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Der Hexer - NR32 - Der Koloss von New York

Der Hexer - NR32 - Der Koloss von New York

Titel: Der Hexer - NR32 - Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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einem traurigen, sehr schwach klingenden Seufzer. »Ich erzähle sie dir gerne. Aber vorher...« Er stockte. Plötzlich wirkte sein Lächeln verlegen. »Ich hätte eine Bitte.«
    »Welche?«
    »Wäre es dir möglich, Rowlf und mich zu einer heißen Suppe einzuladen?« fragte er. Und noch während ich ihn mit offenem Mund anstarrte, klaubte er einen zerknautschten Zigarrenstummel aus dem Hemd, der seinem Aussehen nach mindestens schon ein dutzend Mal angeraucht und immer wieder säuberlich gelöscht worden war, und lächelte noch ein wenig breiter. »Und vielleicht zu einer Zigarre?« fügte er schüchtern hinzu.

    * * *

    Nebel war aufgekommen, obwohl gar nicht für die Jahreszeit üblich, und es war viel zu kalt. Die beiden Sturmlaternen, die Strauß vorsichtshalber an Bug und Heck des kleinen Hafenkutters aufgehängt hatte, waren nur noch als verschwommenes gelbes Blinzeln in unbestimmbarer Entfernung zu erkennen, und die grauen Schwaden, die sich beharrlich über das niedrige Deck des Bootes wälzten, tränkten alles mit kalter klammer Feuchtigkeit.
    Strauß schauderte, zog den Kragen seiner Jacke enger zusammen und nippte an dem heißen Tee, den er sich aufgebrüht hatte. Nicht einmal das beinahe noch kochende Getränk vermochte die Kälte wirklich aus seinem Inneren zu vertreiben. Und die Nervosität schon gar nicht. Das Schlimme war, daß Strauß nicht einmal wußte, warum er nervös war. Es gab keinen Grund dazu. Solange der Nebel nicht aufriß, lag das Boot sicher vertäut am Kai, und die beiden Lampen dienten nur seiner eigenen Beruhigung – keines der großen Schiffe würde sich bei derartig schlechten Sichtverhältnissen auch nur einen Inch von der Stelle rühren. Eigentlich hätte er allen Grund gehabt, sich auf eine zwar langweilige, aber nichtsdestotrotz geruhsame und vor allem bezahlte Freischicht zu freuen.
    Aber irgend etwas beunruhigte ihn; ein sonderbares Kribbeln, wie die Ahnung von etwas Kommendem.
    Strauß runzelte die Stirn, verwirrt und gleichzeitig ein bißchen erschrocken über seine eigenen, abwegigen Gedanken, nippte abermals an seinem Tee und kippte nach kurzem Zögern einen kräftigen Schuß geschmuggelten Whisky in die Tasse. Danach schmeckte das Getränk schon weitaus besser. Wenn es auch seine Nervosität nicht merklich dämpfte. Draußen auf dem Schiff polterte etwas. Strauß blickte mißtrauisch auf, stellte sich auf die Zehenspitzen, um das Vorderdeck von seiner Position hinter dem festgestellten Ruder besser übersehen zu können, und versuchte die grauen Schwaden mit Blicken zu durchdringen. Aber er sah nichts außer Nebel und dem Licht der Lampe und noch mehr Nebel, der ihm Bewegung vorgaukelte, wo keine war. Das Poltern wiederholte sich. Behutsam stellte Strauß die Tasse mit dem brühheißen Getränk ab, zog die Schultern zusammen und trat schaudernd in die Kälte hinaus, die auf dem ungeschützten Vorderdeck des kleinen Schiffes herrschte. Nebel hüllte ihn ein wie Millionen körperloser grauer Hände, und die Kälte begann sofort durch seine Kleider zu kriechen. Er spürte erst jetzt, wie warm es trotz allem noch im Ruderhaus gewesen und wie kalt es hier war.
    Und das Geräusch wiederholte sich nicht. Eigentlich mehr als Grund genug, überlegte Strauß, in sein Ruderhaus zurückzukehren und dort den Rest der Nacht dem Nebel und einigen Tassen heißem Whisky mit Tee zu überlassen – in genau diesem Verhältnis.
    So wandte er sich wieder um und ging zum Ruderhaus zurück, blieb aber noch einmal stehen, als eine Windböe das brackige Wasser des New Yorker Hafens kräuselte und die Nebelfetzen auseinandertrieb. Für einen Moment konnte er einen gigantischen, in der Nacht schwarz erscheinenden Umriß vor dem Meer erkennen, einen Koloß von so ungeheuerlicher Größe, daß selbst Strauß, der jede Phase seiner Errichtung in allen Einzelheiten mitverfolgt hatte und sogar ein paarmal drüben auf Liberty Island gewesen war, von seinen Dimensionen noch immer beeindruckt war. Die Freiheitsstatue... Ja, dachte er, dieser Name war passend. Irgendwie erschien ihm die titanische kupferne Frau als das passendste Symbol für das Wort Freiheit, was man sich nur denken konnte.
    Hinter ihm polterte etwas auf das Deck, und es war ein Geräusch, das so laut und hart und sonderbar metallisch war, daß Strauß trotz des eisigen Schreckens, der ihn durchfuhr, eine Sekunde lang wie gelähmt stehenblieb, ehe er überhaupt den Mut aufbrachte, sich herumzudrehen.
    Und als er es dann tat, wünschte er

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