Der Hexer - NR33 - Wer die Götter erzürnt
gab kein Versteck vor dem Licht.
Ich schloß die Augen und versank in Trance, konzentrierte mich auf die Magie, die tief in mir schlummerte. Das Erbe meines Vaters.
Und dann geschah das Unfaßbare.
Staub wallte von der Decke nieder; kleine Steine regneten herab. Ich schreckte aus dem Dämmerzustand, in den ich versunken war, hoch und starrte nach oben.
Die Decke begann einzustürzen!
Dichte Schwaden von Kalk und Mörtel nahmen mir die Sicht, dämpften das grelle Licht des Degens. Ein Knisterndes, reißendes Geräusch drang an mein Bewußtsein. Durch den Nebel hörte ich den Golem aufbrüllen. Erste Bruchstücke lösten sich aus der Decke und krachten zu Boden. Stahlträger brachen mit ohrenbetäubender Gewalt.
Dann versank die Welt um mich herum. Etwas Schweres traf mit schmerzhafter Wucht meinen Nacken und ließ mich nach vorn taumeln.
Der Degen wirbelte davon und erlosch.
Und ich stürzte geradewegs zwischen die niederprasselnden Trümmer...
* * *
Tiefe Dunkelheit herrschte, als ich erwachte; eine Finsternis, die sich wie ein Mantel um meinen Körper und meine Erinnerungen hüllte. Langsam nur klärten sich die Nebel um meinen Geist, und dann –
Der Keller! Die einstürzende Decke! Ich fuhr hoch und tastete um mich. Meine Finger berührten weiche, nachgiebige Substanz, und für ein paar Sekunden war ich ratlos. Was war das?
Dann ertönte ein scharfes, ratschendes Geräusch aus der Dunkelheit, und grelles Licht stach plötzlich in meinen Augen.
Howard strich den schweren Vorhang glatt und wandte sich zu mir um. Helles Sonnenlicht fiel durch das hohe Fenster meines Schlafzimmers in den Raum und blendete mich. Ich wollte die Hand vor die Augen nehmen und sog scharf die Luft ein, als ein wütender Schmerz meinen Arm durchzuckte.
Howard kam mit raschen Schritten heran. »Endlich«, sagte er. Seine Stimme klang besorgt. »Wie geht es dir, mein Junge?«
Langsam und mit schmerzverzerrtem Gesicht ließ ich mich zurücksinken. Ich lag in meinem frischbezogenen Bett im Andara-House am Ashton Place. Weiße Mullbinden bedeckten meinen rechten Arm, und auch auf meiner Stirn konnte ich den leichten Stoff eines Verbandes spüren.
»In Ordnung. Es geht mir gut«, sagte ich vorschnell und wurde sofort Lügen gestraft, als ich meine Beine leicht an den Körper ziehen wollte. Ein glühender Dolch stocherte plötzlich in meinem Rücken herum und ließ mich aufschreien.
»Ganz ruhig, Robert«, sagte Howard schnell und drückte meine Knie wieder auf die Matratze zurück. »Mit dem Bäumeausreißen wird es wohl einige Zeit vorbei sein. Danke Gott, daß du noch lebst.«
»Was... was ist passiert?« fragte ich mit zusammengebissenen Zähnen. Mein ganzer Körper war ein einziger dumpfer Schmerz; ich fühlte mich wie durch einen Fleischwolf gedreht.
Howard zog einen seiner schwarzen Lungentorpedos hervor, steckte ihn sich in den Mundwinkel und griff nach den Streichhölzern. Im letzten Moment hielt er inne, blickte fast schuldbewußt zu mir auf und ließ die Zigarre schnell wieder in seiner Jacke verschwinden. »Wir haben dich unter einem Trümmerhaufen hervorgezogen, Rowlf und ich«, sagte er leise. »Der Keller, in dem du warst, ist vollständig eingestürzt.« Er zögerte unmerklich, bevor er weitersprach. »Wenn du mich fragst – es ist ein Wunder, daß du noch am Leben bist. Du hattest unglaubliches Glück.«
Ich schluckte den Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hatte, herunter. »Bin ich... okay?« fragte ich unsicher, und eine eiskalte Hand strich mir den Rücken herab, als ich an den Schmerz in meinen Beinen dachte. »Ich meine, habe ich...«
Howards Lächeln nahm mir meine Angst. »Alles heil geblieben, Robert. Keine Brüche, keine inneren Verletzungen. Nur ein paar Abschürfungen, einige Prellungen, und eine kleine Platzwunde auf der Stirn. Du bist okay.«
Ich atmete tief durch. Für einen Moment hellte sich meine düstere Stimmung auf. Dann schlich sich ein anderer Gedanke in meine Gedanken und ließ mich zusammenfahren.
»Der Golem, Howard! Ist er –«
»Der Golem?« Howard runzelte die Stirn. »Er war... dort?«
»Natürlich! Ich hatte ihn gestellt, dort unten in diesem Kellerloch. Er muß von den Trümmern verschüttet worden sein!«
Howard schüttelte stumm den Kopf. Auf seiner Stirn waren tiefe Falten entstanden. Er sah mich vorwurfsvoll an.
Ich erriet seine Gedanken. »Ich konnte euch nicht zu Hilfe rufen«, verteidigte ich mich. »Alles ging so unheimlich schnell. Aber ich hatte ihn fast
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