Der Hexer - NR33 - Wer die Götter erzürnt
es nicht einmal.
Und dann hörte er hinter sich Glas zerplatzen.
Abermals wirbelte er herum.
Die Laterne entglitt seinen Fingern und fiel zu Boden. Petroleum strömte aus, entzündete sich an dem blakenden Docht. In Sekundenschnelle loderten Flammen hoch und tauchten den Saal in flackerndes, tanzendes Licht.
O’Keefe taumelte zurück, den Mund zu einem stummen Schrei geöffnet, doch kein Laut kam über seine Lippen.
Das Glasgehäuse, das den Sarkophag vor allzu neugierigen Besuchern schützte, war zusammengebrochen, zerschmettert von einer sehnigen, mit fleckiger, pergamentener Haut überspannten Hand.
Dürre Finger streckten sich O’Keefe entgegen, und der Mund der Mumie klaffte auf wie zu einem höhnischen Gelächter. Langsam richtete sich der Leichnam auf und fegte die letzten Bruchstücke des Kastens beiseite. In seinen Augenhöhlen flackerte ein unheiliges Feuer, und der schreckliche Blick bannte den alten Nachtwächter mit fast hypnotischer Kraft auf die Stelle.
Mit unbeholfenen, doch ungeheuer kraftvollen Bewegungen stieg die mumifizierte Leiche aus ihrem Grab, in dem sie über drei Jahrtausende geruht hatte, und kam mit schweren, steifen Schritten auf Hank O’Keefe zu.
Und noch immer war der alte Wächter wie versteinert. In seinen weit aufgerissenen Augen flackerte nackte Panik, doch er konnte sich nicht rühren. Reglos stand er da und starrte auf den erwachten Toten, der langsam auf ihn zukam, immer näher und näher, die verkrümmten, dürren Arme nach ihm ausgestreckt. In seinen Ohren rauschte das Blut, und grelle Lichtblitze begannen vor seinen Augen zu tanzen. Er hörte nicht die polternden Schritte, die sich vom Ausgang her näherten, sah nicht, wie William in den Saal stürmte.
»Hank, bist du hier? Was ist denn –«
William Barry verstummte. Er blieb abrupt stehen, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand geprallt, und starrte fassungslos auf die unglaubliche Szene. Seine restlichen Worte wurden zu einem sinnlosen Gestammel.
Der Kopf der Mumie ruckte herum.
Im gleichen Moment fiel der Bann von Hank O’Keefe ab. Er wankte zurück. Ein unmenschlicher Schrei entrang sich seiner Kehle, In seinem Kopf rasten die Gedanken.
»Weg hier, Will!« brüllte er und stolperte auf den Ausgang zu. »Schnell raus hier! Lauf! LAUF!«
Dann war er bei seinem Kollegen und zerrte den fassungslosen Mann einfach mit sich. William stammelte noch immer sinnlose Worte vor sich hin und schien kaum wahrzunehmen, was um ihn herum geschah.
Hinter den beiden Männern zersprang ein zweiter Glaskasten, dann ein dritter. Ein dumpfes, singendes Heulen übertönte den Donner, und tappende Schritte hallten von den Wänden wider.
Williams Blick klärte sich. Er blieb stehen und starrte Hank an. »Der Tag des Jüngsten Gerichtes«, flüsterte er heiser. »Die Toten erwachen!«
»Komm weiter! Verdammt, Will, wir müssen raus hier, oder wir sind verloren!« brüllte O’Keefe und packte den Freund bei den Rockaufschlägen. »Lauf doch, verflucht nochmal. LAUF!«
Sein Blick fiel über Williams Schulter. Unter dem großen Rundbogen zum Ägyptischen Saal waren drei dürre, gebückte Gestalten erschienen. Ihre ausgestreckten Arme deuteten wie anklagend auf die beiden Männer. Aus ihren offenen Mündern wehte das furchtbare Singen heran, dieser dumpfe, an- und abschwellende Ton, der Hank das Blut in den Adern gefrieren ließ.
»Wir sind verloren... alle sind verloren«, stammelte William, und sein Blick ging durch Hank hindurch in unendliche Fernen. »Wir können nicht fliehen, Hank. Wir können nicht –« Seine Stimme schlug um, und ein irres Kichern brach über seine Lippen.
O’Keefe wankte von ihm fort. Blut rann über seine zerbissenen Lippen und tropfte auf die Uniformjacke. Er spürte den Schmerz kaum. Immer weiter wich er zurück, den Blick starr auf die mumifizierten Leichen gerichtet.
Sie kamen heran. Sie erreichten William, der noch immer an derselben Stelle stand....
Hank sah, wie sein Freund plötzlich nach vorn kippte und hart auf das Parkett aufschlug.
Dann hatte er das Hauptportal erreicht.
Seine Finger tasteten in blinder Hast über das schwere, spröde Holz, suchten die Klinke.
Und die Gestalten kamen näher... näher...
Die Haut über den Knöcheln riß auf, als er in Panik gegen die Eichenbohlen schlug. Seine Hände huschten hin und her, suchten –
und er konnte den Blick nicht von den Leichen wenden, die nur noch zehn Yards entfernt waren... neun... acht...
Endlich stießen seine Finger
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