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Der Hollywood-Mord

Der Hollywood-Mord

Titel: Der Hollywood-Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Al Mackey war sich ziemlich sicher, daß Gilda Latour ihm zugezwinkert hatte, als sie ihm seinen vierten Bourbon on the rocks brachte.
    Und tatsächlich empfand er eine wachsende Sympathie für den sonnengebräunten Baby-Mogul. Herman III war offensichtlich ein großzügiger Gastgeber, und er würde es den Detectives bestimmt an wirklich nichts fehlen lassen. Außerdem war er eine Art lieber großer Junge und hatte dazu auch noch ne quäkende Stimme wie Donald Duck.

 

    5
    Die Straßenmonster
    Wenn Al Mackey später über den Nigel-St.-Claire-Fall nachdachte, überlegte er oft, ob nicht alles seine Bedeutung gehabt hatte, diese vielen scheinbar zusammenhanglosen Vorfälle, die dafür sprachen, daß gleichwohl doch irgendwie alle Menschen durch eine endlose ewige Kette verbunden sind. Wie anders hätte es sonst zum ersten echten Hinweis im Nigel-St.-Claire-Fall kommen können, nur weil ein Soldat vom Marine-Corps in einen Tontopf pinkelte?
    Während Al Mackey und Martin Welborn sich von Herman III verabschiedeten und ein Mariner in einen Tonkrug pinkelte, linste ein Strichjunge vom Hollywood-Boulevard beim McCadder Place gerade um die Ecke und stellte fest, daß der Tyrannosaurus wiederauferstanden war und ganz in Blau gesund und munter den Boulevard entlangschlenderte. Er meinte damit natürlich das Straßenmonster Buckmore Phipps, das heute ausgesprochen fröhlich wirkte. Der Grund für Buckmore Phipps Freude bummelte an seiner Seite: sein alter Partner Gibson Hand. Und der Strichjunge brauchte nur einen Blick auf diesen unangenehmen Nigger zu werfen, um zu wissen, daß es höchste Zeit war, sich abzusetzen. Buckmore Phipps aber hatte wirklich und wahrhaftig vergessen, daß Gibson Hand ein Nigger war. Er haßte nämlich alle Nigger. Er haßte auch Mexikaner, Chinesen, Juden, Richter, Rechtsanwälte, Schwule, Drogensüchtige, Reporter, Politiker im allgemeinen, Demokraten im besonderen, seine Brüder und Schwestern, den Polizeichef, seine Ex-Frau ganz todsicher und eigentlich alle, außer einer Handvoll anderer Cops. Gibson Hand war einer der wenigen Menschen, die er nicht haßte. Und der Grund, warum er Gibson Hand nicht haßte, war der, daß Gibson wirklich jeden Menschen haßte.
    Buckmore Phipps hatte Gibson Hand zum erstenmal getroffen, als sie beide bei der berühmten Belagerung eingesetzt waren, bei der die Symbionesische Befreiungsarmee S.L.A. mit einer Tränengasgranate ausgeräuchert wurde, die ihr Haus in Flammen setzte. Buckmore Phipps hatte in Gibson Hand eine verwandte Seele gespürt, als Gibson Hands wütendes, braunes Gesicht aufleuchtete, während er angestrengt lauschend auf Todes- und Angstschreie wartete. Als Gibson Hand ihn dann ansprach, war er überzeugt davon, daß sie seelenverwandt waren. Der schwarze Cop drehte sich zu ihm um und sagte: »Rat mal, was S.L.A. bedeutet?«
    Ehe Buckmore Phipps antworten konnte, schnappte sich Gibson Hand eine Flüstertüte und wurde zu einem Polizeivolkshelden, als er schrie: »S.L.A. heißt So long, Arschlöcher!«
    Genau in diesem Augenblick hatte Buckmore Phipps beschlossen, daß er mit Gibson Hand zusammenarbeiten mußte. Einen Monat lang hatten sie es zusammen in einem Funkstreifenwagen ausprobiert, und daran hatte Buckmore Phipps nur die schönsten Erinnerungen.
    Gibson Hand hatte vom ersten Augenblick an gespürt, daß sein Partner aus dem Holz war, aus dem Bilderbuchpolizisten geschnitzt werden. Den Beweis dafür bekam er in der Nacht, in der sie eine zerstückelte Leiche im Müllcontainer eines Kaufhauses fanden. Der junge Lagerarbeiter dachte zuerst, es sei eine Schaufensterpuppe, weil die Beine fehlten. Dann entdeckte er die Beine hinter dem Müllcontainer, die von Ratten zerfressen waren. Nachdem er sich ausgekotzt hatte, rief er die Cops.
    Die Tote war eine achtzehnjährige Stimmungskanone aus Pomona, die dachte, sie könne sich per Autostop kulturell bereichern, bis sie von einem der zahlreichen Auto-Maniacs, die sich aus Spaß und auch aus Geldgier auf den Freeways herumtrieben, mitgenommen und in Stücke zersägt wurde. Die Leiche des Mädchens war schon ausgeblutet, als Buckmore Phipps und Gibson Hand in ihrem Schwarzweißen aufkreuzten. Der junge Lagerarbeiter hielt sich mit einer Hand den revoltierenden Magen, seine blauen Augen tränten, und mit der anderen Hand zeigte er zum Müllcontainer und versuchte dann, zum Lager zurückzurennen.
    Was dann passierte, ist nie ganz geklärt worden. Nach Gibson Hands Aussagen passierte etwas, das

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