Der Hobbnix - Die große Tolkien-Parodie: Roman (German Edition)
zog noch ein paarmal an seiner Pfeife. »Die Dinge haben eine sehr ernste Wendung genommen. Es betrübt mich, das zu hören. Dürfte ich fragen, weshalb ihr den ganzen Weg gekommen seid, um mich zu erschlagen?«
Bingo setzte sich auf seinen Knien zurecht. »Da bin ich mir nicht sicher«, erklärte er. »Ich nehme an – ohne es aber tatsächlich zu wissen – dass Ihr ihrem Volk großes Leid zugefügt habt?«
»Und es handelt sich bei ihnen um … ?«
Doch Bingo hatte beschlossen, bei seinen Antworten fortan umsichtiger vorzugehen. Er hatte dem Drachen bereits viel zu viel verraten. »Meine Reisegefährten«, entgegnete er. »Verzeihung, aber ich wusste nicht, dass man einen spezifischen Grund braucht, um einen Drachen zu erschlagen. Ist das nicht etwas, was die Leute einfach tun – Drachentöten, meine ich?«
»Ich wäre in einer schrecklich unangenehmen Lage, wenn dem so wäre«, erwiderte Schmauch. »Du meine Güte. Welch unangenehme Entwicklung. Ich zerbreche mir gerade den Kopf darüber, wen ich gekränkt haben könnte«, fügte er hinzu. »Aber mir will niemand einfallen.«
Bingo war noch immer äußerst nervös, was der Grund dafür sein mag, dass er dem Drachen Folgendes an den Kopf warf: »Die Einwohner von Essmabrot haben seit siebzig Jahren keine Kundschaft mehr gehabt – weil ihr die zahlenden Gäste vertrieben habt.«
»Du meine Güte«, erwiderte Schmauch, der ehrlich zerknirscht klang. »Habe ich das? Wie furchtbar! Das lag keinesfalls in meiner Absicht. Wobei ich nicht ganz einsehe, weshalb ich schuld sein soll, wenn die Leute Angst vor mir haben. Schließlich lege ich es nicht darauf an, Furcht erregend zu sein.« Er rauchte eine Weile schweigend seine Pfeife.
Die Unterhaltung mit dem Drachen verlief ganz anders, als Bingo es sich vorgestellt hatte. »Ich bedauere es«, meinte er, »wenn ich Euch gestört haben sollte, als ich einfach so in den Kamin gefallen bin. Und … na ja … das Gerede von wegen Drachentöten und so, das war wohl auch übertrieben und unhöflich.«
»Verratet mir doch, wer Eure Reisegefährten sind«, schlug Schmauch vor. »Vielleicht erinnere ich mich dann daran, ob ich ihnen Unrecht getan habe. Sind es Hoppler, so wie Ihr auch?«
»Mächtiger Schmauch!«, verkündete Bingo, der hinter den Stuhl gehuscht war und nun über die Lehne lugte. »Verzeiht mir, aber ich habe schon zu viel gesagt! Wenn meine Freunde wüssten, was ich Euch alles verraten habe, würden sie zutiefst verärgert über mich sein.«
»Tja, tja«, seufzte der Drache bekümmert. »Wenn Ihr es mir lieber nicht sagen wollt, verstehe ich das natürlich.«
Eine Zeit lang herrschte Schweigen in der Höhle.
»Ich bitte nochmals um Verzeihung«, grollte der Drache, »dass ich Euch keinen Tee anbieten kann.« Eine Weile sagte er nichts außer »Ts, ts, ts.« Dann fügte er in einer Stimme hinzu, die klang, als würde er zu sich selbst sprechen: »Interessantes Wort – Tee. Ich vermute, es stammt von teek , einer Ableitung von * steek , dem altostländischen Wort für Steak . Weil eine Tasse Tee so wertvoll wie ein kleines Steak ist. Wunderbares Getränk«, sagte er abschließend.
Bingo war immer noch verängstigt und litt außerdem unter den diversen Wehwehchen, die er sich durch seine Kaminfahrt eingehandelt hatte. Dennoch dämmerte es ihm so langsam, dass Schmauchs Gefühle verletzt waren. Das hatte der Hobbnix nicht erwartet. Zorn, Feuer und Zerstörung – ja. Gerissenheit und Arglist – natürlich. Aber nicht diese gekränkte Miene zusammen mit ein paar trotzigen Zügen aus der Pfeife.
»Sir Schmauch«, setzte der Hobbnix vorsichtig an. »Ich fürchte, ich habe Euch gekränkt.«
»Ach wo, überhaupt nicht«, murmelte der Drache. »Nicht der Rede wert. Es ist nur ein wenig beunruhigend herauszufinden, dass es Leute gibt, die einen derart weiten Weg herkommen, nur um mich umzubringen. Oder etwa nicht?«
»Aber Ihr habt doch sicher viele Feinde«, sagte Bingo. »Ich meine«, fügte er rasch hinzu, denn seine Worte sollten nicht erneut beleidigend klingen, »jemand, der so großartig und furchtbar ist wie Ihr.«
»Feinde?«, fragte der Drache. »Ich glaube nicht. Lasst mich mal überlegen. Nein, nein. Einmal hatte ich ein kleines Scharmützel mit Brant dem Drachen aus den Eisebenen von Holunderbad. Aber das war im wahrsten Sinne nur ein Wortgefecht: Es ging um die korrekte Ableitung des Ausdrucks wodwo . Außerdem haben wir uns letztendlich freundschaftlich geeinigt. Ein fabelhafter
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