Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Höllenbote (German Edition)

Der Höllenbote (German Edition)

Titel: Der Höllenbote (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
Vom Netzwerk:
Wollen Sie wissen, warum?«
    »Nicht, wenn ich warten muss, bis ich 50 bin.«
    »Der Mann war von oben bis unten mit Dreck bedeckt. Der Dreck war überall auf seiner Kleidung, in seinem Gesicht, auf seinen Armen, er hatte Dreck im Haar ...«
    »Dreck«, sagte Jane.
    »Dreck. Erde. Am ganzen Körper. Nun, jedenfalls hat der Kassierer den Mann erkannt. Es war Carlton Spence.«

Kapitel 6
    (I)
    Carlton fuhr gerne mit den LLVs. Die Zustellfahrzeuge sahen schwerfällig und unbequem aus, aber sie fuhren sich ausgesprochen gut. Die Abkürzung dieser von der Grumman Corporation auf Vertragsbasis hergestellten Kastenwagen stand für ›Long-Life Vehicle‹ – und das war nicht gelogen, diese Fahrzeuge hielten wirklich eine Ewigkeit. Sie hatten so gut wie nie eine Panne, und wenn doch, ließen sie sich schnell und leicht reparieren. Das Einzige, worüber sich die Zusteller immer wieder beschwerten, war die Position des Lenkrads – es befand sich auf der rechten Seite, damit der Fahrer direkt an die Briefkästen kam. Die meisten gewöhnten sich recht schnell daran; andere verursachten dagegen immer wieder Blechschäden. Und als Carlton nun mit dem Fahrzeug durch die ruhigen Straßen von Danelleton fuhr, fühlte er sich wie ein echter Briefträger.
    Er fühlte sich wie ein Bote.
    Carlton fuhr so, als ob jemand anders am Steuer saß, als ob ihn etwas dirigierte – ein dunkles, wegweisendes Licht. Allmählich begann er, dieses Licht zu begreifen, mit jeder Stunde etwas mehr. Es kam ihm vor, als schlage sein Herz nicht länger nur für ihn allein. Es schlug für noch jemanden, für jemand Bedeutenden, der wichtige Pläne mit der Welt hatte. Dieses Licht in seinem Herzen vermittelte Carlton das Gefühl, wichtig zu sein. Gott gab mir nie das Gefühl, wichtig zu sein, erinnerte er sich. Nein, Gott ließ zu, dass meine Frau verrückt wurde und bei einem Verkehrsunfall starb. Und Gott hat weggesehen, als ein paar Perverse meine kleine Tochter entführten und auf den Strich schickten, Pornos mit ihr drehten und sie dann umbrachten. Gott hat gar nichts für mich getan. Gott ist mein Feind.
    Ich glaube jetzt an einen anderen.
    Einen, der mir das Gefühl gibt, wichtig zu sein. Einen, der mir niemals den Rücken zukehren wird ...
    Carlton starrte stur geradeaus.
    Ich werde ihn bis ans Ende aller Tage anbeten ...
    Der Kastenwagen kurvte durch die stillen Straßen. Hohe Bäume – einige Palmen, einige australische Kiefern – warfen große, beruhigende Schattenblöcke. Die Häuser entlang der Straßen wirkten gepflegt und heiter. Üppige grüne Rasenflächen und Vorgärten leuchteten in psychedelischer Buntheit. Carlton sah Old Man Halm auf seinem täglichen Spaziergang. Ein freundlicher alter Mann, der immer stehen blieb, um Hallo zu sagen und sich zu erkundigen, wie es einem ging. Im Notfall lieh er einem sogar ein paar Dollar. Mit dem in der Sonne leuchtenden weißen Haar humpelte Halm fröhlich an seinem Stock die Straße entlang. Er blickte auf und winkte Carlton zu.
    Carlton winkte zurück und dachte: Du blödes altes Arschloch! Ich könnte dir mit dieser Machete den Kopf abschlagen und zusehen, wie er über die Straße rollt. Dann würde ich mir deinen bescheuerten Stock schnappen und damit ein paar Leute umbringen ...
    Carlton hatte die Machete in seinem LLV liegen. Seine Hand tastete danach – er sah es schon vor sich, wie der Kopf durch die Luft flog, das Blut in dünnen roten Fäden aus dem Stumpf am Hals hochgeschleudert wurde –, aber dann sagte die immer vertrauter werdende Stimme: Nein. Das ist nicht die Botschaft für heute.
    Carlton nickte.
    Die Polizei würde dich erwischen, bevor du dort eingetroffen bist, wo ich dich brauche.
    Carlton nickte.
    Er winkte Old Man Halm im Vorbeifahren zu.
    Ja, heute hast du noch mal Glück gehabt ...
    Vor dem Haus nebenan sah er Margarita Poole auf Händen und Knien im Garten Unkraut jäten. Was für eine scharfe Braut, dachte Carlton. Der würde ich es so richtig besorgen ... 1,60 Meter, 55 Kilo und so was von knackig braun. Sie hätte auch als hawaiianisches Tropenmodel durchgehen können mit diesem wallenden bronzefarbenen Haar und ihren Grapefruit-Brüsten. Die Gartenhandschuhe passten nicht zum Rest ihrer Aufmachung: ein neongrünes Bikinioberteil und so hoch abgeschnittene Jeans, dass sie mehr an eine Art Jeans-Tanga erinnerten. Heilige Scheiße. Carlton hätte sie am liebsten gleich dort im Garten flachgelegt, sich die dreckigen Gartenhandschuhe angezogen, ihr die Klamotten

Weitere Kostenlose Bücher