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Der Hexer - NR15 - Wo die Nacht regiert

Der Hexer - NR15 - Wo die Nacht regiert

Titel: Der Hexer - NR15 - Wo die Nacht regiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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chinesische Dschunke erinnerte und dessen Planken so sorgsam bearbeitet waren, daß es fast aussah, als wäre er aus einem einzigen Stück gearbeitet; die gigantischen Masten, die so dick sein mußten, daß drei Männer sie nicht umfassen konnten; die Decksaufbauten, die aus seiner ungünstigen Position heraus betrachtet seltsam geduckt und klein erschienen, und zum Heck hin in einem gewaltigen Turm ausliefen, und schließlich den Namenszug, der in übermannsgroßen goldenen Lettern am Bug prangte:
    DAGON
    Lawrence setzte sein Glas ab und runzelte die Stirn. Dieser Namenszug berührte etwas in ihm, tief in seiner Seele, und er tat es auf sehr unangenehme Art und Weise. Aber er wußte nicht, was es war.
    Langsam glitt die KING GEORGE näher an den schwimmenden Giganten heran, und das unangenehme Gefühl in Lawrence nahm an Intensität zu. Er versuchte sich einzureden, daß er keinen Grund hatte, Angst zu haben. Die KING GEORGE war ein Zwerg gegen die DAGON, aber das Schiff war trotz seiner imposanten Erscheinung nicht viel mehr als ein schwimmender Anachronismus, der zwei-, oder auch dreihundert Jahre zu spät kam, während die KING GEORGE das Nonplusultra der englischen Seemacht darstellte. Sie war eine verbesserte – und größere – Ausführung der berühmt-berüchtigten Kanonenboote, auf deren Macht ein Großteil der britischen Seeüberlegenheit beruhte, und sie war gut bewaffnet, es selbst mit diesem Giganten aufzunehmen, wenn es sein mußte. Sicher, gegen die DAGON wirkte sie klein und verloren – aber schließlich war auch ein Piranha nicht sonderlich groß.
    Trotzdem wurde das nagende Gefühl von Furcht in Lawrence immer stärker, je weiter sie sich dem Riesenschiff näherten.
    Die KING GEORGE wurde langsamer und drehte längsseits, und schließlich war aus dem Dröhnen der Dieselmotoren ein leises Tuckern geworden, als das Schiff – ein Hecht neben einem Wal – längs der DAGON auf den Wellen schaukelte.
    Lawrence hob die Flüstertüte an die Lippen. »Kapitän der DAGON!« rief er. »Hier spricht Kapitän Lawrence von der HMS KING GEORGE. Sie befinden sich in britischen Hoheitsgewässern. Drehen Sie bei und identifizieren Sie sich.«
    Das Instrument verzerrte seine Stimme so sehr, daß er sie selbst kaum wiedererkannte, und es schien Lawrence, als schlucke der Nebel noch einen großen Teil ihres Klanges, bis nur noch düstere, unheimliche Töne übrigblieben, die kaum mehr Ähnlichkeit mit einer menschlichen Stimme hatten.
    Er schob den Eindruck auf seine Nervosität und wiederholte seine Durchsage; drei-, vier-, fünf-, schließlich sechsmal, ohne daß auch nur die geringste Reaktion erfolgte. Die DAGON folgte weiter unbeirrbar ihrem Kurs, und die KING GEORGE lief neben ihr her wie ein Jagdhund neben einem Elefanten.
    Lawrence ließ seine Flüstertüte sinken und hob die rechte Hand. Die Matrosen hinter ihm hatten nur auf dieses Zeichen gewartet. Für gute zwei Minuten schien sich das Deck der KING GEORGE in einen wimmelnden Ameisenhaufen zu verwandeln, während sich das halbe Dutzend großer Zwillingsgeschütze auf den riesigen Leib der DAGON ausrichtete. Dann kehrte wieder Ruhe ein.
    Kapitän Lawrence hob sein Instrument erneut. »DAGON!« rief er, so laut er konnte. »Dies ist die letzte Warnung. Nehmen Sie Fahrt weg, oder ich lasse das Feuer eröffnen.«
    Wieder verging fast eine Minute, dann erschien hinter der Reling des Riesenschiffes, etwa auf der Höhe der KING GEORGE, eine Gestalt. Sie war zu weit entfernt und zu hoch über Lawrence, als daß er Einzelheiten erkennen konnte, aber er hatte das sichere Gefühl, daß der Mann direkt auf ihn herabsah; nicht etwa auf das Schiff oder die drohend ausgerichteten Kanonen, sondern auf ihn.
    Aber das war auch alles, was geschah. Die DAGON jagte weiter, und mit Ausnahme der einen Gestalt hinter der Reling zeigte sich nicht eine Spur von Leben auf ihrem Deck.
    Lawrence schauderte. Womit hatte er das Schiff verglichen, vorhin, bei seinem ersten Gespräch mit Stayley? Mit dem fliegenden Holländer? Vielleicht war dieser Vergleich gar nicht so lächerlich gewesen.
    »Sie da oben!« schrie er. »Können Sie mich verstehen? Antworten Sie!«
    Der Mann antwortete nicht. Er rührte sich nicht einmal, sondern stand starr wie eine Statue da, nicht mehr als ein Schatten in der Nacht. Lawrence rief noch ein halbes Dutzend Mal, in allen Sprachen, die er kannte – und das waren eine ganze Menge, denn er hatte genug Jahre seines Lebens auf See und in den

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