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Der Hof (German Edition)

Der Hof (German Edition)

Titel: Der Hof (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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helfen. Aber das ist mir egal. Meine anfängliche Besorgnis ist vorbei und hat einem neuen Selbstbewusstsein Platz gemacht. Als ich beim Marktplatz bin, tut es mir sogar schon leid, dass ich so bald zum Hof zurückfahre. Als ich einen freien Parkplatz entdecke, kommt mir eine Idee. Ich muss ja gar nicht sofort zurück.
    Ich gebe der Idee nach und parke.
    Während ich die Baumaterialien gekauft habe, ist der Platz zum Leben erwacht. Ich setze mich vor eines der Cafés, die rings um den Platz geöffnet haben, und genieße dieses Gefühl der Freiheit. Der Metalltisch wackelt auf dem unebenen Bürgersteig ein bisschen, als ich meinen Gehstock an die Kante lehne. Nach wenigen Sekunden kommt der Kellner nach draußen, den Notizblock in der Hand.
    «Einen Kaffee und ein Croissant.»
    Ich lehne mich zurück und warte zufrieden. Die Straße ist von der morgendlichen Straßenreinigung noch nass. Wassertropfen glitzern an den Aluminiumbeinen der Stühle. So früh am Morgen wirkt der Ort noch frisch, aber schon in einer Stunde wird das anders sein. Ich bin froh, jetzt hier zu sein, und schaue die schmale Straße entlang, die die Läden von dem Marktplatz trennt. Der Springbrunnen ist hier noch das Großartigste und erinnert an eine inzwischen vergessene Opulenz, die vor dem Krieg hier wohl herrschte. Das Klackern der Kugeln von den Boulespielern klingt über das gelegentliche Röhren eines Mopeds oder das tiefere Brummen eines Autos herüber. Die beiden alten Spieler haben von einem dritten Gesellschaft bekommen, der vom Alter genauso gebeugt ist. Fürs Erste schaut er nur zu. Alle drei tragen Kappen oder Baskenmützen und über den kurzärmeligen Hemden trotz der drohenden Hitze Pullunder. Sie lachen und rauchen, jammern über schlechte Würfe und schlagen einander auf die Schulter, wenn ein guter Wurf gelingt.
    Einer von ihnen scheint mich zu beobachten und hebt schließlich grüßend die Hand. Ich nicke ihm zu und bin merkwürdigerweise erfreut über seine Aufmerksamkeit.
    Nach Wochen, in denen ich hauptsächlich Eier zum Frühstück bekommen habe, schmeckt das Croissant köstlich. Der Kaffee ist stark und dunkel und hat eine braune Crema. Ich nehme mir für beides Zeit, bis nur noch ein paar Krümel vom Croissant auf dem Teller liegen. Dann lehne ich mich zufrieden seufzend zurück, bestelle einen zweiten Kaffee und zünde mir eine Zigarette an.
    Zwei junge Männer gehen vorbei, während ich rauche. Sie sind um die zwanzig und tragen Jeans und Trainingsjacken. Ich schenke ihnen keine Aufmerksamkeit, bis ich bemerke, dass einer von ihnen mich anstarrt. Er wendet sich ab, als ich aufblicke, aber dieses ungute Gefühl in mir wächst, als ich die beiden dabei ertappe, wie sie sich ein zweites Mal umdrehen, ehe sie den Marktplatz verlassen.
    Ich sage mir, dass es nichts zu bedeuten hat. Ich bin in dieser kleinen Stadt ein fremdes Gesicht, und meine roten Haare brandmarken mich als Fremden. Trotzdem verdirbt es mir die Stimmung, und als ich einen gelben VW  Beetle in der Nähe entdecke, will ich nicht länger bleiben. Ich lege das Geld auf die Untertasse und gehe zu einem Bar-Tabac auf der anderen Seite des Platzes, um meinen Zigarettenvorrat aufzustocken. Daneben ist eine Boulangerie, und als ich aus dem Bar-Tabac komme, ist der süße Geruch nach Frischgebackenem unwiderstehlich. Die Frau hinter der hohen Glastheke ist drall, und eines ihrer Augen tränt. Aber sie lächelt mich so warm an, wie das Brot riecht, das sie einer alten Frau reicht, ehe sie sich mir zuwendet.
    «Sechs Croissants, bitte.»
    Sie nimmt die halbmondförmigen Gebäckstücke von einem Tablett hinter ihrem Rücken und lässt sie in eine Papiertüte gleiten. Ich bezahle sie mit meinem eigenen Geld. Ich könnte mir denken, dass Mathilde und Gretchen nichts dagegen haben werden, mal was anderes zu bekommen. Arnaud kann sich selber welche kaufen.
    «Sie klingen fremd», sagt die Frau, als sie mir das Wechselgeld gibt.
    Sofort fühle ich mich wieder unwohl, aber ihre Bemerkung ist eigentlich ganz unschuldig. «Ich bin Engländer.»
    «Bleiben Sie länger hier?»
    «Ich bin nur auf der Durchreise», erkläre ich und gehe, ehe sie mir noch mehr Fragen stellen kann.
    Höchste Zeit zurückzufahren. Ich überquere den Marktplatz zu der Stelle, wo ich den Pritschenwagen geparkt habe. Alle drei alten Männer spielen jetzt Boule. Sie halten die Kugeln in der nach hinten gewandten Hand und schleudern sie dann nach vorne weg. Die Kugeln landen stumpf und rollen kaum auf

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