Der Hollywood-Mord
Wenn man solche Prachtburschen wie die wahrhaft Erfolgreichen besser behandelt und die Große Mauer gebaut hätte, könnte man sich auch in Beverly Hills noch eine satte Bräune holen, ohne gleich wie so'n verdammter kalifornischer Condor auf Bergspitzenhöhe gehen zu müssen.
»Mach mal Pause, Gilda«, sagte Herman III zu seiner Stenotypistin.
Al Mackey konnte es nicht fassen. Die trug mindestens BH-Größe neuneinhalb und konnte auch noch einen Brief aufnehmen? Ein seltsamer Ort!
Und das Büro hatte es auch in sich. Jede Menge europäischer Antiquitäten (Möbel aus der Zeitenwende nannte man so was in dieser Gegend), Fotos von Herman III mit Stars und Staatsmännern, einige Original-Filmposters von Studioklassikern und ein Wald von hängenden Farnen, der geheimnisvolle Schatten über das ausgeprägte Kinn von Herman III warf.
Der Baby-Mogul hatte einen mehr als festen Händedruck. »Freut mich, Sie zu sehen.« Er strahlte, und Al Mackey fragte sich sofort, wer wohl sein Gebiß gemacht hatte.
»Tut uns leid, daß wir Ihnen all diese Fragen noch mal stellen müssen«, sagte Al Mackey, als die beiden Detectives zu einem Acht-Fuß-Sofa gebeten wurden, einer Kreation aus weichem, schiefergrauem Leder. Die beiden Couchtische davor waren überhäuft mit verschiedenen Ausgaben des Daily Variety, des Hollywood Reporter und des Box Office.
Der Hollywood Reporter war aufgeschlagen bei einer ganzseitigen Reklame einer aufstrebenden Schauspielerin, nackt bis zur Taille. Sie war zweifellos eine Schönheit, aber sehr flachbrüstig. Al Mackey lehnte sich ein bißchen vor, um sie sich genauer anzusehen. Dort stand: »Würden Sie mir die Zehn glauben?«
»Tolle Idee, was?« sagte Herman III.
Al Mackey sah Martin Welborn an. Die aufstrebende Schauspielerin war also zehn Jahre alt. Ihre BH-Größe war offenbar nicht gemeint.
Dann fielen Al Mackey zwei aufgeschlagene Bände mit den Fotos von männlichen und weiblichen Schauspielern auf, dick wie Telefonbücher. Und daneben lag ein kleineres Buch mit den Namen von Regisseuren und Agenten mit Randnotizen in einer Art Geheimcode. »Man muß die Schwächen des Feindes kennen« – Herman III zwinkerte – »wenn man im Geschäft mitmischen will. Hey, kennen Sie übrigens Ralph Wisehart von der Mordkommission beim Beverly Hills Police Department?«
»Nein«, erwiderte Martin Welborn.
»Kann ich auch von mir nicht sagen«, sagte Al Mackey.
»Nicht? Ist ja komisch. Ich hab gedacht, ihr Jungs von der Schnüffeltruppe kennt euch alle.« Er lachte sich schief über seinen Witz, kriegte aber keine Antwort und fuhr fort: »Mit Ralph gehe ich öfters zum Pistolenschießen. Hab ihn mal kennengelernt, als er noch beim Einbruchdiebstahl arbeitete. Er bearbeitete einen Vier-fünf-neun-Fall in meinem Haus. Also Einsteigediebstahl. Da wurde zweimal pro Woche bei mir eingebrochen, bis Ralph und ich das Schlupfloch in der Lüftungsklappe fanden und irgend so einen Fixer von der Ostküste erwischten. Der Fingerabdruck am Tatort stimmte mit seinem nur in acht Punkten überein, darum ist es ausschließlich meiner Zeugenaussage zu verdanken, daß der Strolch schließlich ins Big Q {1} gesteckt wurde.«
Herman III hatte alle Reste des Polizeijargons zusammengekratzt, die er in den sechs Kriminalfilmen seines Vaters aufgeschnappt hatte, aber noch immer erntete er kein Lächeln. »Wie wär's mit einem Drink?« fragte er schließlich.
»Bourbon.« Al Mackey lächelte.
»Wodka, wenn Sie haben.« Martin Welborn lächelte.
Nachdem er endlich eine freundliche Reaktion erreicht hatte, klingelte Herman III fröhlich nach Tiffany Charles und orderte die Drinks für die Cops und Perrier für sich selbst. Herman jr. war, übrigens genau wie Herman der erste, ein weitgereister Mogul, und beide hatten sich während ihrer Entwicklungsjahre in der Kindheit überhaupt keine Gedanken über ihre Herkunft gemacht. Herman III war deshalb noch heute nicht in der Lage, irgendeine Konversation zu beginnen, wenn er nicht fühlte, daß sein Gesprächspartner ihn entweder schon mochte oder spätestens im Laufe der Unterhaltung schätzen lernte. Das Lächeln der Cops hatte ihn sicherer gemacht.
Während die Detectives auf dem schiefergrauen Sofa saßen und jeder zwei Drinks schlürfte und die aus der Kantine bestellten Cornedbeef-Sandwiches aßen, erzählte er ihnen alles, was er über seinen alleinstehenden Onkel und dessen letzte Nacht auf Erden wußte. Das dauerte ganze eineinhalb Minuten: »Was, zum Teufel, hatte
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