Der Himmel über Garmisch (German Edition)
meldete.
»Rachmann«, meldete sich der Anrufer, »Landesamt für Verfassungsschutz. Tut mir leid, Sie am Sonntag stören zu müssen, Herr Schwemmer, aber es scheint mir dringend.«
»Passt schon. Wo brennt’s denn?«
»Mich hat grad einer unserer V-Mann-Führer angerufen. Das ist selten genug an einem Wochenende. Eine seiner Quellen hat ihm gesagt, dass es in diesem NSL -Verlag einen Vorfall gegeben habe. Bei dem Namen hat es bei mir geklingelt, und ich dachte, ich rufe Sie an, bevor ich die örtliche Polizei alarmiere.«
»Was verstehen Sie unter Vorfall?«
»Die Quelle hat sich nur vage geäußert, aber sie vermutet, dass es Tote gegeben hat.«
»Verstehe.« Schwemmer stand auf. »Kann ich Sie unter dieser Nummer erreichen?«
»Nein, Herr Schwemmer. Ich habe Sie informiert, damit bin ich aus dem Spiel. Sie können gerne offizielle Anfragen stellen, aber nicht an mich privat.«
»Gut. Ich habe verstanden.« Schwemmer beendete das Gespräch und rief Schafmann an. Der klang nicht erfreut, als er sich meldete.
»Es gibt Arbeit«, sagte Schwemmer.
***
Es war noch früher Abend, der Club hatte gerade erst geöffnet. Ein paar einzelne Männer saßen an der Bar, die Mädchen an der Stange hatten ihre Arbeit noch nicht aufgenommen. Trevor stand hinter der Bar und sah ihm mit spöttisch hochgezogenen Brauen entgegen. Hardy ging zum Durchgang am Ende des Tresens und winkte ihn mit einer kleinen Geste zu sich.
»Was gibt es denn diesmal?«, fragte Trevor und zeigte ihm seinen Goldzahn. »Willst du wieder Fragen stellen, die du selber am besten beantworten kannst?«
»Was soll das denn heißen?«
»Na, das war doch euer eigener Mann, den sie da erschossen haben. Und mich fragst du, was ich darüber weiß.«
»Das war nicht unser Mann. Ein Kumpel von Reagan, das ist alles.«
»Dann will ich mal für euch hoffen, dass da alle so feine Unterschiede machen.«
»Wen meinst du?«
»Die Russen und die Bullen natürlich.« Trevor lachte mit seinem dröhnenden Bass. »Ich bin froh, dass ich da nicht mit drinstecke. Für mich riecht das nach einer Menge Ärger.«
Hardy versicherte sich, dass der nächste besetzte Hocker weit genug entfernt stand, dann näherte er sich Trevors Ohr.
»Hast du eine saubere 1911er für mich?«, fragte er.
Trevor sah sich ebenfalls um, bevor er antwortete. »Colt. Verchromt. Neuware«, sagte er kaum hörbar.
»Verchromt?«
»Ich kann dir besorgen, was du willst. Dauert aber. Der Colt ist auf Lager.«
»Na ja. Wann kann ich ihn kriegen?«
»Morgen Vormittag. Hier.«
Hardy nickte.
»Es gibt also wirklich Ärger«, sagte Trevor.
Hardy antwortete nicht. Er drehte sich um und ging hinaus in die einbrechende Dunkelheit.
***
Schafmann stellte seinen Wagen hinter den beiden Streifenwagen ab, die mit rotierendem Blaulicht vor dem Tor des Bruggerhofes standen. Das Tor stand offen, einer der Polizisten wartete an der Haustür auf sie.
»Was genau ist los?«, fragte Schafmann.
»Kein Mensch im Haus, aber Blutspuren, jede Menge.«
»Wo sind Ihre Kollegen?«
»Die durchsuchen die Umgebung und die Scheune. Scheint aber niemand da zu sein.«
Schwemmer ging ins Haus, Schafmann folgte ihm. Ein Damenhausschuh lag neben einer Tür, hinter der ein Schlafzimmer zu erkennen war. Schwemmer drückte auf den Lichtschalter. Auf dem Boden hinter der Tür war eine große Blutlache, durchzogen von Schleifspuren, die sich in Richtung Haustür fortsetzten. Schwemmer betrat das Zimmer.
Eine Hälfte des Doppelbettes war unberührt, die andere aufgedeckt und zerknittert. Auf dem Nachttisch lag ein Roman von Inga Lindström, darauf eine Lesebrille. Die Tapeten trugen ein grünlich verblasstes Blumenmuster. Über dem Bett hingen ein kitschiges Marienbild und ein Kruzifix – vermutlich das Zimmer der Bruggerbäuerin. Schwemmer ging zurück in die Diele. Die Deckenlampe verbreitete nur schummriges Licht. Schafmann begutachtete im Licht seiner Stablampe die blutigen Schleifspuren auf der Stiege. Auch an der Wand waren dunkelrote Flecken, darunter der Abdruck einiger Finger.
»Die trugen Handschuhe«, sagte Schafmann.
Vorsichtig stiegen sie hoch in den ersten Stock. Schwemmer deutete auf einen Gegenstand, der rechts der Treppe auf dem Boden des Ganges lag. Schafmann richtete den Strahl seiner Lampe darauf. Es war ein großkalibriger Revolver. Schwemmer tippte auf einen .44er. Auch hier Blutspuren auf Boden und Wand.
Schafmann ließ den Strahl seiner Lampe den Flur entlanggleiten. Sie näherten sich dem
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