Der Himmel auf Erden
sein. »Wusstest du das?«
»Nein, aber man kann es ja erraten.«
»Das hast du doch nicht geraten?«
»Mach weiter«, sagte Winter.
»Ja, also, man kann dieses Brandeisen in Kohlensäureschnee abkühlen, oder besser gesagt in flüssigem Stickstoff, und dann die Tiere damit kennzeichnen.«
»Und so macht man das auch heute?«, fragte Ringmar.
»Offenbar. Wird meistens bei Trabrennpferden benutzt, ganz einfach eine Identifikations-Kennzeichnung. Die Frau im Amt hat gesagt, dass man auch Rinder so kennzeichnet.«
Ringmar nickte.
Bergenhem warf ihm einen säuerlichen Blick zu.
»Das hast du schon gewusst, Bertil?«
»Die Bauern geben sich nicht mit den Marken an den Ohren zufrieden«, sagte Ringmar. »Wenn sie die Kühe in großen Gruppen melken, können sie das Zeichen da oben im Ohr nicht erkennen, während sie da unten mit den Eutern beschäftigt sind.«
»Himmel, wo bin ich gelandet?«, seufzte Bergenhem. »Ist dies das Direktionszimmer vom Bauernverband?«
»Die neuen EU-Gesetze sind einfach bescheuert«, sagte Winter.
»Warum ist es verboten, mit einem heißen Eisen zu kennzeichnen?«, fragte Ringmar und sah wieder ernst aus.
»Tja, wahrscheinlich aus humanitären Gründen, wenn man den Ausdruck Humanität in Verbindung mit Tieren benutzen kann. Jedenfalls sind die Tierschutzgesetze 1999 geändert worden, und da wurde es erlaubt, mit Kohlensäureschnee zu kennzeichnen, aber es steht nichts über glühende Eisen darin, und das bedeutet, dass es verboten ist.«
»Aber man kann immer noch dieselben alten Eisen benutzen?«, fragte Winter.
»Ja. Ich habe extra nachgefragt.«
»Okay. Und sonst noch was?«
»Das Interessanteste ist das Zeichen selbst«, antwortete Bergenhem. »Sie benutzen eine Zahlenkombination.« Jetzt las er in seinem Notizblock. »Häufig sind es drei Zahlen. Aber es können auch mehr sein.«
»Was bedeuten die Zahlen?«, fragte Ringmar.
»Eine Produktionseinheitsnummer«, sagte Bergenhem, »die nur dem entsprechenden Hof zugeordnet ist.«
Ringmar pfiff durch die Zähne.
»Gilt das für alle Bauernhöfe des Landes?«, fragte Winter.
»Für alle Höfe, die Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine halten.«
»Und die das nicht tun?«, fragte Winter.
»Wie meinst du das?«
»Die Höfe, die keine Tiere mehr haben? Das kommt ja vor. Sind die immer noch registriert? Oder wird denen die Nummer entzogen?«
»Das weiß ich noch nicht. Den Verantwortlichen in der Abteilung hab ich noch nicht erreicht.«
»Dann tragen diese Jungs vielleicht tatsächlich eine Zahlenkombination unter dem Schorf ihrer verheilenden Wunden herum«, sagte Ringmar. »Wie eine Tätowierung.«
»Kann man den Heilungsprozess nicht beschleunigen?«, fragte Bergenhem.
»Ich werde mit Pia reden«, sagte Winter.
»Und dann wäre der Fall gelöst«, sagte Ringmar.
Bergenhem sah ihn an. »Meinst du das ernst, Bertil?«
»Klar.«
»Vielleicht haben wir es mit einem Täter zu tun, der seine Waffe vor der Tat in Kohlensäureschnee getaucht hat«, sagte Winter.
»Und wo soll er das getan haben?«, fragte Ringmar.
»Er könnte den Schnee ja in einer Thermoskanne mit sich herumtragen«, sagte Winter, »zum Beispiel.«
»Bleiben hinterher Spuren?«, fragte Bergenhem.
»Nicht die geringste Chance«, antwortete Winter.
»Das kann ich mir nicht vorstellen. Wer könnte übrigens noch mehr über so was wissen? Tiere, Kohlensäureschnee und Ähnliches?«
Er sah Ringmar an.
»Inseminateure«, sagte Ringmar. »Die bewahren die Spermien tiefgekühlt auf.«
Winter nickte.
Diese Jungs sind in der falschen Branche, dachte Bergenhem.
*
Die Kinder schliefen. Halders und Aneta Djanali saßen auf dem Sofa, und Halders hörte Musik. All that you can't leave behind. Alles, was du nicht hinter dir lassen kannst.
Er kriegte einen Flash vor lauter schwarzen Erinnerungen. Ob Aneta zuhörte, wusste er nicht. Sie studierte die Glastür zur Veranda, die vom Regen gepeitscht wurde. It's a beautiful day, sang Bono. Er war kaum zu hören, so laut prasselte der Regen jetzt herunter. Vielleicht stellt sich ein Irländer so einen schönen Tag vor, dachte Halders. Oder ein Göteborger.
Er spürte Anetas Hand an seinem Hals. »Soll ich dich jetzt massieren?« Er neigte den Kopf etwas nach vorn, sie stand auf, stellte sich hinter ihn und begann, seine angeschlagenen Wirbel zu massieren. Er spürte, wie er sich entspannte. Stuck in a moment you can't get out of, sang Bono. So war es. Im Augenblick war es gut.
Seine Frau war von einem
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