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Der Hund kommt - Roman

Der Hund kommt - Roman

Titel: Der Hund kommt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Noestlinger
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Kindern die Rechnerei beibringt, wusste er nicht. Und wie er gleichzeitig den einen dies und den anderen jenes erklären sollte, wusste er schon gar nicht. Zeit gewinnen, dachte sich der Hund und sprach: »Nehmt bitte eure Rechenhefte heraus!« (Das hatte seinerzeit sein Lehrer immer gesagt. Daran, fand der Hund, konnte nicht viel falsch sein.) Doch die Kinder hatten keine Hefte mitgebracht. Nur die Singbücher hatten sie mitgenommen, weil sie in den letzten Wochen beim Bären immer gesungen hatten.
    Dem Hund fiel ein, dass sein jüngster Sohn gern mit Kugeln gerechnet hatte. Und dass Kirschen wie Kugeln aussehen und dass gerade Kirschenzeit war, fiel dem Hund auch ein.
    »Gibt’s hier wo einen Gemüseladen?«, fragte der Hund.
    »Am anderen Ende vom Ort«, sagte die Carmen-Anna.
    »Dorthin gehen wir jetzt«, sagte der Hund. Er fragte erst gar nicht nach, ob die Kinder das wollten, denn er dachte sich: Die reißen ja ohnehin nur die Mäuler auf und glotzen, wenn man sie nach ihren Wünschen fragt!
    Der Bub, der sich für das Zeugnis interessiert hatte, fragte: »Zu welchem Unterrichtsfach gehört In-den-Gemüseladen-Gehen?«
    Der Hund antwortete: »Das Hingehen ist Verkehrserziehung, das Einkaufen Konsumverhalten, und das Heimgehen ist Turnen, weil wir auf einem Bein hüpfen werden!«
    Der Hund ging mit den Kindern durch das Dorf. Viel Verkehrserziehung konnte er nicht betreiben, weil im Dorf kein Verkehr war. Bloß ein Traktor kam ihnen entgegen, und der fuhr genau in der Straßenmitte. Da erklärte der Hund den Kindern, dass der Traktorfahrer ein Blödhammel sei. Und dem Traktorfahrer schrie er zu: »Rechts halten, du Dolm!«
    Bevor der Hund mit den Kindern in den Gemüseladen ging, führte er sie in die Sparkasse und ließ zwei 100-Schilling-Scheine auf Silberfünfer wechseln.
    »Wie viele Silberlinge kriegen wir da?«, fragte er die Kinder.
    »Vierzig«, sagte ein Bub aus der vierten Klasse.
    »Und wie viele Kinder seid ihr?«, fragte der Hund ein Mädchen aus der ersten Klasse.
    »Weiß ich nicht«, sagte das Mädchen.
    »Zähl halt nach«, riet der Hund.
    Das Mädchen zählte nach. Von eins bis zwanzig zählte es.
    »Und wie viele Fünfer kriegt jeder, wenn wir 40 haben und 20 sind?«, fragte der Hund.
    »Zwei mal 20 ist 40«, rief ein Bub aus der dritten Klasse.
    Der Hund nickte und gab jedem Kind zwei Silberfünfer.
    Dann gingen sie in den Gemüseladen. Dort gab es gelbe, hellrote und dunkelrote Kirschen. Der Hund hielt einen Vortrag über Kirschen. Über süße und saure, faulige und wurmige, mit Chemie gespritzte und biologisch reine.
    Der Gemüsefrau gefiel das nicht. »Wollen Sie meine Ware schlecht machen?«, fragte sie misstrauisch. Und als der Hund die Kinder bat, von jeder Kirschensorte zu kosten, um sich für eine entscheiden zu können, wurde die Gemüsefrau stocksauer. »Auf solche Kundschaft kann ich mit Handkuss verzichten«, rief sie.
    »Werte gnädige Frau«, sagte der Hund zur Gemüsefrau. »Wir sind keine Kundschaft, wir halten hier eine Schulstunde ab.«
    »Eine Schulstunde bei mir?«, staunte die Gemüsefrau.
    »Natürlich«, sagte der Hund. »Gemüse gehört zum Leben! Das ist wichtig für die Kinder!«
    Da sagte die Gemüsefrau nichts mehr. Brav wog sie jedem Kind ein Viertelkilo Kirschen ab, nahm Fünfer und gab Groschen zurück. Sie murrte nicht einmal, als der Hund zu den Kindern sagte: »Und zählt das Wechselgeld nach, denn Kinder werden gern beschissen!«
    Dann hüpften der Hund und die Kinder auf einem Bein, abwechselnd 13 Sprünge auf dem rechten und 13 auf dem linken, zur Schule zurück. Weil die Sonne schien, blieb der Hund mit den Kindern im Schulhof und lehrte sie Kirschkernspucken. Sieger im Weitspucken wurde der Tarzan-Gottlieb aus der vierten Klasse. Er schaffte eine Weite von 12 Metern, 17 Zentimetern und 3 Millimetern. Leider waren nach dem Wettkampf alle Kirschen verbraucht. Für eine Rechenstunde war keine einzige mehr übrig.
    Ach was, dachte sich der Hund, die Kinder haben in der Sparkasse Geld gezählt und Kinder gezählt, Fünfer durch Kinder geteilt und Kinder mal Münzen genommen! Sie haben im Gemüseladen das Wechselgeld kontrolliert, beim Spucken die Weiten auf den Millimeter genau genommen und beim Heimhüpfen die 13er-Reihe wiederholt. Das ist genug Rechnerei für einen Tag!
    »Schluss für heute«, sagte der Hund zu den Kindern.
    Die Kinder liefen heim, und der Hund sammelte die Kirschkerne auf, was ihm im Kreuz, das noch immer ein bisschen steif war,

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