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Der Hexer - NR33 - Wer die Götter erzürnt

Der Hexer - NR33 - Wer die Götter erzürnt

Titel: Der Hexer - NR33 - Wer die Götter erzürnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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entreißen.
    Doch hüte dich, Menschengeschlecht! Es ist verboten seit undenklichen Zeiten, sich an der Schöpfung zu versuchen. Triumph wird sich wandeln in unendliche Pein, und das Weltengefüge wird erbeben zum Jüngsten Gericht. Ist das eherne Gesetz der Götter gebrochen, werden die Pforten Nirwanas sich öffnen und die Toten werden Rache nehmen an den Lebenden. Und nur der Tod des Toten kann die Götter besänftigen und die Armeen des Bösen zurückwerfen in die ewige Verdammnis...«
    Eine seltsame Leere hielt mein Hirn umfangen. Minutenlang war ich wie gelähmt, konnte keinen klaren Gedanken fassen oder auf Howards Worte antworten. Nur langsam begriff ich die schreckliche Konsequenz dessen, was geschrieben stand, und mit jeder Sekunde offenbarte sich mir neuer Schrecken.
    Meine Kehle war ausgetrocknet, als hätte ich tagelang nichts mehr getrunken, und die Zunge lag wie ein aufgedunsener Schwamm in meinem Mund.
    Mit einer fahrigen Bewegung griff ich nach dem Weinglas und leerte es in einem Zug. Danach fühlte ich mich – körperlich zumindest – etwas besser.
    »Mein Gott«, krächzte ich schließlich. »Soll das heißen, daß... daß die –«
    »Daß die Gräber sich öffnen werden und die Toten freigeben, ja«, bestätigte Howard meine schlimmsten Ahnungen.
    »Aber das ist doch Theorie«, wandte ich in einem lächerlichen Versuch, mich gegen feststehende Tatsachen aufzulehnen, ein. »Ich meine, was da beschrieben wird, ist nie geschehen. Das Buch kann sich irren!« Meine Worte kamen viel zu hastig, um noch überzeugend zu klingen.
    Howard antwortete nicht. Statt dessen stand er auf, ging zum Tisch mit der Leselampe hinüber und nahm einen Bogen Papier, faltete ihn auseinander und legte ihn vor mich hin. Es war ein Extrablatt der London Times vom heutigen Tag; dem 9. Juli 1886. Die Schlagzeile brannte wie mit feurigen Lettern in meinen Augen:
    MYSTERIÖSER LEICHENRAUB IN SAINT JOHN
    »Das kam heute in der Früh«, sagte Howard hinter mir. Seine Stimme klang verzerrt und falsch in meinen Ohren. »Rowlf hat ein Exemplar geholt, während du dich umgezogen hast. Aber da konnte ich die Zusammenhänge noch nicht erkennen.«
    Mit fliegenden Fingern riß ich das Blatt an mich und überflog die Meldung. Über zwanzig Gräber waren geöffnet worden, die Leichen verschwunden. Drei Männer hatte man tot auf dem Gelände des Leichenackers aufgefunden; zwei Figuren der Londoner Unterwelt und den Friedhofswärter. Die Polizei tappte völlig im dunkeln. Nicht allein die Sinnlosigkeit des Verbrechens stellte Scotland Yard vor ein Rätsel, zudem hatte man keinerlei Spuren wie Schaufeln oder Fußabdrücke finden können. Die Bande schien sich geradewegs in Luft aufgelöst zu haben. Und mit ihr die Toten.
    Ich sah zu Howard auf. Ein Hoffnungsschimmer war an meinem Horizont der Verzweiflung aufgetaucht. »Wenn das hier wirklich mit dem Golem und der Prophezeiung zusammenhängt«, fragte ich, »warum greifen sie nicht an? Warum nehmen sie keine Rache, wie es geschrieben steht?«
    Howard zog eine seiner schwarzen Zigarren aus der Westentasche und zündete sie an. Tiefe Falten entstanden auf seiner Stirn, während er nachdenklich einige Züge tat. »Ich kann nur vermuten, daß sie sich erst sammeln«, sagte er schließlich. »Irgendwo außerhalb Londons, wo niemand sie aufspürt. Sie sammeln ihre Armeen, Robert. Erst wenn sie stark genug sind, werden sie gegen London ziehen. Und dann wird sie niemand mehr aufhalten können. Es sei denn...«
    »Was?«
    »Und nur der Tod des Toten kann die Götter besänftigen und die Armeen des Bösen zurückwerfen in die ewige Verdammnis«, zitierte er aus dem Buch. »Wir müssen den Golem vernichten, Robert. Und das schnell, sonst sind wir alle verloren.«
    Ich ballte die Fäuste und starrte auf die lateinischen Lettern. »Wieviel Zeit bleibt uns, Howard? Und wie können wir ihn unschädlich machen?«
    »Zeit?« Seine Stimme klang seltsam abwesend; fast, als hätte er meine Worte gar nicht gehört. Als ich mich umwandte, sah ich, daß er wieder auf das Buch starrte. »Ich weiß es nicht«, fuhr er fort. »Vielleicht bleibt uns nur diese Nacht.«
    »Und wie können wir ihn töten?« wiederholte ich meine zweite Frage. »Gibt es einen Hinweis darauf in dem Buch?«
    Er drückte die noch halbe Zigarre im Ascher aus und ließ sich wieder auf den Stuhl sinken. »Ich habe dir die Passage noch nicht vollständig übersetzt«, sagte er dann mit leiser Stimme. Ich ahnte seine nächsten Worte schon voraus,

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