Der Hinterhalt
Wirtschaftsteil einer Tageszeitung. Der große Australier befand sich im Leibwächterzimmer und spulte sein Trainingsprogramm ab: Liegestütze, Sit-ups und zuletzt Beugestütze. Mein Timing war perfekt. Ich hatte ein paar Minuten Zeit, um auf die Vorderseite des Hauses zu gelangen, bevor die Hausangestellte eintraf. Ein oder zwei Minuten lang machte ich Dehnübungen, da ich wusste, dass ich für den größten Teil des restlichen Tages völlig stillhalten musste, manchmal in verkrampften, merkwürdigen Positionen. Nachdem ich mit meinen Dehnübungen fertig war, machte ich mich auf den Weg zur Vorderseite des Hauses und versteckte mich hinter einem Busch in der Nähe des Tores. Dort wartete ich etwa fünf Minuten, bis die Hausangestellte eintraf.
Die Hausangestellte kam wie immer mit ihrem kleinen silberfarbenen Auto. Sie hatte eine Fernbedienung im Wagen, mit der sich das Tor öffnen ließ. Diese betätigte sie und bog in die Zufahrt ein, die einen kleinen Hügel hinauf zum Haus und dort um einen großen Brunnen herum führte. In der Mitte des Brunnens stand ein Engel, der die Flügel ausgebreitet hatte, als wollte er sich jeden Moment in die Lüfte erheben. Einen seiner Arme hob er in den Himmel, und in der anderen Hand hielt er ein großes Zepter, das zum Tor zeigte. Aus dem Zepter schoss ein Wasserstrahl, als handelte es sich dabei um eine Waffe.
Als das Auto der Hausangestellten in die Zufahrt einbog, wurde es sofort von den Kameras fokussiert. Sie folgten dem Wagen den Hügel hinauf in Richtung Haus. Ich wartete, bis die Kameras möglichst weit vom Tor und von mir wegschwenkten. Dann schlüpfte ich durch das Tor hindurch, ehe es wieder zugehen und ins Schloss fallen konnte. Nachdem ich mich auf dem Grundstück befand, blieben mir nur ein paar Sekunden, um zu meinem ersten Versteck zu gelangen. Wie so oft in meinem Leben, achtete ich ausschließlich darauf, unsichtbar zu sein. Ich duckte mich schnell hinter einige Büsche, die unmittelbar hinter dem Tor standen. Sie waren dort gepflanzt worden, um den Antrieb des Tores zu verbergen. Ich trug meinen Rucksack in den Händen, kauerte mich rasch hin und presste den Rücken gegen den Elektromotor, dessen Surren ich auch dann noch spürte, als das Tor bereits vollständig geschlossen war. Ich hörte, wie es mit einem Klicken im Schloss einrastete, und spürte die Wärme des Motors am Rücken. Diese Wärme war ebenso wichtig wie das Blattwerk der Büsche. Die Büsche verbargen mich vor den Leuten im Haus. Die Wärme verbarg mich vor den Kameras, die darauf programmiert waren, Temperaturveränderungen an bestimmten Stellen nicht zu registrieren. Der Torantrieb war eine davon, die unmittelbare Umgebung des Hauses eine andere. Die Kameras waren so programmiert, damit sie sich nicht jedes Mal, wenn sich das Tor öffnete oder schloss, auf den Antrieb richteten. Solange ich keine plötzlichen Bewegungen machte, war ich hier vor den Kameras sicher, mit allen meinen siebenunddreißig Grad. Die erste Etappe von Phase eins meines Plans war erfolgreich. Ich befand mich innerhalb des Tores. Ich saß da, verlangsamte bewusst meine Atmung, da ich in dieser Position eine Weile würde ausharren müssen, und bereitete mich auf die zweite Etappe vor.
Ich wusste, dass das Dienstmädchen im Haus gerade das Frühstück für meine Zielperson und den großen Australier zubereitete. In ungefähr einer Stunde würde der amerikanische Bodyguard auftauchen. Wie das Dienstmädchen würde er mit dem Auto kommen und eine Fernbedienung für das Tor bei sich haben. Er würde bis vors Haus fahren und den Wagen parken, bevor er hineinging, um meine Zielperson und den großen Australier abzuholen. Die drei würden dann mit demselben Wagen wegfahren.
Ich hörte das Auto vor dem Tor, bevor ich es sah. Dann spürte ich wieder das Surren des Motors am Rücken, als sich das Tor erneut zu öffnen begann. Ich fixierte die Kamera vor mir, die ich zwischen den Blättern der Büsche sehen konnte, die sich jedoch nie auf mich richtete. Sobald ich mich in Bewegung setzte, würde ich keine Zeit mehr haben, noch einmal einen Blick auf die Kamera zu werfen, keine Zeit mehr, um mich zu vergewissern, dass die Kamera die erforderlichen fünf Sekunden gewartet hatte, bevor sie mir folgte. Ich beobachtete sie einfach und wartete, bis das Objektiv dem Wagen des Bodyguards den Hügel hinauf zum Haus folgte. Nun würde ich mich zum zweiten Mal in Bewegung setzen müssen. Ich zog meine Turnschuhe aus und verstaute sie im
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