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Der Himmel auf Erden

Der Himmel auf Erden

Titel: Der Himmel auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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er.
    »Ja.«
    »Passt zum Licht.«
    »Bobo Stenson Trio. War Orphans«, sagte Winter.
    »Kriegsopfer.«
    »Nein, eher die Waisen des Krieges.«
    »Kriegsopfer klingt besser.«
    »Wenn du meinst.« Ringmar setzte sich auf den Stuhl vorm Schreibtisch.
    Winter machte die Lampe auf dem Tisch an, und das Licht verbreitete einen kreisrunden Schein zwischen ihnen. So hatten sie schon viele Male gesessen und sich in der Diskussion langsam der Lösung eines Rätsels genähert. Winter wusste, dass er ohne Ringmar nicht so weit gekommen wäre, wie er gekommen war. Er hoffte, dass für den älteren Kollegen dasselbe galt. Nein, er wusste es. Trotzdem gab es natürlich Dinge, die er nicht wusste von Bertil. Einzelheiten seines Lebens.
    Aber jetzt wollte er mehr über den älteren Mann wissen, der ihm gegenübersaß. Wenn er selbst mehr erzählen wollte. Vielleicht hing das mit Winters eigenem Leben zusammen, seiner… Entwicklung. Er war reifer geworden, hatte sich von einem einsamen jungen Mann mit viel Macht zu einem Menschen entwickelt, der auch andere mit einbezog.
    Bertil war der Kitt dieser Dienststelle. Er wusste es. Alle wussten es. Winter war… ja, was war er? Der Schlagbohrer im Putz? War er der Putz?
    Wie dem auch sei, jedenfalls brauchten sie einander, brauchten ihre Gespräche. Den Jargon, der nie nur Jargon war.
    Ringmars Gesicht wirkte magerer denn je. Um seine Augen war ein Schatten.
    »Warum zum Teufel lügen alle ständig?«, sagte er.
    »Das gehört zum Job«, sagte Winter.
    »Das Lügen?«
    »Sich die Lügen anzuhören.«
    »Zum Beispiel diese Jungs. Der Fall fängt an verzwickt zu werden.«
    »Es ist vor allen Dingen für die Jungs verzwickt.«
    »Aber langsam auch für uns«, sagte Ringmar.
    »Wir werden ihn aufklären. Das ist unser Job. Sie können nichts aufklären.«
    Ringmar nickte und schwieg.
    »Du bist natürlich nicht hergekommen, um mir das zu erzählen, Bertil, oder?«
    Ringmar antwortete nicht.
    »Wenn ich ehrlich sein soll, du siehst nicht gut aus«, sagte Winter.
    Ringmar fuhr sich über Stirn und Gesicht, als ob er Müdigkeit und Schatten wegwischen wollte. Es sah aus, als würde er den Kopf zum Jazz aus dem Panasonic bewegen, ohne sich dessen bewusst zu sein.
    »Hast du Fieber?«, fragte Winter.
    »Das nicht.«
    Winter wartete, dass Ringmar weiter sprach. Die Musik verstummte, die CD war zu Ende. Draußen war es jetzt dunkler. Er sah die Autoscheinwerfer deutlicher, die Geräusche von draußen waren auch klarer. Ein paar Regentropfen fielen gegen die Fensterscheibe. Bald könnte es Schnee sein. Für Göteborger war Schnee ein seltenes Geschenk. Für die Schneeräumer eine Überraschung, denn jedes zweite Jahr gab es ein einziges Chaos. Winter hatte gerade diese Art von Chaos immer gemocht. Dann ging er mitten im Schneesturm über Heden zu Fuß nach Hause und trank einen heißen Grog am Fenster.
    »Es geht natürlich um Martin«, sagte Ringmar.
    Winter wartete.
    »Ich weiß nicht, wie ich es formulieren soll«, sagte Ringmar.
    »Sag's einfach.«
    »Es… geht um… Väter und Söhne«, sagte Ringmar.
    »Väter und Söhne«, wiederholte Winter.
    »Ja… ich versuche herauszufinden, was zum Teufel der Junge eigentlich denkt«, sagte Ringmar. »Wie es so hat kommen können. Was dazu geführt hat.« Er fuhr sich wieder über die Stirn. »Was habe ich getan? Und er. Nein, vor allen Dingen ich.«
    Winter wartete, holte sein Corpspäckchen hervor, nahm sich aber keinen Zigarillo. Er schaute auf, und Ringmar sah ihm in die Augen.
    »Deswegen hab ich an dich gedacht«, sagte Ringmar. »Daran, wie du… was du mit deinem Vater erlebt hast. Wie es gekommen ist, warum ihr… du… keinen Kontakt hattet.«

15
    Winter zündete sich einen Zigarillo an und nahm einen tiefen Zug. Der Rauch schwebte durch den Lichtkreis der Schreibtischlampe.
    »Da stellst du eine komplizierte Frage, Bertil.«
    »Du hast ja gesehen, wie schwer es mir fällt.«
    Winter nahm wieder einen Zug. Er sah sich selbst am Berghang überm Mittelmeer, als sein Vater neben einer schneeweißen Kirche beigesetzt wurde. Sierra Bianca. Zu spät, um Kontakt aufzunehmen.
    »Er ist mit seinem Geld abgehauen«, sagte Winter.
    »Ich weiß.«
    »Das hat mir nicht gepasst.«
    »War das alles?«
    Winter antwortete nicht, rauchte wieder, stand auf, ging zum Fenster und öffnete es. Es hatte aufgehört zu regnen. Er strich die Asche ab, nachdem er sich überzeugt hatte, dass unten auf dem Rasen niemand herumlief. Dann drehte er sich um.
    »Ich weiß

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