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Der Hexer - NR06 - Labyrinth der weinenden Schatten

Der Hexer - NR06 - Labyrinth der weinenden Schatten

Titel: Der Hexer - NR06 - Labyrinth der weinenden Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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von Scotland Yard lauerten nur auf den geringsten Anlaß, uns einsperren zu können.
    Ohne ein weiteres Wort des Protestes half ich Rowlf, Ron ins Haus zu tragen und behutsam auf die Couch im Salon zu legen. Rowlf verschwand kommentarlos in seinem Zimmer, riß die Decke vom Bett und kam Sekunden später zurück.
    Als wir das Haus wieder verließen, waren nicht nur Charles, sondern die gesamte Dienerschaft auf der Treppe zusammengelaufen. Es war ein bedrückendes Gefühl, als sie vor mir auseinanderwichen, um mich durchzulassen. Niemand sagte ein Wort, aber die Blicke, mit denen sie mich musterten, waren eindeutig.
    Sie hatten Angst.
    Angst vor mir.

    * * *

    Rowlf scheuchte das halbe Dutzend Männer und Frauen beiseite, kniete neben der Toten nieder und breitete seine Decke aus. Dann hob er den ausgemergelten Leib der Greisin auf die Arme und legte ihn auf den Stoff. Jedenfalls wollte er es. Sie zerfiel.
    Ein widerliches, papierenes Rascheln war zu hören, als Rowlf die Hände unter den Körper der Toten schob. Grauer Staub quoll aus den zerfallenden Kleidern des Leichnams, und plötzlich begann der ganze Körper in sich zusammenzusacken; wie eine jahrtausendealte Mumie, die man unvorsichtig berührt hatte. Ein Schwarm winziger grauer Schatten löste sich aus den vermoderten Fetzen des Kleides und stob in alle Richtungen auseinander.
    Motten! dachte ich verwirrt. Es waren Motten! Dutzende, wenn nicht hunderte von kleinen, unansehnlichen grauen Motten!
    Es war eine Szene wie aus einem Alptraum. Alles geschah in wenigen Sekunden, aber die Zeit schien plötzlich langsamer abzulaufen, und die Furcht und das Entsetzen schärften mein Wahrnehmungsvermögen, so daß ich jede Kleinigkeit mit fast übernatürlicher Schärfe sah: Die Motten stoben auseinander und verschwanden in der Nacht, aber eines der winzigen Tierchen schoß direkt auf Rowlf zu, machte wenige Zentimeter vor seinem Gesicht kehrt und setzte sich auf seine Schulter. Seine winzigen, grauen Flügel schlugen erregt.
    Rowlfs seidener Hausmantel färbte sich grau.
    Es war ein unheimlicher, bizarrer Vorgang. So, wie sich Tinte in einem Stück Löschpapier ausbreitet, verblaßten die Farben von Rowlfs Hausmantel in einem lautlosen Fließen. Der Stoff alterte in Sekundenbruchteilen, verlor seine Farbe, wurde dünn und unansehnlich...
    Hinter mir erscholl ein spitzer Schrei. Irgend etwas fiel zu Boden und zerbrach klirrend. Howard erwachte aus seiner Erstarrung, warf sich nach vorne und schlug mit der geballten Faust auf die winzige Motte.
    Das Tier wurde zermalmt; Rowlf kippte nach hinten und riß Howard dabei mit sich, und aus dem vermoderten Lumpenbündel, das einmal eine Reisetasche gewesen war, erhoben sich drei weitere graue Schatten und flogen mit trunkenen Schaukelbewegungen auf Howard und Rowlf zu...
    »Zurück!« brüllte ich. »Es sind die Motten!« Verzweifelt warf ich mich vor, versuchte Howard und Rowlf gleichzeitig auf die Füße zu zerren und schlug nach den winzigen Tierchen. Ich traf nicht, aber die hektische Bewegung verscheuchte die Tiere wenigstens für einen Moment.
    Howard stemmte sich keuchend auf Hände und Knie hoch, starrte mich aus schreckgeweiteten Augen an und erhob sich vollends. Aber er machte keine Anstalten, zum Haus zurückzugehen.
    »Verdammt, Howard – worauf wartest du?« keuchte ich. »Wir müssen –«
    Ich verstummte, als mein Blick in die Richtung fiel, in die seine ausgestreckte Hand deutete. Die Motten, die ich verscheucht hatte, hatten sich ein Stück in die Luft erhoben und torkelten unsicher nach links, auf den Rhododendronbusch zu, der neben dem Weg wuchs.
    Das Licht reichte nicht aus, um wirklich Einzelheiten zu erkennen, aber was ich sah, reichte, um mir den Magen umzudrehen.
    Der Busch war einmal grün gewesen. Jetzt war er grau. Ein unförmiger, aufgequollen wirkender Ball, in dem es ununterbrochen zuckte und bebte. Motten! Tausende, wenn nicht zehntausende der winzigen, grauen Tiere bedeckten den Busch über und über.
    Und fast, als hätten sie nur darauf gewartet, aus ihrer Ruhe aufgestört zu werden, lief plötzlich ein rasches, nervöses Zucken durch die Masse der winzigen Tiere. Der graue Ball zog sich zusammen, zuckte wie in einem Krampf – und platzte auseinander.
    In einer lautlosen Wolke erhoben sich tausende von Motten in die Luft und stürzten sich auf uns...

    * * *

    »Ist er sicher untergebracht?«
    Statt einer Antwort hob Seffinger den Schlüsselbund in die Höhe, grinste kurz und ließ die

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