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Der Hexer - NR15 - Wo die Nacht regiert

Der Hexer - NR15 - Wo die Nacht regiert

Titel: Der Hexer - NR15 - Wo die Nacht regiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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sich und dem gewaltigen Schiff hatte, fühlte er sich auf sonderbare Weise ausgeliefert und schutzlos. Irgend etwas körperlos Drohendes umgab das Schiff.
    Er hob seinen Feldstecher und fingerte sekundenlang nervös an der Feineinstellung herum, aber das Ergebnis war immer das gleiche: der monströse Schatten kam zwar näher, aber er wurde nicht deutlicher. Es war, als wäre außer dem Nebel noch etwas zwischen ihm und diesem Schiff, etwas, das aufs Gründlichste verhinderte, daß er es genauer erkennen konnte.
    Plötzlich schien ein deutlicher Ruck durch den Schatten zu gehen, und als Lawrence sein Glas senkte, sah er, daß die Nebelwand ein gutes Stück näher gekommen war und jetzt schnell auf die KING GEORGE zuglitt. Das fremde Schiff hatte seine Geschwindigkeit abermals gedrosselt.
    Lawrence drehte sich herum und winkte einen Matrosen heran. »Gehen Sie zur Brücke«, sagte er. »Sie sollen auf halbe Fahrt heruntergehen. Und dann bringen Sie mir eine Flüstertüte. Und beeilen Sie sich.«
    Der Mann entfernte sich hastig, und Lawrence blickte wieder auf die Nebelwand.
    Plötzlich hatte er Angst. Das Gefühl war ganz plötzlich da, von einer Sekunde auf die andere, und so warnungslos wie ein Raubtier, das ihn aus einem Versteck heraus ansprang; aber es war so heftig, daß er sich kaum dagegen wehren konnte. Der Nebel wogte und waberte hin und her, und je näher die KING GEORGE der brodelnden Wand aus Grau und huschender Bewegung kam, desto stärker wurde die Furcht, die Lawrence verspürte. Es war, als flüstere ihm der Nebel zu, wegzubleiben, auf der Stelle kehrt zu machen und zu verschwinden, so lange er es noch konnte.
    Er versuchte den Gedanken zu verscheuchen, aber es ging nicht. Geh weg! flüsterte die Stimme des Nebels hinter seinen Gedanken. Geh weg, Mensch! Geh! Fliehe diesen Ort, der den deinen nur Unglück bringt!
    Lawrence biß sich so heftig auf die Lippen, daß sie zu bluten begannen. Der Schmerz ließ ihn aufstöhnen, aber er vertrieb auch die bizarren Visionen und schuf wenigstens für einen Moment wieder Klarheit hinter seiner Stirn.
    Aber die Stimme blieb; leiser zwar, doch noch immer verständlich, und für einen ganz kurzen Augenblick war Lawrence ernsthaft versucht, auf ihre Warnung zu hören und das Kommando zum Beidrehen zu geben.
    Dann kam der Matrose zurück und reichte ihm die Flüstertüte, und seine Ankunft riß Lawrence endgültig in die Wirklichkeit zurück. Gebannt blickte er nach vorne. Die KING GEORGE hatte bereits merklich an Tempo verloren, aber ihr stählerner Bug pflügte das Meer noch immer mit der Geschwindigkeit eines Rennpferdes, und die Grenze des unheimlichen Nebels kam rasch näher.
    Als das Schiff in ihn hineinglitt, geschah etwas Merkwürdiges. Lawrence war sich nicht sicher, es wirklich zu sehen, aber für einen Moment hatte er den Eindruck, daß der zollstarke Stahl des Rumpfes durchsichtig wie Glas würde, und für einen noch kürzeren Moment verspürte er ein heftiges, unangenehmes Kribbeln, als berührten ihn tausende unsichtbarer winziger tastender Finger, überall am Körper zugleich. Dann war es vorbei, und im gleichen Moment sah er das Schiff.
    Der Nebel schien wirklich eine Art Schutzwall gewesen zu sein, denn kaum hatte die KING GEORGE seine Grenze passiert, konnte Lawrence das unbekannte Schiff in normaler Schärfe erkennen. Und auch die warnende Stimme hinter seiner Stirn hörte abrupt auf zu flüstern.
    Das Schiff war ein Gigant. Es war mehr als zehnmal so groß wie die KING GEORGE, hatte drei riesige, scheinbar bis in den Himmel reichende Masten und eine Unzahl Segel, die, gewaltigen Schwimmhäuten gleich, prall gebläht an den Masten zerrten, obgleich sich nicht der leiseste Windzug rührte. Seine Bordwände ragten hoch wie ein Mietshaus aus dem Wasser, und weit über seinem Kopf konnte Lawrence die – jetzt allerdings geschlossenen – Luken einer gleich fünffachen Reihe von Geschützen erkennen, die das Schiff zu einer schwimmenden Festung machen mußten. Nirgends an Bord dieses schwimmenden Riesen war auch nur das mindeste Licht zu sehen, und trotz der prall geblähten Segel und der bis zum Zerreißen gespannten Taue war es noch immer unheimlich still. Lawrence hob seinen Feldstecher und blickte mit klopfendem Herzen zu dem Riesenschiff auf. Das Gerät funktionierte jetzt wieder einwandfrei; Lawrence sah jede noch so winzige Einzelheit des Schiffes, als läge es auf Armeslänge vor ihm: der hölzerne Rumpf, der ihn auf skurrile Weise an eine

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