Der Himmel über Garmisch (German Edition)
Schwemmer ihnen, nicht auf ihn zu warten.
»Du hast nichts zu tun mit dem Fall, Balthasar«, sagte Schafmann. »Und du kennst den Mann gar nicht.«
»Ich will mich ja auch nicht einmischen –«
»Aber genau das tust du gerade.«
»Ich kenn ihn nicht persönlich, aber die Zettel wird ihm gegenüber mal meinen Namen erwähnt haben. Vielleicht kann ich ihn ja beruhigen.«
Schafmann zögerte. »Ich kann das nicht machen, Balthasar«, sagte er dann. »Hessmann reißt mich in Stücke.«
»Und du reißt Karin Zettel in Stücke«, sagte Schwemmer.
»Das ist nicht fair, Balthasar.«
»Da hast du recht, Werner. Es ist nicht fair.«
Schwemmer steckte das Handy in die Tasche und ging zurück in die Wache.
***
Es war Burgl, die auf Schwemmers Klingeln hin Zettels Tür öffnete.
»Wie geht es ihr?«, fragte er, als er ihr die schmale Treppe hinauf folgte.
»Ich hab ihr Valium gegeben. Sonst hätte sie angefangen zu trinken.«
»Schläft sie?«
»Nein. Nur ziemlich sediert ist sie.«
Sie betraten die Wohnung, die noch kleiner war, als Schwemmer sie sich vorgestellt hatte. Es musste wirklich schwierig sein, sich hier in einem Rollstuhl zu bewegen. Zettel saß in der Küche und sah Schwemmer entgegen mit dem Ausdruck eines geprügelten Hundes.
»Haben Sie mit ihm gesprochen?«, fragte sie leise.
»Ja. Ich hab dafür gesorgt, dass er seine Medikamente bekommt. Mehr konnte ich nicht tun. Eigentlich wollten sie mich gar nicht zu ihm lassen.«
»Wieso denn das nicht?«, fragte Burgl.
»Ich hab da schlicht nichts mehr zu melden. Und mit dem Fall hab ich schon gar nichts zu tun. Ich hab behauptet, ihn nach einem von Grellmayers Zeugen befragen zu wollen, weil der in dem anderen Fall aufgetaucht ist. Aber das wird Hessmann mir nicht abkaufen.«
»Warum nicht?«, fragte Burgl. »Woher sollte er überhaupt wissen, was du mit ihm besprichst?«
»Die Ausnüchterungszelle wird akustisch überwacht«, sagte Zettel müde. »Oben in der Wache hören die alles mit.«
»Dient der Sicherheit der Insassen«, fügte Schwemmer hinzu.
»Was habt ihr denn geredet?«, fragte Burgl.
»Nicht viel. Ich musste mich ja erst mal bekannt machen. Aber er hat mir nicht getraut. Ich bin für ihn halt nur ein anderer Bulle. Gesagt hat er fast nichts. Ich hab ihm geraten, so wenig wie möglich zu sagen. Besonders über Grellmayer. Haben Sie einen Anwalt?«, fragte er an Zettel gewandt.
»Den haben wir schon angerufen«, sagte Burgl. »Der ist unterwegs und kann frühestens heute Abend hier sein. Er wollte telefonisch etwas versuchen, aber er hat wenig Hoffnung.«
»Wenn sie ihn in die Psychiatrie bringen … was mach ich denn dann?« Zettel begann zu schluchzen.
»Das erste Gutachten wird der Ferdi Schurig schreiben«, sagte Schwemmer. »Vielleicht kannst du mit ihm reden, Burgl?«
Sie schüttelte den Kopf. »Das würde er sich genauso verbitten wie ich, wenn er das versuchen würde. Außerdem würde er sagen, ich sei befangen – und er hätte recht.«
»Der Anwalt muss ihm klarmachen, dass er Grellmayer nicht weiter beschuldigen darf«, sagte Schwemmer. »Ich fürchte nur, dass es dafür schon zu spät ist. Das wird mit Sicherheit im Protokoll stehen, dass er das getan hat.«
»Hat er ja auch«, sagte Zettel. »Immer wieder. Schließlich hat er ja auch recht.«
»Da ist wieder die Geschichte mit dem Haben und dem Bekommen«, sagte Burgl. »Was hat der Grellmayer eigentlich gewollt, an euerm Tisch?«
Zettel stieß ein höhnisches Lachen aus. »Sich lustig machen wollte er. Der kam von der Straße her auf uns zu, kaum dass er uns da entdeckt hatte. Das Grinsen hätten Sie sehen sollen. Dieses Schwein. Da sagt der glatt, er fänd’s gut, dass der Théo nicht mehr rumläuft und Lügen verbreitet. Dass er nicht mehr rumläuft !« Sie atmete zitternd vor Wut. »Ich hab noch versucht, ihn zurückzuhalten, aber Théo hat ihn weggeschubst. Und dann ging alles ganz schnell …«
»Hat er wirklich mit einem Messer zugestochen?«, fragte Schwemmer.
»Wo soll er das denn hergenommen haben? Die Gabel vom Tisch hat er genommen, und es war Notwehr!«
»Aber er hat angefangen zu schubsen«, sagte Burgl leise.
»Ja. Aber was heißt das schon?«
»Hat jemand gehört, was der Grellmayer gesagt hat?«, fragte Schwemmer.
»Nein. Da saßen nur ein paar Chinesen. Die haben überhaupt nicht verstanden, was los ist.«
Das Handy in Schwemmers Jacke läutete. Er sah etwas irritiert auf das Display.
»Wer ist das denn?«, murmelte er, bevor er sich
Weitere Kostenlose Bücher