Der Hügel des Windes
verschiedenen Versionen des Buches mit ihrem klaren und präzisen Blick begleitet hat, Giulia Ichino, Antonio Franchini und Stefano Tettamanti, meine unverzichtbaren Gesprächspartner, die seit der ersten Idee an diese Geschichte geglaubt haben. Ohne sie hätte Der Hügel des Windes niemals das Licht der Welt erblickt.
C. A.
Ein Bild und ein Versprechen
Eine Ausgrabungsstätte der Erinnerung
Carmine Abate über die Entstehung seines Romans
Der Hügel des Windes gründet in einem Bild und einem Versprechen. Das Bild ist ein Hügel in Kalabrien, zwischen dem Ionischen Meer und Carfizzi, meinem Heimatdorf. Viele Jahre lang war ich fasziniert von der geheimnisvollen Aura, die ihn umhüllt, von den Süßkleeblüten, die ihn im Frühjahr purpurrot färben, von den archäologischen Schätzen und den Geheimnissen, die sich vielleicht unter ihm verbergen, da er im Herzen der antiken griechischen Kolonien liegt. Was mir fehlte, war ein starkes Motiv, um über ihn zu schreiben, eine innere Notwendigkeit, die hinter jeder authentischen, berührenden Geschichte steht.
Bei diesem Buch erwuchs die Notwendigkeit aus dem Versprechen, das ich meinem Vater in dem Jahr vor seinem Tode gab: die Geschichten aufzuschreiben, die er mir erzählte, selbst die geheimsten und unbequemsten, bevor sie mit ihm in Vergessenheit gerieten. In dem kleinen Arbeitszimmer in meinem Haus im Trentin schob sich der Hügel des Rossarco vor mein inneres Auge und bot sich als realer und symbolischer Ort dar, um mein Versprechen einzulösen. Ein leuchtendes Bild, aus dem die grellen Farben des Frühsommers hervorstachen, die Geräusche der sonnenüberfluteten Landschaft, die Stimme des unaufhörlich wehenden Windes. Dann brauchte ich nur noch die Augen zu schließen, und schon atmete ich aus 1195 Kilometer Entfernung seinen Duft ein.
Die ersten Seiten, die ich zügig herunterschrieb, überraschten und beunruhigten mich: Wer war der Mörder dieser zwei jungen Burschen, die der kleine Arturo Arcuri auf der roten Wiese des Hügels liegen sieht? Würde es dem berühmten Archäologen Paolo Orsi gelingen, die genaue Lage von Krimisa, der mythischen antiken Stadt, zu entdecken? Und warum wollte der alte Michelangelo Arcuri sein Dorf verlassen und alleine auf dem Rossarco leben?
Ich muss gestehen, dass ich die Antworten auf diese und andere Fragen erst am Ende des Romans gefunden habe. Das geht mir bei jedem Buch so: Ich weiß nie, wie die Geschichte ausgehen wird, ich folge keinem bestimmten Schema, keinem festgelegten Plan. Mir ist es wichtig, mich beim Schreiben berühren, überraschen zu lassen, denn sonst kann man auch den Leser kaum berühren und überraschen. Das bedeutet nicht, beim Schreiben künstliche Höhepunkte aneinanderzureihen, sondern im Gegenteil den Charakter, die sprachlichen Besonderheiten und Gefühle jeder einzelnen Figur zu respektieren, bis sie zu einer eigenständigen Person wird mit der je eigenen Lebensauffassung und dem freien Willen, der es ihr erlaubt, sich vom Erzähler zu lösen und zu leben, zu lieben oder zu sterben, wie es ihr gefällt.
So erging es auch den außergewöhnlichen Männern und Frauen der Familie Arcuri: Sie waren mutiger, als ich sie mir in Anlehnung an die Realität hätte vorstellen können; sie haben ein ganzes Jahrhundert italienischer Geschichte durchlaufen, haben Übergriffen und Gewalttaten aller Art widerstanden, haben ihr Land geliebt und es mit Klauen und Zähnen verteidigt.
Mühsamer, dabei nicht weniger reizvoll, war die Ausarbeitung der Figuren, die wirklich gelebt haben, wie der TrentinerPaolo Orsi und der Piemonteser Umberto-Zanotti, zwei außerordentliche Brückenbauer zwischen Nord- und Süditalien. Neben der notwendigen historischen Recherche arbeitete ich intensiv an ihrem Blickwinkel und entdeckte dabei, dass er dem meinen glich, den ich mir hier im Trentin angeeignet habe, auf halbem Weg zwischen meinem Heimatdorf und Hamburg, wo ich als junger Mann gelebt habe: ein Blick, der frei ist von Vorurteilen und es ermöglicht, die Vielschichtigkeit eines Ortes zu erfassen und wiederzugeben und dadurch automatisch nicht nur seine negativen, sondern auch seine positiven Seiten zu zeigen.
Schreiben heißt für mich, immer wieder zu überarbeiten. Und so widme ich mich nach dem ersten Entwurf und der Einlösung meines Versprechens unermüdlich der langwierigen Arbeit, an jeder Seite zu schürfen und zu graben – wie die nach Krimisa suchenden Archäologen – und Schicht um Schicht die Erinnerung
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