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Der Höllenbote (German Edition)

Der Höllenbote (German Edition)

Titel: Der Höllenbote (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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hat sich gegen 22 Uhr zugetragen, Mrs. Ryan.«
    Jane hörte ihn kaum, aber sie verstand, was er sagte. Matt hatte das Haus gegen elf verlassen – um koffeinfreien Kaffee für mich zu kaufen, fiel ihr ein, und sie wäre am liebsten auf der Stelle tot umgefallen.
    »Der Täter konnte glücklicherweise gegen halb zwölf von der Polizei festgenommen werden. Aber da ...«
    Er verstummte. Jane wusste, was er sagen wollte. Sie beendete den Satz für ihn: »Aber da war es bereits zu spät. Da war Matt schon tot.«
    »Es tut mir leid, Mrs. Ryan. Wie es aussieht, hatte ihr Mann gerade den Qwik-Mart am Sporthafen betreten. Zu der Zeit befanden sich keine weiteren Kunden im Laden. Der Täter hielt sich zu dieser Zeit schon im Laden auf und hatte den Kassierer mit einem Jagdmesser, das er aus einem anderen Geschäft gestohlen hatte, umgebracht. Anschließend wartete er seelenruhig auf den nächsten Kunden.«
    »Matt«, flüsterte Jane, das Gesicht nass von stummen Tränen.
    »Ein stiller Alarm wurde ausgelöst, und die Polizei hatte sich bereits auf den Weg gemacht. Als der Streifenwagen ankam, versuchte der Täter gerade, den Wagen Ihres Mannes anzulassen.«
    Was sollte man sonst dazu sagen? Ihr gesamtes Leben war innerhalb von nur einer Stunde zerstört worden. Von einem Irren mit einem gestohlenen Jagdmesser. Das Laken über Matts Leiche hatte aus Kunstfasern bestanden, nicht aus Baumwolle, deshalb prangten keine Blutflecken darauf. Nur sein Gesicht war unbedeckt geblieben, was sie dankbar zur Kenntnis nahm, aber ein finsterer Teil ihrer Seele fragte sich: Wie genau ist er gestorben? Wo hat der Mörder ihn getroffen? Ging es schnell oder langsam, und wie viele Schmerzen hat er ertragen müssen?
    Worüber hat er als Letztes nachgedacht?
    Diese schrecklichen Überlegungen wirbelten durch Janes Kopf, bis ihr ganz schwindelig wurde. Sie bekam kaum mit, wie sie ihre Unterschrift unter ein Formular kritzelte und der Polizist sie dann aus dem kalten, grell erleuchteten Leichenschauhaus geleitete. Halb erstickt von ihren Tränen stolperte sie hinaus und dachte voller Entsetzen an das Grauen, das noch vor ihr lag – dass sie Jennifer und Kevin erzählen musste, warum Daddy nie wieder nach Hause kam. Aber das Schlimmste, Entsetzlichste lauerte in dem Wissen, dass sie selbst ihn nie wiedersehen würde und das letzte Bild in ihrem Gedächtnis nicht die Liebesszene auf dem Sofa blieb – sondern Matt auf einer Bahre, tot, bedeckt mit einem schwarzen Leichentuch, seine Verletzungen gnädig verhüllt. Als der Polizist sie hinausgeführt hatte, war ihr Blick nach rechts gewandert und sie hatte etwas in einer durchsichtigen Plastiktüte auf einem Labortisch liegen sehen. Ein Jagdmesser, die Klinge voller Blut.
    Und damit erlosch dieser Erinnerungsblitz und Jane saß wieder mit ihren Kindern am Küchentisch vor einer Mahlzeit, die keiner von ihnen anrührte. Diese Kinder sind viel zu jung, um so etwas ein zweites Mal miterleben zu müssen.
    Jane zwang sich, ein weiteres Stück gebratenen Spargel zu essen und so zu tun, als ob es ihr schmeckte, so zu tun, als sei dies ein ganz normales Abendessen wie in jedem anderen Haus der Welt. »Ja, Liebes«, beantwortete sie schließlich die besorgte Frage ihrer Tochter. »So wie der Mann, der Dad getötet hat. Der Mann ist sehr krank gewesen; geisteskrank. So etwas geschieht manchmal. Niemand weiß genau, woran das liegt. Manchmal werden Menschen so geboren und manchmal passiert etwas mit ihnen, in ihren Köpfen, und dann fangen sie an, sehr böse Dinge zu tun. So ist es auch bei Marlene gewesen.«
    Sie musterte die Gesichter ihrer Kinder und hoffte, dass ihre Erklärung ihnen half, wusste aber gleichzeitig, dass es nicht so war. Nicht einmal ansatzweise. Wenn überhaupt, wurde ihr klar, sind sie jetzt noch verwirrter als vorher.
    »Na ja, jedenfalls solltet ihr vor der Fernsehzeit noch eure Hausaufgaben erledigen.«
    »Okay, Mom«, sagte Jennifer.
    Kevin sprang auf, rannte in das Nebenzimmer und kehrte einen Augenblick später mit einem kleinen Plastikterrarium zurück. »Mel hilft mir dabei, okay?«
    Jane lächelte ergeben und warf einen Blick auf die stachelige Krötenechse. »Sicher, Schatz.«
    »Cool! Und dann können wir Fernsehen gucken!«, rief Kevin. »Ich glaube, dieser Mann, der mit Alligatoren kämpft, kommt um acht.«
    Der Junge hat nur Reptilien im Kopf, schmunzelte Jane innerlich, als die beiden aus der Küche stürmten. Gott sei Dank habe ich gute Kinder. Sie hoffte nur, dass dieses

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