Der Hundeflüsterer - Thriller (German Edition)
und sah ihre verzögerten Mundbewegungen, als sie den Kopf hob, dann riss die Verbindung ab.
Auf seiner Enduro-Maschine fuhr David auf der Stadtautobahn Richtung Palma. Der Verkehr war wie immer sehr stark, doch mit seinem Geländemotorrad kam David schnell weiter und hatte nach knapp einer halben Stunde sein Ziel erreicht.
Die Bar Bosch ist eine der ältesten Bars in Palma de Mallorca und liegt mitten im alten Zentrum der Stadt. David setzte sich auf einen der Korbstühle, beobachtete das Treiben auf den breiten Boulevards, die flanierenden Passanten, dazu trank er ein stilles Mineralwasser. Nach ungefähr fünfzehn Minuten kam ein grauhaariger Kellner mit zerfurchtem Gesicht an seinen Tisch.
„Schön, Sie zu sehen, Señor David“, begrüßte ihn der Kellner und reichte ihm einen mit einer Wäscheklammer fixierten Zettel.
„Hallo, José! Diesmal sind es so viele? Damit hätte ich nicht gerechnet!“ David hob überrascht die Augenbrauen. „Niemals hätte ich das gedacht!“
„Señor David, im Augenblick herrscht eine rege Nachfrage! Ihr Engagement hat sich eben herumgesprochen“, antwortete José mit einer leichten Bewunderung in der Stimme.
„Es geht hier nicht um mich“, antwortete David und schob den Zettel in die Tasche seiner Jeans.
„Trotzdem sind Sie ein guter Mensch, Señor David!“, rief ihm José noch hinterher, als sich David auf seine Enduro schwang und davonbrauste.
Er raste den Passeig Maritim entlang, zweigte dann auf eine hauptsächlich von Lastwagen befahrene breite Straße ab, bis er ein Industriegebiet außerhalb von Palma erreicht hatte. Dort drosselte er die Maschine und fuhr im Schritttempo eine staubige asphaltierte Straße entlang. Links und rechts standen verwitterte Lagerhäuser und am Ende der Straße ein halb verfallenes, lang gezogenes Gebäude aus dem achtzehnten Jahrhundert, das früher einmal ein Kloster gewesen war. Vor dem großen halbrunden Tor, das noch immer von einer kopflosen Statue gekrönt wurde, parkten zwei vergitterte Lieferwagen. Die Fahrer standen im Schatten der Klostermauer, rauchten ihre Zigaretten und unterhielten sich angeregt. Als David sein Motorrad an der Mauer entlangschob, unterbrachen sie ihre Unterhaltung und nickten David bewundernd zu.
Bevor David durch die breite Toreinfahrt ging, holte er aus der Tasche seiner Jeans ein Bündel Euroscheine, zählte einige Scheine ab und steuerte auf die Portierloge zu, die sich in der Toreinfahrt befand. Ohne ein Wort zu sagen, schob er dem gelangweilt in einen kleinen tragbaren Fernseher blickenden Portier die Euroscheine über den Tresen und ging weiter in den Innenhof des Klosters.
In der Toreinfahrt war nur ein undefinierbares Grundheulen zu hören gewesen, aber als David den ersten Innenhof des Klosters betrat, brach der Lärm mit der Wucht eines Orkans über ihn herein. Eine unbeschreibliche Mixtur aus Bellen, Heulen und Jaulen hallte von den dicken Mauern wider, vervielfältigte sich als Echo, vermischte sich mit immer neuem Heulen und Bellen zu einer Symphonie des Grauens, zu einer Todesmelodie.
Jeden Monat war es das Gleiche, jedes Mal wieder wurde David von diesem hoffnungslosen Lärm emotionell mitgerissen. Auch jetzt löste sich die graue Geheimdienstwelt plötzlich im Nichts auf und David stand mit seinem wahren Ich in dieser Todeszone.
„Der Hundeflüsterer und sein monatliches Ritual!“, riefen zwei Männer in durchgeschwitzten Overalls, als sie David sahen. David nickte ihnen kurz zu und als sie näher kamen, verteilte er einige Geldscheine.
„Wo sind sie?“, fragte er dann kurz und knapp und mit dem Daumen deutete einer der Männer hinter sich in einen langen, dunklen Gang, aus dem eine Welle schrillen Winselns und grellen Jaulens nach draußen schwappte und den allgemeinen Lärm noch zu übertönen schien.
„Die in dem Gang dort sind schon seit über zwei Wochen hier! Deshalb ist es auch ihre letzte Woche! Du kannst dir fünf Stück heraussuchen. Mehr sind gesetzlich leider nicht erlaubt.“ Während der Mann das sagte, hielt er bereits die Hand auf und David zählte noch mehr Euroscheine auf die schwielige Handfläche.
Wie immer zögerte David auch diesmal, denn die eigentliche Aufgabe stand ihm noch bevor. Er musste aus ungefähr achtzig Hunden, die bereits in der Death Row, in der Todesreihe waren, fünf aussuchen, und diese fünf Hunde konnte er dann mitnehmen. David holte tief Atem und ging in den dunklen Gang hinein. Zunächst sah er in der Dunkelheit nur hunderte von
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