Der Himmel auf Erden
anderes.
Was ist es?, dachte Ringmar.
»Hat Gustavs Vater Sie auch geschlagen?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen«, sagte Kaite.
»Also eins nach dem anderen«, sagte Ringmar, »als Sie sahen, dass Gustav zu Hause auf dem Hof misshandelt wurde, wurden Sie nicht auch geschlagen?«
»Nein.«
»Sie wurden nie von Gustavs Vater misshandelt?«
»Nein.«
»Aber Gustav wollte nicht, dass Sie es jemandem erzählen?«
»Nein.«
»Warum?«
»Da müssen Sie wohl… ihn fragen.«
»Das werden wir tun«, sagte Ringmar. »Das werden wir wirklich tun.« Er sah Halders an. »Wollen wir anrufen?« Dann sah er wieder Kaite an. »Sie brauchen nicht mit ins Untersuchungsgefängnis, aber wir warten, bis ein Wagen kommt, der Sie zu unserer Ärztin bringt, sie soll einen Blick auf Ihre Wunde werfen.«
Ringmar und Halders fuhren zurück ins Zentrum. Es hatte aufgehört zu regnen, aber es war immer noch genauso dunkel.
»Irgendwas verheimlicht er vor uns«, sagte Halders.
»Natürlich«, sagte Ringmar.
»Du hättest ihn mehr unter Druck setzen sollen.«
»Ich finde, ich hab meine Arbeit gut gemacht«, sagte Ringmar.
»Klar.«
»Morgen bestellen wir ihn aufs Präsidium«, sagte Ringmar. »Bis dahin hat er darüber nachgedacht, was er gesagt hat. Was er in Gang gesetzt hat.«
»Du hast den alten Smedsberg ja in seinem eigenen Mistelement erlebt«, sagte Halders, »was glaubst du?«
»Nichts«, sagte Ringmar. »Ich glaube nichts.«
»Es gibt nichts, was man glauben könnte«, sagte Halders.
»War das ein philosophischer Kommentar?«, fragte Ringmar.
»Nein«, sagte Halders. »Es geht um diesen Fall. Man weiß nicht, was man glauben soll.«
Ringmar holte wieder einen Zettel hervor, las etwas, steckte ihn wieder zurück.
»Nach einem Punkt hast du nicht gefragt«, sagte Halders.
»Das hast du also gemerkt?«
»Beleidige mich nicht.«
»War bloß ein Scherz, Fredrik.«
»Warum hast du das zurückgehalten?«
»Ich hab doch gesagt, er soll erst ein bisschen darüber nachdenken, was er schon gesagt hat.«
Halders dachte an die anderen jungen Männer. Wenn ein Zusammenhang bestand, dann wäre jetzt die Gelegenheit gewesen, Kaite danach zu fragen, in einem Moment, in dem er verletzlich wirkte. Aber Bertil hatte gewartet. Er hatte nicht danach gefragt. Er hatte das Mädchen, Josefin, nicht unter Druck gesetzt. Im Augenblick hatte er noch nicht weitergehen wollen. Dafür gab es vor allen Dingen einen Grund: »Unser schwarzer Arier lügt, wie eine Kuh scheißt«, sagte Halders.
Ringmar nickte gedankenverloren.
»Glaubst du, er fühlt sich erleichtert?«, fragte Halders.
»Pah!« Jetzt war Ringmar wieder wach.
Halders fuhr die Per Dubbsgatan hinunter. Das Sahlgrensche Krankenhaus schimmerte, zehntausend Fenster mit Adventslichtern auf einer rotschwarzen Mauer.
»Was?«, fragte Halders. »Was meinst du?«
»Als ich ihn fragte, ob Gustav Smedsberg ihn bedroht hat, da wirkte er überhaupt nicht mehr erleichtert«, sagte Ringmar.
»Vielleicht war es in ihm drin, und es musste raus«, sagte Halders. »Vielleicht stimmt es. Oder wenigstens zum Teil. Oder es ist nur teilweise eine Lüge.«
»Vielleicht ist er gar nicht von Gustav bedroht worden«, sagte Ringmar.
»Sondern von dem alten Smedsberg?«
»Er zeigte eine Art Erleichterung, aber auch noch etwas anderes«, sagte Ringmar. »Da war noch was anderes.«
»Vielleicht musste er pinkeln«, sagte Halders, und Ringmar lachte laut.
»War das so witzig?«
»Ich hab's gebraucht«, sagte Ringmar. Er lachte wieder auf.
»Dann solltest du einen Abstecher aufs platte Land machen«, sagte Halders.
»Wenn einer reicht«, sagte Ringmar.
»Jetzt werden wir das hier knacken«, sagte Halders, »das haben wir schnell, und dann haben wir was anderes, worüber wir uns den Kopf zerbrechen müssen.«
»Wir müssen über beides gleichzeitig nachdenken«, sagte Ringmar.
»Den jungen Herrn Smedsberg schnappen wir sofort«, sagte Halders. »Den Bauerntölpel.«
»Klingt wie schwarzer Peter«, sagte Ringmar.
»Das ist kein Kartenspiel, wie Winter auf der Pressekonferenz gesagt hat.«
»Ja, und selbst das haben sie in ihre Artikel aufgenommen«, sagte Ringmar.
»Da kann man mal sehen, wie wenig denen einfällt«, sagte Halders.
»Oder sie haben zu wenig Information von uns gekriegt«, sagte Ringmar.
»Niemals.« Halders fuhr auf die Kreuzung zu.
»Kannst du einen kleinen Schlenker zu mir nach Hause machen, Fredrik?«
»Äh… klar.«
»Hier links.« Sie fuhren von der
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