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Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel

Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel

Titel: Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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Boden saß.
    Er wandte ihr den Rücken zu, so daß sie sein Gesicht nicht sehen konnte. Immerhin konnte sie erkennen, daß es sich nicht um den Unhold mit dem gräßlich verzerrten Gesicht handelte, der sie überfallen und hergeschafft hatte. Der Mann vor ihr war schlank und groß, fast hager, und seine Haltung drückte nichts von der animalischen Wildheit des monströsen Kretins aus.
    Seit sie vor ein paar Minuten aus ihrer Ohnmacht erwacht war, saß er in dieser unnatürlichen steifen Haltung da. Die ganze Zeit über hatte er sich nicht einmal bewegt.
    Wenn er etwas von ihren Befreiungsversuchen merkte, ließ er es sich nicht anmerken. Wahrscheinlich wußte er, daß sie die Fesseln nicht abstreifen konnte, und hielt es deshalb nicht für nötig, auf ihre sinnlosen Versuche zu reagieren.
    Verbissen kämpfte Jennifer gegen den Schmerz an und zerrte mit der Kraft der Verzweiflung weiter an den dünnen Schnüren. Sie wußte nicht, was man von ihr wollte und warum man sie hierher gebracht hatte (wo immer dieses hier auch sein mochte), aber es würde sicherlich nichts Angenehmes sein.
    Irgendwie mußte sie sich befreien. Wenn der Mann sie weiterhin nicht beachtete, konnte sie ihn möglicherweise von hinten überwältigen.
    Ihr war bewußt, wie gering diese Chance war, aber dennoch klammerte sie sich, wie ein Ertrinkender an einen Strohhalm, an die vage Hoffnung, weil es die einzige war, die sie hatte. Zugleich lenkte sie ihre Gedanken damit von dem Wahnsinn ab, der bereits nach ihr griff und sie zu lähmen drohte.
    Immer wieder mußte sie kurze Pausen einlegen, weil der Schmerz übermächtig wurde. Sie fühlte warmes Blut über ihre Hände rinnen und unterdrückte mühsam ein Stöhnen, um den Unbekannten nicht doch noch auf sich aufmerksam zu machen.
    Ein metallisches Scharren ließ sie aufschrecken. Schwere Schritte klangen auf und hallten als bizarre Echos von den Wänden wider. Dann traten zwei Männer und eine Frau in den Lichtkreis der Fackeln. Trotz der Kälte trug die Frau nur ein bodenlanges Nachthemd. Ihr von goldenem Haar umrahmtes Gesicht war schön, aber leblos und maskenhaft wie das einer Puppe. Es zeigte nicht die geringste Gefühlsregung, und der Blick der Unbekannten war starr geradeaus gerichtet, als ob sie schlafwandelte.
    Mit einer geschmeidigen Bewegung richtete sich Jennifers Bewacher auf. Erstmals konnte sie sein aristokratisch geschnittenes Gesicht sehen. Es zeigte einen stolzen, fast arroganten Ausdruck. Die Lippen waren wie zwei schmale, blutleere Striche und bewegten sich auch beim Sprechen kaum. Er machte einen gebildeten Eindruck und bildete damit einen denkbar großen Gegensatz zu den beiden bulligen Begleitern der Frau, deren Muskeln sich ganz offensichtlich auf Kosten ihrer Intelligenz gebildet hatten.
    »Hat es irgendwelche Schwierigkeiten gegeben?« wandte sich der Hagere an die Männer.
    »Wir haben ihm das Zeug gespritzt, Dr. Jackson, alles in Ordnung. Allerdings...«
    Der Mann brach ab, leckte sich mit der Zungenspitze über die Lippen und knetete nervös seine Hände.
    »Allerdings was?« hakte Dr. Jackson nach.
    »Er war nicht allein. Bei ihm war noch eine komisch angezogene Frau. Sie ist mit einem Schwert auf uns losgegangen.«
    »Eine Frau?« Die Unbekannte in dem Nachthemd erwachte schlagartig aus ihrer Trance. Ihr Gesicht verzerrte sich in jähem Haß.
    »Sei ruhig, Priscylla«, fuhr der Hagere sie an, bevor er sich wieder an ihre Begleiter wandte. »Was habt ihr mit ihr gemacht?«
    »Wir haben sie niedergeschlagen und sind abgehauen.«
    »Narren!« rief Dr. Jackson kalt und maß die Männer mit wütenden Blicken. »Ihr hättet sie herbringen sollen. Ich hätte sie für meine Experimente gut gebrauchen können, und außerdem wäre sie ein hervorragendes Druckmittel gegen Craven gewesen.«
    »Schicke die Idioten noch einmal aus, damit sie sie holen«, forderte die Frau, die er mit Priscylla angeredet hatte. »Wenn sie sich beeilen, können sie sie vielleicht noch einholen, bevor sie Andara-House erreicht. Ich will diese Frau hier haben.«
    »Es geht nicht, das weißt du. Ich habe nicht mehr genug von dem Serum.«
    »Dann schicke sie so los, sie werden ja wohl mit einer harmlosen Frau fertig werden. Sie könnte unsere Pläne stören.«
    Dr. Jackson winkte unwirsch ab.
    »Sei nicht närrisch, Priscylla. Alles läuft nach Plan. Das einzige, was uns gefährlich werden kann, ist deine unbegründete Eifersucht. Wenn Craven das Serum bekommen hat, ist die Frau unbedeutend. Viel wichtiger

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