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Der Hof (German Edition)

Der Hof (German Edition)

Titel: Der Hof (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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ein Arschloch. Aber wenn Sie meinen Rat hören wollen, halten Sie sich lieber aus der Stadt fern. Oder noch besser: Suchen Sie sich woanders Arbeit.»
    «Warum? Kommen Sie schon, das kann doch nicht alles sein», sage ich. Er wendet sich zum Gehen.
    Für einen Moment sehe ich, wie er hin- und hergerissen ist. Er reibt sich das stoppelige Kinn und scheint intensiv nachzudenken. Schließlich schüttelt er den Kopf, mehr für sich selbst als an mich gerichtet. «Sagen Sie Mathilde, dass Jean-Claude sich nach seinem Neffen erkundigt hat.»
    Er lässt mich an dem Brunnen zurück und verlässt den Marktplatz.

KAPITEL  11
    In der Sonnenhitze verströmt der trocknende Zement einen Geruch, der genauso verführerisch ist wie der von frischgebackenem Brot. Ich mische Sand und Zement in der Metallwanne und trage den Mörtel dann eimerweise auf das Gerüst hinauf. Dort streife ich mit der Kelle etwas Mörtel auf ein etwa dreißig Quadratzentimeter großes Holzbrett, das ich in der Abstellkammer gefunden habe. Den Mörtel schmiere ich in die Ritzen, die ich zwischen dem Mauerwerk in den Putz gehauen habe.
    Das Verputzen der Wand ist eine gemächliche, merkwürdig ruhige Arbeit. Es hat etwas Befriedigendes, wie die Kelle flüsternd über den feuchten Mörtel gleitet, um den Putz zu glätten. So komme ich Schritt für Schritt voran, verputze die ganze Wand neu und setze die lockeren Steine wieder ein. Jeder muss wieder an seinen Platz gewuchtet und anschließend ringsum mit Mörtel befestigt werden, bis er sich nicht mehr von den umliegenden Steinen unterscheidet. In den Tagen seit meinem Besuch in der Stadt hat das obere Stockwerk langsam Gestalt angenommen und sieht wie ein richtiges Gebäude aus und nicht wie eine Ruine kurz vor dem Einsturz. Jeden Abend, wenn ich mit der Arbeit aufhöre, erfüllt mich Stolz, wie viel ich schon geschafft habe. Es ist lange her, seit ich das letzte Mal etwas Konstruktives gemacht habe.
    Es ist sogar noch länger her, dass ich etwas gemacht habe, worauf ich stolz sein kann.
    Ich verarbeite den letzten Mörtel und nehme den Eimer mit nach unten in den Abstellraum, um ihn aufzufüllen. Die Nachmittagssonne brennt heiß und wäscht mit stumpfsinniger Hitze das Blau vom Himmel. Ich kann mir diesen Landstrich überhaupt nicht im Winter vorstellen, wenn alles ringsum braun und spröde oder von einer dünnen Frostschicht bedeckt ist. Aber ich weiß, dass es früher oder später dazu kommen wird.
    Der letzte Rest Mörtel in der Zinkwanne ist hart geworden. Ich kratze ihn heraus, kippe ihn auf den Berg vor der Abstellkammer und beschließe, mir eine Pause zu gönnen, ehe ich den nächsten anrühre. Also setze ich mich im Schatten der Scheune hin und zünde mir eine Zigarette an. Von hier unten sieht man deutlich, wie viel Arbeit noch auf mich wartet. Das Wissen ist irgendwie beruhigend. Ich nehme noch einen Zug und denke über die Arbeit nach.
    «Ich bezahle Sie nicht dafür, dass Sie hier auf Ihrem Arsch sitzen.»
    Arnaud kommt um die Scheunenecke. Ich nehme ohne Eile noch einen Zug von der Zigarette. «Bisher haben Sie mich noch gar nicht bezahlt.»
    «Was sind drei Mahlzeiten am Tag und ein Dach über Ihrem Kopf denn dann? Den Rest kriegen Sie, wenn Sie ihn sich verdient haben.» Er schaut mit zusammengekniffenen Augen an der Fassade hoch. Der fertiggestellte Bereich sieht plötzlich viel kleiner aus als noch vor wenigen Augenblicken. «Nicht viel geschafft, was?»
    «Ich will es ordentlich machen.»
    «Ordentlich? Das ist nur eine Wand, nicht die Venus von Milo.»
    Ich bin kurz davor, ihn darauf hinzuweisen, dass er sich auch jemanden aus der Stadt holen kann, der das für ihn erledigt, aber ich kann mich gerade noch bremsen. Obwohl wir nicht über das geredet haben, was in der Stadt mit Didier und seinen Freunden vorgefallen ist, bin ich sicher, dass Arnaud über Mathilde oder Gretchen davon gehört hat.
     
    Mathilde hat mich nach meiner Rückkehr gefragt, woher das blaue Auge kam, das ich Didiers Faust verdankte. Wie es ihre Art war, enthielt sie sich eines Kommentars, doch sie wirkte erschüttert, als ich ihr Jean-Claudes Nachricht überbrachte. Ebenso vorhersehbar war Gretchens Reaktion: Sie freute sich, dass ich in einen Kampf verwickelt worden war. Erst recht, als sie erfuhr, mit wem ich mich geprügelt hatte.
    «Was hat Didier gesagt? Hat er mich erwähnt?»
    «Nein, eigentlich nicht.» Es würde ihr bestimmt nicht gefallen, wenn sie erfuhr, womit er prahlte. «Ist er ein Exfreund von

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