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Der Hexer - NR24 - Der Zug der in den Alptraum fuhr

Der Hexer - NR24 - Der Zug der in den Alptraum fuhr

Titel: Der Hexer - NR24 - Der Zug der in den Alptraum fuhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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doppelt so kräftig. Und die lässige Haltung, in der er am Fenster stand, täuschte. Er wartete nur darauf, daß Midwailer auf ihn losging.
    Irgendwann würde er es trotzdem tun, das schwor er sich.
    Verbissen fuhr Midwailer fort, Kohlen zu schaufeln. Das Feuer brannte wie das glühende Herz eines Vulkanes, aber Midwailer schaufelte weiter, bis die Hitze unerträglich wurde und sich die Nadel des Druckmessers dem roten Bereich näherte. »Nicht ganz so hastig«, sagte Kennon grinsend. »Willst du, daß der Kessel platzt?«
    Midwailer fuhr herum, knallte die Schaufel auf den Boden und starrte ihn an. »Du hast doch selbst gesagt –«
    »Daß wir mehr Druck brauchen, stimmt«, unterbrach ihn Kennon grinsend. »Ich hab’ nicht gesagt, daß du den Kessel überheizen sollst.« Er seufzte, kam näher und legte Midwailer die Hand auf die Schulter.
    »Du machst mir Sorgen in letzter Zeit, weißt du das?« fragte er. »Ich fürchte, du wirst allmählich zu alt für den Job.«
    Midwailer schwieg.
    »Wenn du willst, lege ich ein gutes Wort für dich ein«, fuhr Kennon kichernd fort. »Ein Mann in deinem Alter sollte keine so schwere Arbeit mehr tun müssen. Ich werde meinen Schwager fragen, ob sie nicht etwas anderes für dich haben. Wär’ doch gelacht, wenn wir nicht irgendein ruhiges Eckchen für dich fänden, wo du dein Gnadenbrot kriegst.«
    Midwailer schlug seine Hand beiseite, wich einen Schritt zurück und starrte ihn mit unverhohlenem Haß an. Aber er sagte immer noch nichts. Ein düsterer, unbeschreiblicher Zorn begann sich in ihm breitzumachen. Eine Wut, wie er sie noch niemals zuvor im Leben verspürt hatte. Irgend etwas schien in ihm zu wachsen. Etwas, vor dem er beinahe selbst Angst hatte.
    Kennon kicherte. »Nun glotz nicht so blöd«, sagte er. »Ich mein’s ja nur gut mit dir.«
    »Irgendwann bringe ich dich um, Kennon«, flüsterte Midwailer. Seine Stimme versagte ihm beinahe den Dienst und war nur noch ein heiseres Flüstern. »Ich schwöre dir, irgendwann schlage ich dir das dämliche Grinsen aus der Fresse.«
    Für einen Moment wirkte Kennon wirklich verunsichert. Aber nur für einen Moment. Dann blitzte es abermals spöttisch in seinen Augen auf, und seine Lippen verzogen sich zu einem dünnen, hämischen Grinsen.
    »Du hast anscheinend zu viel getrunken«, sagte er. »Na ja, darüber unterhalten wir uns später. Jetzt sieh zu, daß das Feuer nicht ausgeht.« Er deutete mit einer Kopfbewegung auf den Kessel. »Wir brauchen Druck.«
    Er grinste erneut, drehte sich mit einer betont lässigen Bewegung herum und ging wieder zum Fenster.
    Und Midwailer schlug zu.
    Das Etwas in ihm wurde übermächtig. Er hatte plötzlich keine Angst mehr, weder vor Kennon noch vor sonst irgendeinem. Er wollte nur noch eines.
    Die Schaufel in seinen Händen schien sich von selbst zu bewegen. Kennon spürte die Bedrohung im letzten Augenblick, fuhr mit einem Schrei herum und riß die Arme hoch, aber seine Reaktion kam zu spät.
    Das Schaufelblatt traf sein Gesicht.
    Kennon schrie nicht einmal. Lautlos kippte er nach hinten. Er war schon tot, als er neben der Feuertür zu Boden sank.
    Für endlose Minuten stand Midwailer reglos da und starrte auf den Leichnam herab.
    Er empfand gar nichts. Weder Schrecken noch Befriedigung, weder Furcht noch Triumph. Ein Teil seines Bewußtseins sagte ihm, daß er gerade einen Menschen umgebracht hatte, und der gleiche Teil sagte ihm auch, daß er damit sein eigenes Leben ebenso zerstört hatte. Aber das war ihm egal. Er empfand eine Kälte, die jedes andere Gefühl betäubte.
    Nach einer Weile erwachte der vierzigjährige Heizer aus seiner Starre, legte die Schaufel aus der Hand und begann den erschlafften Leichnam in das Feuerloch hineinzuschieben. Es war schwer, und die Hitze war unerträglich. Er verbrannte sich die Hände. Seine Wimpern und Brauen zerfielen zu Asche, und sein Gesicht begann zu schmerzen.
    Aber auch davon spürte er kaum etwas. Jetzt nicht mehr.

    * * *

    Eine Stunde später redeten wir noch immer.
    Und ich hatte noch immer keine Gelegenheit gefunden, das Gespräch auf das Thema zu lenken, dem meine ganze Neugier galt: Sitting Bull.
    Das war allerdings nicht unbedingt ein Zufall; ich hatte mehr als ein Stichwort gehabt und mehr als einmal mit Gewalt versucht, den Indianer in ein Gespräch zu verwickeln.
    Aber Sitting Bull – und auch Cody und die beiden anderen – entwickelten ein fast unheimliches Talent, wenn es darum ging, plötzlich auf ein anderes Thema zu sprechen

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