Der Hexer - NR35 - Die seelenlosen Killer
Bewegung beiseite steppte. Dann sauste das Schwert zum dritten Male nieder, und diesmal sah Rowlf schon im Ansatz, daß der Hieb treffen würde. Er war zu schnell und zu präzise, als daß ein Ausweichen noch möglich gewesen wäre.
Aber der Schmerz kam nicht.
Der Templer strauchelte. Einer der Steine, auf denen er stand, gab urplötzlich unter seinem Körpergewicht nach. Der Hieb verfehlte sein Ziel, aber der Mann stolperte, vom Schwung seiner eigenen Bewegung vorwärts gerissen, fiel schwerfällig auf die Knie und brüllte gleich darauf ein zweites Mal und jetzt vor Schmerz, als Rowlf blitzschnell herumfuhr und ihm auf den, Bizeps schlug.
Die Wirkung war genau die, die Rowlf erhofft hatte: selbst ein Schlag wie dieser vermochte den Giganten nicht wirklich zu erschüttern, aber sein rechter Arm war plötzlich gelähmt, und der Hand fehlte die Kraft, das Schwert zu halten.
Noch während der Riese versuchte, seinen Arm zu heben, sprang Rowlf auf ihn zu und versetzte ihm einen Handkantenschlag, der den Giganten haltlos zurücktaumeln ließ.
Direkt in die offenstehende Tür hinein.
Sie fiel zu.
Ganz von selbst und mit solch ungeheurer Wucht, daß sie den Mann wie ein titanischer Faustschlag treffen und kopfüber die Treppe hinunterkatapultieren mußte.
Aber das dumpfe Poltern, auf das Rowlf wartete, kam nicht. Statt dessen erscholl auf der anderen Seite der Tür ein Knirschen und Mahlen, ein fürchterlicher, feuchter Laut, dem eine halbe Sekunde später ein ersticktes Keuchen folgte.
Dann war Stille.
Langsam, die rechte Hand zum Schlag erhoben, näherte sich Rowlf der Tür und streckte die Linke nach dem Schloß aus.
Die Tür schwang wie von Geisterhand auf, noch ehe seine Finger die rostige Klinke berührten.
Und was er sah, ließ ihm das Blut in den Adern erstarren.
Da war keine Treppe mehr. Kein Gang. Keine Fortsetzung des Kellergewölbes. Statt dessen stand er vor einer massiven, mit Moos und schmierigem grauem Schimmel bewachsenen Wand.
Eine Wand, aus der gerade noch eine Hand des Templers geragt hatte – bis sie mit einem saugenden Geräusch im Stein verschwand...
* * *
Sarim de Laurec starrte das Bild an. Er wußte nicht, warum, aber irgend etwas schien ihn magisch daran anzuziehen, etwas, das es ihm unmöglich machte, sich auf andere, viel wichtigere Dinge zu konzentrieren. Er spürte, daß seine Pläne im Scheitern begriffen waren. Jemand – etwas hatte seine eigenen Kräfte genutzt, um seine Geschöpfe zu vernichten. Zudem hatte er den Tod seiner Männer miterlebt, mit den gleichen, ihm selbst unverständlichen Kräften, mit denen er solche Gewalt über sie gehabt hatte.
Und trotzdem schien all dies unwichtig geworden zu sein. Seine ganze Aufmerksamkeit galt diesem Bild.
Es war unmöglich und vollkommen verrückt, aber er war einfach sicher, daß es sich bewegt hatte. Irgend etwas hatte sich geändert, etwas, das er nicht in Worte fassen konnte, aber um so deutlicher spürte. Das Lächeln in Roderick Andaras Augen war... böse.
Ja, das war es, dachte er schaudernd. Das gemalte Gesicht starrte ihn voll bösem Triumph an, und es war eine Sicherheit in diesem Triumph, die ihn abermals erschauern ließ.
Er hob die Hand, wie um das Bild zu berühren – und konnte es nicht. So sehr er sich auch bemühte – es ging nicht. Irgend etwas, das stärker war als sein freier Wille, hinderte ihn nachdrücklich daran, sich dem Gemälde Roderick Andaras weiter als auf einen halben Yard zu nähern.
Roderick Andaras...?
Sarim de Laurec betrachtete das Gemälde genauer.
Das... das war nicht Roderick Andara. Der Mann mit dem scharf geschnittenen Gesicht und der weißen Strähne im Haar war...
Robert Craven!!!
Und dann begann sich das Bild zu bewegen.
Sarim de Laurec schrie.
* * *
Es dauerte lange, bis Rowlf sich von dem schrecklichen Anblick losreißen konnte. Wie war das möglich? Die Mauer hatte den Tempelritter verschlungen, hatte ihn wie ein durstiger Schwamm in sich aufgenommen.
Mit weit ausgestrecktem Arm griff Rowlf nach der Tür, warf sie ins Schloß und fuhr mit einem Ruck herum. Aber das Bild verfolgte ihn noch lange, auch, als er sich endlich aus seiner Starre löste und den Keller über die nach oben führende Treppe verließ.
Er erreichte die Halle, blieb einen Moment stehen und lauschte, aber der einzige Laut, den er überhaupt hörte, war das dumpfe Hämmern seines eigenen Herzens; ein Geräusch, das ihm so laut schien, als müsse man es in jedem Winkel des Hauses hören.
Auf
Weitere Kostenlose Bücher