Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Himmel auf Erden

Der Himmel auf Erden

Titel: Der Himmel auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
Verdächtiges.«
    »Ja, ja.« Der Mann wirkte sehr müde. »Ja, ja.« Jetzt hat er die Zeitungen gelesen. Winter sah hinter Bengt Johansson eine auf dem Fußboden liegen, zusammengefaltet oder besser zusammengeknüllt. Die Worte der Presse wiegen schwerer als meine. Es wird deutlicher, wenn man es geschrieben liest.
    »Und jetzt wollte ich Sie noch einmal fragen«, sagte Winter. »Ist Ihnen etwas eingefallen?«
    Offene Fragen. Er spürte, dass er sich in einer ähnlichen Verhörsituation befand wie mit einem Kind. Bengt Johansson war traumatisiert, eine Hölle war über ihn gekommen.
    »Was sollte das sein?«, fragte er.
    »Ob Sie vielleicht einen Fremden mit Micke haben sprechen sehen. Oder jemand, der versucht hat, mit ihm zu sprechen.«
    »Da müssen Sie im Kindergarten nachfragen.«
    »Das haben wir getan.«
    »Und?«
    »Niemand hat jemanden gesehen.«
    »Sonst kümmere ich mich meistens um Micke«, sagte Johansson. »Aber in diesem Fall müssen Sie sich wohl mit Car… Carolin unterhalten. Meiner geschiedenen Frau.« Er warf einen Blick auf das Foto. »Himmel.« Er schlug die Hände vors Gesicht. »Wenn ich das gewusst hätte… wenn ich das nur begriffen hätte… Herr im Himmel…«
    »Was gewusst?«, fragte Winter.
    »Was sie… was sie vorhatte.« Er sah Winter an. Seine Augäpfel waren blutunterlaufen. »Dass sie… sie woll…« Er brach in Tränen aus. Seine Schultern bebten, erst schwach, dann immer stärker.
    Winter erhob sich, ging die wenigen Schritte um den Tisch herum, kniete sich hin und nahm den Mann in den Arm, und es war gut. Er spürte die Bewegungen des Mannes in seinem eigenen Körper, sein Beben, seine Laute dicht neben seinem Gesicht. Er spürte die Tränen des Mannes auf seinen Wangen.
    Das war ein Teil seines Jobs. Für diese Arbeit habe ich mich entschieden. Dies ist einer der besseren Momente. Es ist kein großer Trost, aber eine menschliche Geste.
    Bengt Johanssons Bewegungen wurden ruhiger. Winter hielt ihn weiter im Arm, Untergriff, halber Nelson, zum Teufel, er brauchte keine maskuline Entschuldigung. Der Mann zog die Nase hoch.
    Niemand von ihnen sagte etwas. Winter hörte den Verkehr. Über der Straße hing eine Laterne, sie war defekt und blinkte in unregelmäßigen Abständen durch die offenen Jalousienlamellen des Fensters.
    Johansson befreite sich aus Winters Umarmung. »Ent… Entschuldigung«, sagte er.
    »Für was?« Winter stand auf. »Möchten Sie etwas zu trinken haben?«
    Johansson nickte.
    Winter ging in die Küche, die ans Schlafzimmer grenzte, in dem sie gesessen hatten: Johanssons ein Meter zwanzig breites Bett, Schreibtisch, der PC, das Foto von Micke.
    Winter nahm ein Glas aus dem Abtropfkorb und ließ das Wasser aus dem Hahn laufen, bis es kalt war, füllte das Glas und trug es zu Johansson. Der trank und behielt das Glas in der Hand.
    »Ich glaub, ich ertrage es nicht.«
    »Ich verstehe, dass es eine Hölle ist«, sagte Winter.
    »Wie können Sie das verstehen? Niemand kann das verstehen.« Johansson schüttelte den Kopf. »Wie können Sie das verstehen?«
    Winter strich sich mit der rechten Hand über den Kopf. Das Haar fühlte sich kühl an, ein vertrauter Teil seiner selbst. Er sah Angelas Gesicht, Sekunden, nachdem er sich mit seinen Kollegen in diese schreckliche Wohnung hineingeschlagen hatte. Seine Gedanken in der Zeit, als sie verschwunden war, seine Gedanken über ihre Gedanken, während sie dort war. Nicht zu wissen, was sie gefühlt hatte, was sie gedacht hatte. Das war das Schlimmste von allem gewesen.
    *
    »Ich habe so etwas auch schon einmal erlebt«, sagte er. Halders nahm das Gespräch an, das Möllerström ihm durchstellte.
    »Sie suchen offenbar nach mir«, ertönte Aris Kaites Stimme im Telefonhörer.
    »Sie haben eine verdammt lange Pinkelpause gemacht, Junge«, sagte Halders. »Drei Tage.«
    Kaite murmelte etwas.
    »Können Sie mir sagen, wo Sie sind?«, fragte Halders. »Oder versuchen Sie sich immer noch ein paar Tropfen abzuquetschen?«
    »Ich bin bei… Josefin.«
    Halders hörte eine Stimme im Hintergrund.
    »Josefin Stenv…«
    »Bleiben Sie, wo Sie sind«, sagte Halders. »Ich komme.«
    »Da ist no… noch was anderes«, sagte Kaite.
    »Ja?«
    »Ich habe ein Zeich… Zeichen am Kopf. Ich hab gedacht, das ist nur die Narbe, aber Josefin sagt, es sieht nach einem Zeichen aus.«
    »Warten Sie auf mich, sonst…«, sagte Halders.
    *
    Aneta versuchte ein Kind zu verhören, Bergenhem versuchte ein Kind zu verhören, Winter versuchte den

Weitere Kostenlose Bücher