Der Hinterhalt
ärmelloses, olivgrünes Oberteil. Ihre Arme waren von oben bis unten mit Tätowierungen übersät, mit Engeln und Teufeln, die irgendeine Schlacht austrugen.
»Ich bin hier, um mit Sam zu sprechen«, erwiderte ich in der Hoffnung, dass die junge Frau eingeweiht war.
»Ich bin Sam«, entgegnete sie. Ich nannte ihr das Passwort, und sie sagte, sie habe mich erwartet. Sie ging in den vorderen Teil des Ladens, sperrte die Tür zu und drehte das Schild um, sodass von außen »Geschlossen« zu lesen war. Dann kam sie zurück, ging an mir vorbei und gab mir zu verstehen, dass ich ihr folgen solle. Wir gingen eine Treppe hinauf und kamen an einigen Videokabinen vorbei, in denen man sich für ein paar Dollar fünf Minuten lang Pornofilme ansehen konnte.
»Ich möchte nicht derjenige sein, der hier den Boden putzen muss«, scherzte ich. Sam warf mir einen finsteren Blick zu. Es dämmerte mir, dass womöglich sie diejenige war, die den Boden putzen musste. Hinter den Videokabinen befand sich eine Tür mit der Aufschrift »Nur für Personal«. Wir gingen durch die Tür in den Lagerraum, der beinahe genauso groß war wie der Verkaufsraum im Erdgeschoss. Es lag auf der Hand, dass hier nicht nur Sexspielzeug verkauft wurde.
»Also, was brauchen Sie?«, fragte Sam.
»Was haben Sie?«, erwiderte ich schelmisch, da ich kaum in der Lage war, meine gute Laune zu kontrollieren.
Sam fand das nicht komisch. »Was brauchen Sie?«, wiederholte sie.
Mir wurde schließlich bewusst, dass das nicht der richtige Zeitpunkt für Witze und Spielereien war. »Eine Handfeuerwaffe. Vorzugsweise eine mit hoher Durchschlagskraft, die trotzdem leise ist. Mindestens acht Schuss, bevor ich nachladen muss.«
»Okay.« Sam ging zu einem Regal, das etwa drei Reihen entfernt war, erklomm ein paar Stufen einer Leiter und öffnete einen großen Karton. Sie hob einige Schachteln mit Schmiermitteln aus dem Karton und stellte sie beiseite. Dann griff sie tiefer in den Karton nach etwas, das unter den anderen Dingen vergraben war, und holte eine kleine schwarze Handfeuerwaffe hervor. »Die müsste den Zweck erfüllen.« Sie reichte mir die Pistole. »Leicht. Lässt sich mit Schalldämpfer verwenden. Kann ein Pferd töten. Sie haben fünfundzwanzig Schuss, bevor sie ein neues Magazin brauchen, und mit ein bisschen Übung können Sie das in etwa anderthalb Sekunden wechseln.« Sam schien sich zum ersten Mal zu amüsieren, seit ich den Laden betreten hatte. Ich nahm die Pistole in die Hand, hielt sie vor mich und zielte mit ihr. Sie würde ihren Zweck erfüllen.
Nachdem das Geschäft über die Bühne war, verstaute ich alles – die Pistole, den Schalldämpfer und drei Magazine – in meinem Rucksack. Drei Magazine, doch wenn ich mehr als drei Schuss brauchen sollte, lief irgendetwas vollkommen schief. Als wir wieder im Erdgeschoss ankamen, sperrte Sam die Eingangstür auf und öffnete den Laden für andere Kunden. Ich ging in Richtung Tür, blieb aber auf halber Strecke stehen. Sam war auf dem Weg zurück hinter die Theke. Ich drehte mich zu ihr um. Seit ich den ersten Blick auf sie geworfen hatte, brannte mir eine Frage unter den Nägeln. »Sam?« Sie sah zu mir auf. »Mich würde interessieren, ob Sie das nur der Kohle wegen machen oder ob Sie eine von uns sind?« Das war eine Frage, die man unter keinen Umständen stellen durfte, doch das war mir egal. Ich konnte sie mir einfach nicht verkneifen.
»Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen«, entgegnete Sam mit ausdruckslosem Tonfall und leerem Blick. Sie ging zurück hinter die Theke. Ich drehte mich wieder um und marschierte in Richtung Tür. Bevor ich sie öffnen konnte, ergriff Sam abermals das Wort. Diesmal bebte ihre Stimme leicht. Ich drehte mich um und sah sie an. »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen«, wiederholte sie, »aber ich drücke Ihnen die Daumen.« Bevor ich zur Tür hinausging, warf ich einen letzten Blick auf die Tätowierungen an ihren Armen. Engel und Teufel. Ich fragte mich, auf wessen Seite ich war.
Am Abend aßen wir miteinander. Unsere erste gemeinsame Mahlzeit. Du schlangst dein Essen hinunter. Ohne Geziertheit, ohne Befangenheit. Wir teilten uns eine Flasche Wein. Dann gingen wir zurück zu der sicheren Unterkunft. Wir liebten uns auf dem Sofa, da wir zu ungeduldig waren, um ins Schlafzimmer zu gehen.
»Also, wenn du hier nicht studierst, was tust du dann?«, fragtest du, den Kopf seitlich auf deine Hand gestützt, den Ellbogen auf meiner Brust.
»Das kann ich dir nicht sagen.
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