Der Hof (German Edition)
klappernd zu Boden. Im selben Augenblick wird etwas in meinen Bauch geschlagen und treibt mir die Luft aus den Lungen. Ich klappe zusammen und hebe im vergeblichen Versuch, meinen Kopf zu schützen, beide Hände.
«Was ist hier los?»
Die Stimme ist tief und herrisch. Ich keuche und schaue auf. Jemand schiebt meine Angreifer beiseite. Immer noch gekrümmt am Boden liegend, sehe ich nur eine Latzhose. Ich hebe den Kopf weiter und sehe den bulligen Kerl, den ich in der Tankstellenkneipe getroffen habe. Der Mann, den Mathilde Jean-Claude genannt hat. Hinter ihm steht der Boulespieler, der vorhin weggelaufen ist, und schnappt nach Luft. Er hält sich im Hintergrund, während der Neuankömmling sich die drei jungen Männer vorknöpft.
«Ich habe gefragt, was hier los ist.»
Didier antwortet mürrisch. «Nichts.»
«Das nennst du
nichts
, ja? Und weiß Philippe, dass einer seiner Mechaniker sich vor der Arbeit drückt, um auf dem Marktplatz dieser Art
nichts
nachzugehen?»
«Halt dich da raus, Jean-Claude.»
«Warum? Damit ihr dummen Scheißkerle mitten in der Stadt einfach jemanden verprügelt?»
«Das geht dich nichts an.»
«Das soll mich nichts angehen? Wen geht es denn was an, wenn nicht mich? Dich etwa?»
«Er arbeitet für Arnaud. Er hat kein Recht, sich hier rumzutreiben.»
«Und du hast das Recht?» Das stoppelige Gesicht des Mannes verfinstert sich. «Okay, wenn du schon jemanden verprügeln willst, kannst du ja mit mir anfangen.»
«Jean-Claude …»
«Worauf wartest du noch?» Er spreizt die Hände und sieht aus, als könnte er alle drei in Stücke reißen. «Komm schon, du Held. Ich warte.»
Didier schaut auf seine Füße.
«Nein? Hast du plötzlich keine Lust mehr?» Der Mann schüttelt angewidert den Kopf. «Los jetzt, verschwindet. Alle drei.»
Sie rühren sich nicht.
«Ich sagte, ihr sollt verschwinden!»
Widerstrebend wenden sie sich zum Gehen. Didier bleibt immerhin lange genug, um mit dem Finger auf mich zu zeigen. «Glauben Sie ja nicht, ich wäre schon mit Ihnen fertig.»
Der Mann sieht den drei jungen Männern nach, die davonstapfen. Dann wendet er sich an mich. «Geht es Ihnen gut?»
Ich nicke, aber ich muss mich an den Brunnen lehnen, um das Zittern zu kaschieren. Meine Wange brennt von Didiers Schlag, und mein Magen schmerzt. Aber das ist nichts Ernstes.
Ich hebe dankend die Hand, als der alte Boulespieler zu seinen Freunden zurückkehrt. Dann angele ich nach meinem Gehstock und richte mich auf. Ich betrachte den Mann, der mich gerettet hat. Meinen Angreifern kann ich es nicht verdenken, dass sie einen Rückzieher gemacht haben. Er ist ungefähr so groß wie ich, aber massiv wie ein Fels, und die riesigen Hände sind so schwielig, dass es vermutlich unmöglich ist, sie zum Bluten zu bringen.
«Danke», sage ich.
«Vergessen Sie’s. Ich sollte derjenige sein, der sich entschuldigt.» Er schüttelt verärgert den Kopf. «Didier ist mein Cousin. Wenn er Scheiße baut, fällt das zwangsläufig auf die Familie zurück.»
«Na ja, ich weiß Ihren Einsatz jedenfalls zu schätzen.» Ich fische die nasse Croissanttüte aus dem Brunnen. Wasser strömt heraus, als ich sie in einen Mülleimer werfe. «Was hat er für ein Problem mit Arnaud?»
Der Mann mustert meinen Overall. Ich habe das Gefühl, dass er das eigentlich hatte verhindern wollen. «Sie arbeiten an dem Haus?»
Ich nicke. «Ich bin nur in die Stadt gefahren, um Material nachzukaufen.»
Mir entgeht nicht, wie er geschickt einer Antwort auf meine Frage ausweicht. Zum ersten Mal kommt mir der Gedanke, dass ich, wenn ich mit meiner Vermutung über Michels Vater recht habe, seinen Job übernommen habe. Aber mit seiner nächsten Bemerkung gibt er der Sache eine neue Richtung.
«Dann habe ich Sie wohl verpasst. Ich bin der Geschäftsführer vom Baustoffhandel.» Wieder gleitet sein Blick über meinen Overall. «Wie sind Sie eigentlich bei Arnaud gelandet?»
«Ich war per Anhalter unterwegs und habe mir bei ihnen im Wald den Fuß verletzt. Mathilde hat mich wieder zusammengeflickt.»
«Ich dachte, Sie hätten erzählt, Sie wären in einen Nagel getreten?»
Jetzt bin ich derjenige, der ausweichend antwortet. Ich will ihn nicht anlügen, aber ich will auch keine Probleme. «Warum reagiert eigentlich jeder gleich so über, wenn es um Arnaud geht? Was hat er getan?», frage ich statt einer Antwort.
Jean-Claudes Miene ist verschlossen. «Nichts, das Sie was angehen würde.»
«Das hat Didier anders gesehen.»
«Didier ist
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