Der Hüter des Schwertes
Hauch Angst gemäßigt. Die Flucht der Königin war schlimm genug, aber wenn sie einen Kämpfer mit dem Drachenschwert bei sich hatte? »Bist du dir sicher?«
»Euer Gnaden, er hat im Alleingang einen Trupp Panzerreiter niedergemacht. Mit seinem Schwert hat er stählerne Brustpanzer durchbohrt, als wären sie aus nassem Pergament gewesen. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, wenn ich es nicht selbst gesehen hätte.«
Gello schluckte. »Benachrichtige die Kommandanten aller Standorte. Bei dem geringsten Anzeichen von irgendwelchen Zusammenkünften, von Widerstand oder Unruhen sollen sie alles unternehmen, was ihnen notwendig erscheint, um dem ein Ende zu machen. Jetzt schick mir meine Hauptleute.«
»Ja, Euer Gnaden.« Der Offizier verbeugte sich und zog sich rasch zurück, sichtlich erleichtert, dass er mit dem Leben davongekommen war.
Gello ließ sich schwer auf einen Sitz fallen. Der Verlust Cheltens versetzte ihm einen schmerzhaften Stich. Er war seit Jahren an seiner Seite gestanden und hatte sich als unbeirrbar loyal erwiesen. Die Königin wäre nicht im Besitz des Schwertes, wenn Chelten noch am Leben wäre. Aber er schob den Kummer beiseite und überdachte kurz seine Pläne. Er hatte so viele Soldaten des Heeres wie möglich dazu gebracht, ihm einen Ehrenschwur zu leisten. Seine Mutter hatte Monate damit verbracht, Aufzeichnungen über das Drachenschwert zu studieren, hatte nach Schwachstellen gesucht. Sie glaubte, dass das Schwert nicht in der Lage war, Männer dazu zu bringen, einen Eid zu brechen. Sein Plan war einfach. Sobald die Königin und ihr Kämpfer in einer Stadt ankamen und mithilfe des Schwertes versuchten, ein Heer zusammenzustellen, würde er sie mit einer massiven Streitmacht zerschmettern. Dagegen konnte das Schwert nichts ausrichten. Bauern und Stadtbewohner konnten selbst zu Tausenden nichts gegen Panzerreiter und ausgebildete Soldaten ausrichten.
Dennoch machte er sich Sorgen. Wenn er jetzt verlor, würde man ihn nicht nur für eine, sondern für zwei Niederlagen verspotten. Das könnte er niemals vergessen machen. Er musste tun, was immer nötig war, um zu siegen. Ihm kam eine Idee. Was, wenn er das Heer zwang, Dinge zu tun, die das Schwert nicht mochte? Angeblich wirkte das Schwert nur auf gute Männer. Er könnte sein Heer auf ein paar Dörfer loslassen. Ein paar Bauern zu töten und ihre Frauen zu vergewaltigen, das würde dem Land keinen großen Schaden zufügen – Bauern gab es überall. Aber es könnte genügen, um sein Heer abzusichern. Und es wäre die perfekte Vorbereitung auf das, was die Soldaten erwartete, wenn sie in andere Länder einmarschierten.
Er lächelte und griff sich ein Stück Pergament, auf dem er seine Gedanken festhielt.
»Euer Gnaden, ein weiterer Offizier möchte Euch etwas mitteilen«, meldete ein Diener.
Gello winkte den Mann herein und hoffte, er würde ihm sagen, wo sich die Königin in diesem Moment aufhielt. Stattdessen kam ein zerzauster Offizier in den Thronsaal gestürmt, den er noch nie zuvor gesehen hatte. Gello zuckte leicht zurück. Der Umhang des Mannes war von einem langen, harten Ritt gezeichnet und blutverschmiert; er trug das Abzeichen der Jagdreiter auf der Brust, ein galoppierendes Pferd. Die Nase des Mannes war geschwollen, und die Augen waren schwarz unterlaufen.
»Euer Gnaden! Ich habe Nachrichten von großer Bedeutung! Der Magier der Königin hat uns angegriffen und konnte dank eines rallorischen Kriegers entkommen. Er und dieser Krieger, der das Drachenschwert haben könnte, sind auf dem Weg in die Hauptstadt, um die Königin zu befreien.«
»Du kommst damit etwas spät«, sagte Gello höhnisch. Er wollte gerade den Befehl erteilen, den Mann aus dem Zimmer schaffen und auspeitschen zu lassen, weil er die Nachricht nicht eher übermittelt hatte, als ihm einfiel, dass er Jagdreiter ausgesandt hatte, um nach Barrett zu suchen. »Kommst du von der Grenze zu Tetril?«
»Ja, Euer Gnaden. Auf dem Weg hierher habe ich vier Pferde zuschanden geritten.«
Gello war beeindruckt von der Hingabe dieses Mannes an seine Pflicht und seiner unbeirrbaren Zielstrebigkeit. Das waren seltene Qualitäten, die Gello sehr hoch schätzte.
»Wie ist dein Name?«
»Leutnant Havrick von den Jagdreitern, mein Herr.«
»Weißt du, wer dieser Rallorer ist?«
»Er behauptet, er sei Hauptmann Martil, einer der Schlächter von Bellic. Ich werde sein Gesicht niemals vergessen. Zweimal hat er mich besiegt, zuletzt hat er mich so zugerichtet«, sagte
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