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Der Hexer - NR16 - Die Prophezeiung

Der Hexer - NR16 - Die Prophezeiung

Titel: Der Hexer - NR16 - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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ganz klar waren. Aber wie ein geübter Schachspieler wußte er auch, daß der erste Zug der Wichtigste sein mochte, daß er sich gerade jetzt keinen Fehler erlauben durfte.
    Necron riß den Blick von der so harmlos aussehenden Eichentür los und sah auf die beiden kristallenen Särge an der Wand davor.
    Für einen Moment war ihm, als hätte sich das bleiche Gesicht des schlafenden Mädchens darin verändert, als wirke es plötzlich lebendiger, rosiger. Und gleichzeitig finsterer, voll einer unausgesprochenen Drohung, die düsterer war, als selbst er nachempfinden konnte.
    Dann lächelte er. Unsinn, dachte er spöttisch. Der Zauber war stark, den er über das Mädchen geworfen hatte. Hundertmal stärker, als nötig gewesen wäre, eine Sterbliche zu bannen.
    Und trotzdem – als er sich wieder umwandte und den langsam rinnenden Goldstaub seiner Uhr betrachtete, hatte er das unbehagliche Gefühl, als ob sie ihn anstarrte.
    Er drehte sich nicht noch einmal herum, um sich zu überzeugen, daß es nicht so war und ihm nur seine Nerven einen Streich spielten.
    Aber es kostete ihn große Kraft, es nicht zu tun.

    * * *

    Der Strudel war wieder näher gekommen, und sein Dröhnen übertönte jetzt selbst das Lärmen des Sturmes und die Donnerschläge: ein tiefes, ununterbrochen anhaltendes Donnern und Krachen wie das Geräusch eines gigantischen Wasserfalles. Die DAGON schoß mit der Geschwindigkeit eines Pfeiles dahin, eingehüllt in himmelhohe Wolken aus Schaum und sprühender Gischt, die Segel gebläht und Masten und Tauwerk bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gespannt. Ich konnte direkt spüren, wie das Schiff unter meinen Füßen vor Anspannung zitterte.
    Dann sah ich McGillycaddy. Er rannte ein gutes Stück vor mir über das Deck der DAGON, direkt auf den gewaltigen Hauptmast zu, der sich gute hundert Schritte vor mir in den Himmel reckte. Von Shannon oder den anderen Drachenkriegern war keine Spur zu entdecken.
    Ich drehte das Gesicht aus dem Wind und rannte los, so schnell ich konnte. McGillycaddys Vorsprung war beträchtlich, aber auf einem Schiff war selbst dieses Wort relativ. So gigantisch die DAGON war, es gab nicht viel Platz auf ihrem Deck, um mir davonzulaufen, wollte er nicht über Bord springen und sein Glück schwimmend versuchen.
    Das tat er natürlich nicht. Dafür tat er etwas anderes, etwas, womit ich ebensowenig gerechnet hatte. Ohne auch nur einen Sekundenbruchteil innezuhalten, raste er auf den Hauptmast zu und begann wie eine übergroße vierbeinige Spinne in seiner Bespannung emporzuklettern!
    Als ich den Mast erreichte, war er schon gute fünfzig Fuß über mir. Und er stieg wie von Sinnen weiter.
    »McGillycaddy!« brüllte ich mit vollem Stimmaufwand. »Kommen Sie zurück! Das ist doch Selbstmord!«
    Aber wenn McGillycaddy meine Worte über dem Grollen des Strudels und dem Heulen des Taifunes überhaupt hörte, so ignorierte er sie. Im Gegenteil – er sah zu mir herab, verzog das Gesicht zu einer Grimasse und verdoppelte seine Anstrengung noch. Der Wind warf ihn wild hin und her. Ich fragte mich, woher dieser Mann die Kraft nahm, sich überhaupt noch an dem feuchten Tauwerk zu halten.
    Eine Sekunde später war ich ziemlich sicher, die Antwort am eigenen Leibe herauszufinden, denn ich sah etwas, was mich vor Schrecken zusammenfahren ließ.
    Hoch über McGillycaddy stand eine schwarzgekleidete Gestalt in den Spieren, breitbeinig und so, als wäre der Höllensturm in Wahrheit nicht mehr als ein laues Lüftchen, aufrecht und nur mit einer Hand am Hauptmast Halt suchend.
    Ich schluckte einen Fluch herunter, versuchte mir einzureden, daß alles ganz einfach sei und gar nichts passieren konnte, wenn ich nur die Nerven behielt und nicht nach unten sah – und begann hinter McGillycaddy herzuklettern.
    Wenn ich bedachte, daß ich es noch vor einer halben Minute für unmöglich gehalten hatte, war es sogar relativ einfach. Der Sturm versuchte mich abwechselnd in die Seile zu pressen und in die Tiefe zu reißen, das vom Regen hart und kalt gewordene Hanf des Tauwerkes riß meine Hände auf, und die Erschütterungen, die die DAGON beutelten, setzten sich bis in die Mastspitze hinein fort und gaben mir das Gefühl, auf einem tollwütigen Elefanten zu sitzen – aber ich kam von der Stelle, wenn auch langsamer als McGillycaddy und mit wesentlich weniger Eleganz.
    Er erreichte den Schwarzgekleideten, als ich kaum die halbe Strecke hinter mich gebracht hatte. Beinahe.
    Der Sturm beutelte mich weiter, und als

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