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Der Hinterhalt

Der Hinterhalt

Titel: Der Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor Shane
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küsstest mich auf die Wange.
    Am Dienstagmorgen wachte ich früh auf, packte meinen Rucksack – eine große Flasche Mineralwasser, drei Energieriegel, mein Fernglas, Wechselkleidung, eine Ski-Maske, schwarze Lederhandschuhe und die Pistole – und machte mich auf den Weg zum Haus der Zielperson, um meinen Job zu erledigen.
    Mein Plan war simpel. Jared hatte immer versucht mir beizubringen, dass alle guten Pläne simpel sind. Und dieser Plan war gut. An der Tatsache, dass das Ganze zu einer schmutzigen Angelegenheit wurde, war nicht der Plan schuld. Manchmal geraten die Dinge einfach außer Kontrolle. Als Erstes musste ich in das Haus gelangen, ohne von den Überwachungskameras bemerkt zu werden. Sobald ich drin war, würde ich mich verstecken, bis meine Zielperson und der amerikanische Leibwächter zurückkamen. Dann begann Phase zwei. Ich musste verhindern, von den Überwachungskameras erfasst zu werden, da die Bodyguards nach ihrer Rückkehr als Erstes das Videomaterial aller vier Kameras von diesem Tag sichteten. Sie sahen es sich im Schnelldurchlauf an und verringerten die Geschwindigkeit immer dann, wenn irgendetwas Verdächtiges zu sehen war. Ich war mir sicher, dass nicht nur mein ganzer Plan im Eimer wäre, wenn mich die Kameras erfassten, sondern dass ich im Haus in der Falle sitzen würde.
    Durch meine Recherchen hatte ich einiges über das Überwachungssystem in Erfahrung gebracht. Zunächst hoffte ich, dass die Kameras einen toten Winkel hatten, den ich mir zunutze machen konnte, einen Bereich im Garten, in dem ich mich ungehindert bewegen konnte, ohne gefilmt zu werden, doch das erwies sich als Sackgasse. Wer auch immer die Kameras installiert hatte, wusste, was er tat. Ich musste eine andere Lücke im Überwachungssystem finden. Worauf ich bei meiner Suche stieß, war die Reaktionszeit. Die Kameras arbeiteten gründlich und genau, doch sie waren nicht besonders schnell – zumindest nicht so schnell, dass ich ihnen nicht einen Schritt voraus bleiben konnte. Offenbar durfte man von Überwachungskameras einfach nicht erwarten, dass sie alle drei Qualitäten besaßen: Schnelligkeit, Gründlichkeit und Genauigkeit.
    Während meiner Observierungen hatte ich die Bewegungen der Kameras gestoppt und mir die Zeiten notiert. Jede Kamera blieb mindestens fünf Sekunden auf ihr Ziel gerichtet. Sobald sich etwas bewegte, drehten sich sämtliche Kameras, die diese Bewegung gut erfassen konnten, zu der Bewegung hin und fokussierten sie. Sie blieben auf die Bewegung ausgerichtet, bis diese wieder aufhörte oder bis sie von etwas anderem abgelenkt wurden. Falls sich zwei Dinge nacheinander an verschiedenen Stellen im Garten bewegten, fokussierten die Kameras zunächst mindestens fünf Sekunden lang die erste Bewegung, dann blieb eine Kamera auf diese Bewegung gerichtet, während die anderen der zweiten Bewegung folgten. Manchmal brauchten die Kameras bis zu drei Sekunden, um eine Bewegung zu erkennen und zu fokussieren. Das bedeutete, solange es eine primäre Ablenkung gab, konnte ich mich in bestimmten Bereichen des Gartens acht Sekunden lang bewegen, ohne von einer Kamera erfasst zu werden. Die wochentägliche Routine im Haus lieferte mir vier brauchbare Ablenkungen, bevor meine Zielperson am Abend nach Hause kam: Die erste war das Eintreffen der Hausangestellten; die zweite das Eintreffen des zweiten Leibwächters; anschließend die Abreise meiner Zielperson mit den Bodyguards; und schließlich der Gang der Hausangestellten zum Ende der Zufahrt, um die Post zu holen. Da es unmöglich war, in weniger als acht Sekunden vom Tor zur Haustür zu kommen, würde ich jede dieser vier Ablenkungen brauchen.
    Selbst während ich dasaß, das Haus beobachtete und auf den richtigen Moment wartete, um meinen Plan in die Tat umzusetzen, konnte ich nicht umhin, an dich zu denken. Ich wollte die Sache einfach hinter mich bringen. Ich wollte diesen Job erledigen, damit ich dich wiedersehen konnte. Dabei versuchte ich, nicht darüber nachzudenken, was danach sein würde. Der einzige Teil meiner Zukunft, der mich in diesem Moment interessierte, waren die nächsten vierundzwanzig Stunden, und vierzehn davon würde ich für diesen Mistkerl verschwenden müssen. Dafür hasste ich ihn noch mehr.
    Ich hielt mir das Fernglas an die Augen und machte mir weiterhin mentale Notizen zu den Abläufen im Haus. Alles schien in bester Ordnung zu sein. Meine Zielperson trainierte im Fitnessraum, hüpfte auf dem Stepper auf und ab und las dabei den

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