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Der Hexer - NR33 - Wer die Götter erzürnt

Der Hexer - NR33 - Wer die Götter erzürnt

Titel: Der Hexer - NR33 - Wer die Götter erzürnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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werden. Wir sollten gehen.«
    Was geschah mit mir?!
    Howard stemmte sich ächzend in die Höhe und klopfte sich den Staub von der Hose. »Ich glaube, du hast wohl recht«, sagte er. »Ich werde mir das Buch vornehmen; vielleicht kann ich einen Hinweis finden, wie der Golem aufzuspüren und zu vernichten ist.«
    Ich lächelte zuversichtlich.
    Ich wollte ihn entsetzt anstarren, aber ich lächelte!
    »Gut«, sagte mein Mund. »Machen wir, daß wir aus diesem stinkenden Loch herauskommen.«
    Dann war der Spuk vorüber. Als sich Howard dem Fenster zuwandte, fielen meine Mundwinkel herab, und ich fühlte, wie der unheimliche Bann sich von mir löste. Rasch kletterte ich hinter Howard ins Freie. »Howard, ich –« Wieder überschwemmte eine unglaublich mächtige Woge mein Gehirn und spülte hinweg, was ich eben noch hatte sagen wollen.
    »Ja?«
    »Ach, schon gut. Es war nichts«, sagte meine Stimme leichthin. Meine Hand deutete zur Kutsche. »Rowlf wartet.«
    Als wir die einspännige Droschke erreichten, beugte sich Howards hünenhafter Leibdiener vom Bock zu uns herab. »Na, wat gefundn?« fragte er mit leiser Stimme.
    »Allerdings«, gab Howard ebenso leise zurück. »Ich erzähle dir später alles. Laß uns erst einmal von hier verschwinden.«
    Wir stiegen ein, und ich zog die Tür hinter mir ins Schloß. Erneut war der Bann aus meinem Geist gewichen – und doch wußte ich, daß er aufs neue über mich herfallen würde, sobald ich versuchen sollte, irgend etwas über ihn zu sagen,
    Rowlf ließ die Peitsche knallen, die Kutsche ruckte an und setzte sich schwankend in Bewegung. Howard blies eine dichte Rauchwolke zu mir herüber und lehnte sich mit sorgenvollem Gesicht in die weichen Polster zurück.
    Und ich saß stumm da und versuchte vergeblich, Ordnung in meine wirbelnden Gedanken zu bekommen...

    * * *

    »Hier ist es.« Howard zog ein dickes, in uraltes, brüchiges Schweinsleder gebundenes Buch aus dem Regal und ließ es unsanft auf den Tisch fallen. »Das Mystericum Humanum.«
    Wir befanden uns in der Bibliothek meines Hauses am Ashton Place, in den unteren Räumen, die ein Besucher niemals zu Gesicht bekam. Hier stapelten sich in deckenhohen Regalen all die Schätze, die mein Vater im Laufe seines Lebens zusammengetragen hatte: Schätze aus Papier, Leder und Tinte. Ich konnte dem Raum keine rechte Begeisterung mehr abgewinnen; zuviele Monate hatte ich beim Schein einer Karbonlampe hier unten gemessen und die alten Folianten studiert. Diejenigen zumindest, deren Schrift ich entziffern konnte. Die meisten waren – zu meinem Bedauern – in Arabisch oder Latein verfaßt. Nun, letztere Sprache begann ich gerade zu erlernen, wann immer mir Zeit dazu blieb. Leider nicht sehr oft.
    Ich hatte gedankenverloren in mein Glas Rotwein gestarrt, das Rowlf mir vor fünf Minuten gebracht hatte, und schrak auf, als Howard den schweren Folianten auf die Tischplatte knallte. Fast hätte ich den Wein verschüttet.
    Howard ließ sich neben mir auf einen Stuhl sinken und blätterte in dem Buch herum. Natürlich war es mit lateinischen Schriftzeichen gespickt; es wäre ja auch zu schön gewesen... Trotzdem folgte ich neugierig Howards Fingern, die suchend über die alten Buchstaben fuhren.
    »Gnom, Gnostische Gemme, Goldenes Kalb... ah, hier: »Golem.«
    Ich beugte mich weiter vor und betrachtete die Illustrationen, während Howard sich in den Text vertiefte. Minutenlang sagte er kein Wort; seine Lippen bewegten sich stumm, und mehr als einmal nahm er ein kleines Wörterbuch zur Hilfe. Dann löste er seinen Blick von den Zeilen und sah mich an.
    Ich erschrak. Sein Gesicht hatte alle Farbe verloren, und in seinen Augen stand ein unstetes Flackern. Ich war zu verblüfft, um irgend etwas zu sagen. Endlose Sekunden starrte er mich nur an und rang sichtlich nach Fassung. Als er endlich zu sprechen anhob, klang seine Stimme dünn und brüchig.
    »Es ist schlimmer, Robert«, flüsterte er. »Wenn dieses Buch nicht irrt – und das schließe ich aus – dann wird nicht nur der Golem... dann werden...«
    Er stockte und holte tief Luft. »Ich lese dir am besten die entsprechende Passage vor«, sagte er dann, blätterte eine Seite zurück und konzentrierte sich.
    »So ist der Golem nicht etwa zu vergleichen mit magisch erweckten Toten, sondern ist gleichsam Symbol für das Mysterium des Lebens selbst. Wer es ergründet, der hat die Macht über den Tod, über die Zeit. Vergangene Materie wird er erwecken und das Fleisch dem Verfall

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