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Der Hintermann

Der Hintermann

Titel: Der Hintermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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wollen …«
    »Dann brauchen sie dringend frisches Betriebskapital.«
    »Genau.«
    Gabriel trat vor und betrachtete Dinas Galaxie aus Namen, Telefonnummern und Gesichtern. Dann wandte er sich an Lavon und fragte ihn: »Wie viel bräuchte man, glaubst du, um eine neue dschihadistische Terrorgruppe aufzubauen, die wirklich weltweit agieren könnte?«
    »Mindestens zwanzig Millionen Dollar«, antwortete Lavon. »Vielleicht etwas mehr, wenn man seine Leute erstklassig unterbringen und reisen lassen will.«
    »Das ist eine Menge Geld, Eli.«
    »Terror ist nicht billig.« Lavon musterte Gabriel prüfend. »Was denkst du?«
    »Ich denke, dass wir zwei Möglichkeiten haben. Wir können hier sitzen, unsere Telefon- und E-Mail-Matrizes anstarren und hoffen, dass uns irgendwann brauchbare Informationen in den Schoß fallen, oder …« Gabriel brachte den Satz nicht zu Ende.
    »Oder was?«
    »Oder wir können selbst ins Terrorismusgeschäft einsteigen.«
    »Und wie wollen wir das anfangen?«
    »Wir geben ihnen Geld, Eli. Wir geben ihnen das Geld.«
    Es gibt zwei Grundformen von Nachrichtengewinnung, wie Gabriel seinem Team überflüssigerweise erklärte: Nachrichtenbeschaffung durch Menschen, im Fachjargon HUMINT (Human Intelligence) genannt, und durch Fernmeldeaufklärung, auch als SIGINT (Signals Intelligence) bezeichnet. Die Möglichkeit, Geldströme innerhalb des globalen Bankensystems in Echtzeit zu verfolgen, lieferte jedoch auch FININT, Financial Intelligence, die größtenteils sehr zuverlässig war. Geld log nicht, es nahm einfach den Weg, der ihm befohlen wurde. Außerdem war die elektronische Fährte, die es bei seinen Bewegungen hinterließ, systembedingt aussagekräftig. Während islamische Terroristen längst gelernt hatten, die westlichen Geheimdienste durch Sprachverschleierung zu täuschen, wendeten sie ihre kostbaren finanziellen Ressourcen selten zur Tarnung von Geldflüssen auf. Überweisungen erfolgten im Allgemeinen an echte Aktivisten, die echte Anschläge planten. Verfolgte man die Geldströme, sagte Gabriel, würden sie die Absichten Raschids und Maliks erhellen wie die Lichter einer Landebahnbefeuerung.
    Aber wie ließ sich das anstellen? Das war die Frage, mit der Gabriel und sein Team sich für den Rest dieser langen schlaflosen Nacht herumschlugen. Durch eine geschickte Fälschung? Nein, entschied Gabriel, dafür war die dschihadistische Welt viel zu abgeschottet. Versuchte das Team, einen reichen muslimischen Wohltäter aus dem Nichts zu erschaffen, würden die Terroristen ihm vor laufender Kamera den Kopf mit einem stumpfen Messer abschneiden. Das Geld musste von jemandem kommen, der einen untadeligen dschihadistischen Hintergrund hatte. Sonst würden die Terroristen es niemals annehmen. Aber wie sollten sie jemanden finden, der auf beiden Seiten der Wasserscheide zu Hause war? Jemanden, den die Dschihadisten als echt akzeptieren würden, während er andererseits bereit war, mit dem israelischen und amerikanischen Geheimdienst zusammenzuarbeiten. Ruf den Alten an, schlug Jaakov vor. Wahrscheinlich hatte er sofort einen Namen parat. Und falls nicht, würde er bestimmt wissen, wo jemand zu finden war.
    Wie sich zeigte, wusste Schamron tatsächlich einen Namen, den er Gabriel wenige Minuten nach vier Uhr Washingtoner Zeit am abhörsicheren Telefon ins Ohr murmelte. Der Alte selbst hatte diese Person viele Jahre lang beobachtet. Für Gabriel würde eine Annäherung persönlich und professionell riskant sein, aber Schamron hatte eine Menge Material gesammelt, das vermuten ließ, seine Bitte werde vielleicht auf ein positives Echo stoßen. Er ging damit zu Uzi Navot, der das Vorhaben binnen zehn Minuten abzeichnete. Und so wurde die Rückkehr Gabriel Allons, des verlorenen Sohns des israelischen Geheimdiensts, mit einem Krakel von Navots lächerlichem Goldfüller besiegelt.
    Im Lauf der Jahre hatten die Mitglieder das Barak-Teams viele hitzige Diskussionen geführt, aber keine würde jemals an die herankommen, die an jenem Dezembermorgen in dem Haus in der N Street stattfand. Chiara verwarf die Idee als Phantasmagorie, Dina bezeichnete sie als Vergeudung von Zeit und Ressourcen, die bestimmt ergebnislos bleiben würde. Selbst Eli Lavon, Gabriels engster Freund und Verbündeter, beurteilte die Erfolgsaussichten trübselig. »Damit wird es uns ergehen wie den Amerikanern mit Raschid«, sagte er voraus. »Wir werden uns zu unserer Cleverness gratulieren. Aber eines Tages wird uns alles um die Ohren

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