlichen und schleuderte es davon. Das bizarre Wesen taumelte, und für einen ganz kurzen Moment glaubte DeVries fast, einen Ausdruck von Furcht in seinen leeren Augenhöhlen zu erkennen.
Aber natürlich war das Unsinn.
Er hob sein Schwert und drang erneut auf seinen unwirklichen Gegner ein. Der Skelettkrieger wehrte seine Hiebe mit dem Schild ab, so gut es ging, aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als Stück für Stück vor DeVries zurückzuweichen, bis er schließlich mit dem Rücken zur Wand stand und sich beinahe angstvoll unter seinen Hieben duckte.
DeVries brüllte triumphierend auf, schlug den Schild des Knochenmannes mit einem wütenden Hieb beiseite und stach mit dem Schwert nach seiner Kehle.
Etwas Fürchterliches geschah. DeVries’ Klinge verfehlte den dürren Knochenhals des Wesens, aber er spürte, wie die Schneide auf Widerstand traf. Ein dumpfer Schmerzlaut drang aus dem Knochenmund des Ungeheuers. Und plötzlich entstand über seinem linken Schulterblatt, eine gute Fingerbreite über dem Knochen und scheinbar in der leeren Luft, ein dunkler, rotglitzernder Fleck. Das Wesen blutete!
DeVries erstarrte. Ein eisiger, lähmender Schrecken machte sich in ihm breit, während der Knochenmann mit einem fürchterlichen Stöhnen vor ihm in die Knie brach, die dürre Skeletthand über der blutenden Schulter verkrampft
Und dann veränderte er sich. Für einen ganz kurzen Moment flackerten seine Umrisse und dann – verwandelte er sich in einen Menschen!
In einen hochgewachsenen, dunkelhaarigen Mann, gekleidet in schwarze Hosen und Kettenhemd, über dem er ein weißes Wams mit einem roten, gleichschenkeligen Kreuz trug...
* * *
Das kleine Zimmer war leer bis auf einen Stuhl, der verloren neben der Tür stand. Die beiden Fenster waren sorgsam mit schwarzen Stoffbahnen verhängt worden, so daß ich nicht zu sagen vermochte, ob es Tag
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