Der Höllenbote (German Edition)
heruntergerissen und sie von oben bis unten befummelt. Und dann hätte er sie hart auf dem Mulch gerammelt. Ja, diese Handschuhe sind wirklich ein netter Touch. Wenn er mit ihr fertig war, könnte er sie damit strangulieren. Dann würde er sie auf dem Rasen zerhacken und mit ihren Stücken herumspielen. Sollten die Nachbarn ihm doch zusehen, wie er, nur mit ihrem Blut bekleidet, in der Sonne tanzte.
Carlton winkte ihr zu, als er vorbeifuhr, und sie schenkte ihm ein breites, strahlendes Lächeln.
Ich arbeite jetzt für den Boten, ermahnte er sich. Ich darf mich nicht ablenken lassen ...
Nein, gab ihm die Stimme in seinem Herzen recht. Aber Träumen schadet ja nicht.
Träumen. Tagträume beim Fahren. Was für ein Luxus. Er bog um die nächste Ecke. Jemand winkte ihm hinter einem Rasenmäher zu. Ein FedEx-Lieferwagen kam ihm entgegen, der Fahrer grüßte. Jeder kennt mich. Carlton fühlte sich sicher. Jeder mag mich. Aber nicht mehr lange ...
Er wurde manipuliert. Er wurde geleitet. Andere Hände lagen auf dem Lenkrad, ein anderer Geist teilte seinen Kopf mit ihm. Ihm war nach Jubeln zumute, er fühlte sich erhaben. Carltons Herz sang weiter, während er fuhr, ohne überhaupt bewusst sein Ziel zu kennen.
An der nächsten Ecke wartete eine Gruppe Kinder an einem Zebrastreifen. Die Verkehrslotsin, eine ältere Dame, hielt vor ihnen die Hand hoch. Es waren Grundschüler, alle ein bisschen laut und ungezogen, wie Kinder eben waren. Sie lachten. Gute Kinder. Sie würden es zu etwas bringen, wenn sie älter waren, denn sie waren fleißig und gehorchten ihren Eltern und erledigten jeden Abend ihre Hausaufgaben. Ja, sechs an der Zahl, die darauf warteten, dass die Verkehrshelferin sie über die Straße ließ.
Oh, das wäre doch nett, oder?
Die Verkehrshelferin hielt jetzt die Hand für den Autoverkehr hoch. Carlton stoppte drei Meter vor dem Zebrastreifen. Die Kinder liefen über die Straße.
Das Timing ist entscheidend. Er wusste, dass er es konnte! Sein Fuß schwebte über dem Gaspedal. Wenn er noch zwei Sekunden wartete und es dann durchtrat ...
Er konnte sie alle erwischen.
Genau da will ich euch haben, Kids. Unter meinen Rädern ...
Er konnte sie alle in einem Anlauf niedermähen, sie unter dem Fahrgestell begraben. Vielleicht starben sie nicht alle sofort, aber dann gab es ja immer noch die Möglichkeit, umzudrehen, nicht wahr? Um den Job zu Ende zu bringen. Oder auch nicht. Er konnte auch einfach wegfahren und einige von ihnen als Krüppel zurücklassen.
Carlton schüttelte den Kopf.
Nein, nein. Du hast eine wichtigere Botschaft zu überbringen, ermahnte ihn der Bote.
Carlton wusste, dass der Bote recht hatte. Er musste seine menschlichen Schwächen überwinden und stark sein ...
Aber genau wie Gott damals Hiob auf die Probe gestellt hatte, stellte nun wohl auch jemand Carlton auf die Probe, indem er ihm reihenweise Versuchungen vor die Nase hielt.
Carlton seufzte, als er sah, was als Nächstes kam.
Als er um die Ecke bog, auf die letzte Straße vor der Stadtgrenze, sah er Joanna Malloy aus ihrem Mercedes-Kombi steigen. Sie sah aus wie all die anderen reichen Schlampen hier: aufgedonnert und mit Schmuck behangen. Ihr Mann verdiente ein Vermögen mit dem Verklagen von Pflegeheimen und Rehakliniken. Oooh, dachte Carlton und fuhr langsamer. Und wie es aussieht, haben auch die Zwillinge Ferien vom College – Harvard natürlich.
Joanna bot einen Anblick, der typisch für diese Gegend war: 40 Jahre alt, aber aus der Entfernung ging sie locker als 30 durch. Sie trug ein Kopftuch, als sei sie Jackie Kennedy im Urlaub auf Cape Cod. Mit Faceliftings kämpfte sie gegen die Runzeln und Krähenfüße, die unzählige Sonnentage am Strand ihr beschert hatten. Die besten plastischen Chirurgen des Landes kümmerten sich um ihre Reiterhosen und Brusterschlaffungen. Sie sieht aus wie ein Millionenweib, dachte Carlton, und genauso viel hatte ihr Mann vermutlich auch in sie hineingesteckt. Nicht besonders freundlich, eine steife Tussi. Trug die Nase sehr hoch. Hielt sich für was Besseres. Und natürlich waren ihre verzogenen 19-jährigen Zwillingstöchter genauso. Wie die Mutter, so die Tochter ... Sie steckten im ersten Collegesemester, und Carlton war davon überzeugt, dass sie ihre Zeit hauptsächlich damit verbrachten, den Jungs die Köpfe zu verdrehen. Und ich wette, sie ficken ihre Professoren, um gute Noten zu bekommen, und bestechen sie mit Daddys Taschengeld.
Die drei kamen offenbar gerade vom Strand, alle in
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