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Der Höllenbote (German Edition)

Der Höllenbote (German Edition)

Titel: Der Höllenbote (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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Gemetzel nicht zu viele Narben bei ihnen hinterließ.
    Sie räumte das Geschirr zusammen, entschied sich, es später zu spülen, und schlenderte ins Wohnzimmer. Sie ließ sich aufs Sofa fallen, doch dann zuckte sie zusammen, als ihr einfiel, was das Möbelstück an einem Tag wie diesem symbolisierte: den letzten Platz, an dem sie mit Matt geschlafen hatte. Ein Fehler, hier reinzukommen, aber wie könnte sie sich jemals von diesem Sofa trennen? Die alten Bilder stürmten auf sie ein, überschwemmten sie mit der Schönheit jener Nacht. Erst Matts geflüsterte Liebesschwüre, als er ihren Hals küsste, als seine Hände sie erst nur leicht berührten und dann so sanft und nachdrücklich, als wollte er eine Statue erschaffen, als formte er jede Kurve und jede Kontur, jeden Zentimeter ihrer Brüste. Die Erregung hatte ihre Brustwarzen hart werden lassen, die Spitzen kribbelten so sehr, als würden sie mit Pinzetten gezwickt. Seine Küsse intensivierten sich, sein Herzschlag beschleunigte sich, als er von seiner Liebe für sie schier überwältigt wurde. Er schob ihre Beine zurück, öffnete sie erst mit seinem Mund, dann drang er ein weiteres Mal in sie ein, genau wie in jener Nacht, und ihr Glück steigerte sich erneut zu einem Crescendo.
    Und dann zerfiel die Erinnerung.
    Eine Lüge. Das Letzte, was sie hinter ihren geschlossenen Augen sah, während sie dort auf dem Sofa lag, war Matts totes Gesicht auf der Bahre des Leichenschauhauses.
    Ein winziges verzweifeltes Keuchen entrang sich ihrer Kehle.
    Und dann zuckten ihre Augen umher. Sie hörte etwas, erst kaum vernehmlich, dann immer lauter. Ein Prasseln auf dem Dach.
    Es regnete.

Kapitel 4
    (I)
    Carlton wachte auf wie immer – allein. Er hasste es, auch nach all den Jahren noch, aber zumindest hatte er sich inzwischen daran gewöhnt. Tatsächlich kam ihm der Gedanke, einmal nicht allein aufzuwachen, merkwürdig vor. Die Leuchtziffern der Uhr zeigten 04:12, aber er fühlte sich, als hätte er nur 15 Minuten geschlafen. Ich habe mich doch gestern Abend nicht besoffen, oder?, fragte er sich. Sein Mund und seine Lippen schmeckten fürchterlich. Seine Augen fühlten sich an, als seien sie voller Sand. Mein Gott, geht’s mir beschissen! Aber er hatte nicht gesoffen. Oder? Er hatte seinen Alkoholkonsum in letzter Zeit drastisch eingeschränkt. Und wenn ich mich gestern betrunken hätte, könnte ich mich doch daran erinnern ...
    Oder?
    Er legte sich auf das verschwitzte Bett zurück. Die Klimaanlage brummte, aber seine Haut fühlte sich nass und klebrig an. Etwas nagte an seinem Bewusstsein – eine Vorahnung, dass etwas Schlimmes passiert war, ein unterbewusstes Entsetzen, das sich auf grausame Weise weigerte, Farbe zu bekennen, wie eine grässliches Fratze hinter einem dunklen Schleier. Hatte er nur geträumt?
    Zähneknirschend rang er mit seinen Erinnerungen. Und dann zog alles wie Rauch vor seinem inneren Auge vorbei, ein zermürbendes Bild nach dem anderen.
    Er hatte von Marlene geträumt.
    Oh Gott. Es war wahr. Er schämte sich unendlich, dass er es vergessen hatte. Und der Traum selbst?
    Carlton wurde übel.
    Wenn Träume einen Geruch hätten, würde dieser Traum stinken. Er zuckte innerlich zusammen, genau wie jemand körperlich zusammenzuckte, der bei 30 Grad im Schatten auf ein von Maden wimmelndes, überfahrenes Tier trat. Er hatte nicht mit Marlene geschlafen in seinem Traum, er hatte sie gefickt. Er hatte ihren Körper als Werkzeug zu seiner Befriedigung benutzt, nicht als Mensch, nur als Ding, um seine sexuelle Gier zu stillen. Er wusste auch, dass er sich in seinem Traum nicht im Geringsten um Marlene scherte – es spielte keine Rolle, dass er sie kannte, dass sie beide Freunde waren. Es interessierte Carlton nicht; ja, er hasste sie sogar in seinem Traum, hasste sie, weil sie mehr war als nur ein erregender physischer Körper mit einem Loch für seine Bedürfnisse.
    Dieses seelenlose Begehren und Hassen ließ ihn an Serienmörder denken, welche Frauen, die sie vergewaltigten, nach Befriedigung ihrer Triebe ermordeten. Marlenes Hände lagen an seiner Kehle, als er in sie hineinstieß, seine eigenen Finger umklammerten unterdessen ihren Hals. Sie würgten einander, als sie sich aufbäumten, und als Carlton kam und auf sie herabschaute – in der Erwartung, dass sie tot war –, grinste sie ihn mit einer Lust an, die genauso pervers wirkte wie seine. »Mach das noch mal«, keuchte sie, »mach das noch mal. Und diesmal richtig hart, bis ich das Bewusstsein

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