Der Himmel über Garmisch (German Edition)
wenig beeindruckt von dem, was sie gesagt hatte.
»Damit Klarheit zwischen uns herrscht«, fuhr sie fort, »ich habe erfahren, dass sich ein ehemaliger Klient aus Ingolstadt in Garmisch aufhält. Ich nehme an, dass er mich Ihnen empfohlen hat. Dieser Klient arbeitet für einen Carlo Unterwexler, und ich nehme an, dass Sie das sind. Wir können die Herr-Müller-Geschichte also lassen.«
Unterwexler nickte. »Sie erinnern sich an Hardy?«
»Ich erinnere mich an jeden Klienten.«
»Ich nehme an, Ihr Mann hat Sie auf Hardy aufmerksam gemacht.«
»Ja. Und ich bezweifle, dass das unserer gemeinsamen Arbeit hier zuträglich ist.«
»Was haben Sie ihm denn erzählt?«
»Nichts, selbstverständlich. Und ich werde auch weiterhin nichts erzählen, weder ihm noch sonst jemandem. Aber er reimt sich zusammen, dass ich Sie behandele. Das ist, erstens, für mich kein gutes Gefühl, und zweitens wird es das für Sie auch nicht sein.«
»Wie wird Ihr Mann mit dem umgehen, was er sich zusammenreimt?«
»Sie meinen, ob er es weiterträgt?«
»Ja.«
»Ich verlasse mich seit über dreißig Jahren auf meinen Mann. Und ich bin noch nie enttäuscht worden.«
»Würde es Sie enttäuschen, wenn er es weitererzählt?«
»Sehr sogar.«
Unterwexler sah nachdenklich aus dem Fenster. »Ich glaube, ich kann damit leben«, sagte er dann. »Und es ist wichtig für mich, dass das hier weitergeht.«
»Es geht aber nicht nur darum, was für Sie wichtig ist. Diese Gespräche basieren auf gegenseitigem Vertrauen. Ihre Arbeit, oder sagen wir, Ihr Gelderwerb ist ein wesentlicher Teil Ihres Lebens. Den können wir nicht einfach außen vor lassen. Aber ich glaube nicht, dass ich davon hören möchte.«
»Hardy Lepper haben Sie auch zugehört«, sagte Unterwexler.
»Das war eine völlig andere Situation. Er saß im Gefängnis.«
»Also muss ich erst einfahren, damit Sie mir helfen?«
Burgl schüttelte ärgerlich den Kopf. »Nein, natürlich nicht.«
»Was hat Ihr Mann Ihnen denn über mich erzählt?«
»Ich weiß, dass es eine Hausdurchsuchung bei Ihnen gegeben hat. Und dass nichts dabei rumgekommen ist. Aber ich werde Ihnen genauso wenig von meinem Mann erzählen wie meinem Mann von Ihnen. Es gibt Dinge, die ich Ihnen verschweigen muss. Vielleicht muss ich Sie sogar anlügen.«
»Verstehe«, sagte Unterwexler. »Ich bin für Sie ein unangenehmer Patient.«
»Das kann man so sagen.«
Er zog seine Brieftasche aus dem Jackett, nahm drei Zweihunderter heraus und reichte sie ihr. »Zum Ausgleich.«
»Das löst das Problem nicht«, sagte Burgl.
»Am Ende löst das alle Probleme«, sagte Unterwexler.
»Und warum sitzen Sie dann hier?«
»Damit Sie mir helfen, ein Problem zu lösen. Und Sie helfen mir, weil ich Ihnen dies gebe.« Noch immer hielt er ihr die Scheine hin. »Nun nehmen Sie schon.«
»Es hat Ihre Frau nicht gerettet.«
Er ließ die Hand mit dem Geld in den Schoß sinken.
»Touché«, sagte er.
»Und trotzdem glauben Sie, es würde Sie retten.«
»Allein dafür schon müssen Sie es nehmen«, sagte er und hielt ihr das Geld erneut hin.
Burgl zögerte noch ein paar Sekunden, aber schließlich griff sie danach.
»Es löst wohl wirklich nicht alles«, sagte er. »Aber was Besseres habe ich bis jetzt nicht gefunden.«
***
Ula saß am Küchentisch und frühstückte, als Hardy aus dem Keller vom Training kam.
»Hast du gesehen?«, fragte sie mit vollem Mund und hielt ihm das Tagblatt hin.
»Schießerei in Garmischer Bauernhof« lautete die Schlagzeile.
»Ja«, sagte er. »Hab ich gelesen.«
»Wer war das?«
»Woher soll ich das wissen?«
»›Eine Verbindung zu dem Mord in einem Drogenlabor vorige Woche will die Polizei nicht ausschließen‹«, las sie vor. »Vielleicht waren das dieselben Leute, die Claude umgelegt haben.«
»Möglich.«
»Oder es hat ihn jemand gerächt. Reagan vielleicht«, sagte sie ernst.
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, sagte Hardy.
»Wieso nicht?« Sie sah ihn forschend an. »Weißt du etwas, was ich nicht weiß?«
Er nahm eine Flasche Orangensaft aus dem Kühlschrank. »Ich weiß eine ganze Menge, was du nicht weißt.«
»Ich meine es ernst«, sagte sie. »Irgendwie haben wir mit der Sache doch zu tun, oder?«
»Irgendwie hat alles mit allem zu tun.« Er nahm ein Glas aus dem Schrank und schenkte sich Saft ein. »Es war Reagans Labor. Und wenn es da eine Verbindung gibt: Ja, dann haben wir damit zu tun.«
Schweigend sah sie zu, wie er das Glas leer trank. »Du sagst mir nicht die
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