Der Hundeflüsterer - Thriller (German Edition)
nach oben in den wolkenlosen Himmel, spürte den sanften Luftzug des heißen Windes, roch die salzige Meeresluft, dachte an den Extrabonus und wusste, dass sie dafür nur noch ein einziges Mal töten musste.
*
Machmud hielt den Dolch in dem roten Samttuch so verborgen, dass er ihn mit einer blitzschnellen Bewegung ziehen konnte, um dem Mann die Kehle durchzuschneiden. Doch in dem letzten azurblauen Cabrio saßen nur vier kichernde Mädchen und ein schweigsamer Fahrer mit Sonnenbrille. Als sich Machmud mit mühsam unterdrückter Nervosität an dem Wagen vorbeidrückte, stellte er fest, dass auch in den beiden anderen Cabrios immer nur ein Fahrer und je vier bis fünf junge blonde Mädchen saßen, die wild durcheinanderschrien, sich sexy zur überdrehten Partymusik bewegten und bei jeder Bemerkung des Fahrers laut auflachten. Auch aus dem schwarzen Cayenne, der weiter vorne gerade einparkte, stiegen nur zwei Männer mit dunklen Sonnenbrillen. Sein Mann war nicht darunter und Machmud wusste, dass Allah ihm eine Prüfung in Geduld und Demut auferlegt hatte.
„Das sind diese reichen Russen!“, hörte er eine Frauenstimme aus einem mit röhrendem Motor wartenden roten Sportwagen neben sich.
„Nein, das sind die Mädchen des berühmten Präsidenten aus Dakistan!“, widersprach eine zutiefst beeindruckte männliche Stimme.
„Wieso berühmt? Bloß wegen der jungen Mädchen?“, fragte die Frauenstimme spitz.
„Nein, aber ich habe gelesen, dass er in einer Woche hier in Saint-Tropez so viel ausgibt, wie wir in einem Jahr verdienen!“
Die Antwort konnte Machmud nicht mehr hören, denn die Kolonne setzte sich wieder in Bewegung und auch der rote Sportwagen fuhr einige Meter weiter.
Machmud verlangsamte seine Schritte und blieb schließlich ganz stehen. Genauso wie die vielen Prominentenjäger setzte auch er sich am Straßenrand in den Staub. Doch anders als diese, die mit ihren Kameras jeden Prominenten in seinem Wagen fotografierten, schloss Machmud die Augen, um diese oberflächliche Welt auszublenden. Trotz Lärm und Stau empfing er eine Vision, die nichts mit diesem Beach Club zu tun hatte, sondern die wieder dunkel und düster war und ihn in einen finsteren Raum entführte, mit einem riesigen Käfig und dem weißen Tier im Zentrum.
Die Vision hatte eine klare Botschaft: Sein Ziel war nicht hier, sein Ziel befand sich noch in der Villa. Mit gesenktem Kopf lief er an den im Stau steckenden Luxusautos vorbei, eingehüllt in eine Staubwolke, die sich wie ein schützender Mantel um ihn legte und ihn an die Wüste und Dünen seiner Heimat erinnerte. Durstig und nach Luft schnappend erreichte er endlich die Straße, die zurück nach Saint-Tropez führte. Wie ein Marathonläufer hetzte er über den von der Hitze aufgeweichten Asphalt, die schon tiefer stehende Sonne brannte in sein Genick und der Wunsch nach eiskaltem Wasser wurde übermächtig. Gerade als er die Fahrbahn überqueren wollte, um auf der anderen Seite im Schatten weiterzulaufen, überholte ihn eine Mountainbikerin, die wie besessen an der weißen Markierungslinie entlangraste. Sie hatte einen schwarzen Rucksack auf den Rücken geschnallt und sich gegen die Hitze einen weißen Schal wie ein Tuareg um den Kopf gebunden.
„Merde!“, schrie die Frau aufgebracht, bremste und verriss das Rad zur Seite, um einen Zusammenstoß zu verhindern. Für einen kurzen Augenblick schien es, als würde sie die Kontrolle über ihr Mountainbike verlieren und schwer auf den Asphalt aufschlagen, doch im letzten Moment brachte sie das bereits mit dem Hinterrad ausbrechende Bike wieder zurück auf die Spur und schoss an Machmud vorbei auf Saint-Tropez zu.
15. Saint-Tropez – Café Senequier und Altstadt
David Stein saß auf den bequemen Stühlen aus rotem Segeltuch im Café Senequier im Hafen von Saint-Tropez und blickte gedankenverloren auf die Yachten, die dicht an dicht hier vor Anker lagen und vor denen ein unbeschreibliches Gewühl aus Autos, Touristen und Autogrammjägern herrschte. Auf den Yachten selbst waren die Crews in ihren Uniformen ständig mit Polieren und Putzen beschäftigt, ab und zu ließen sich Frauen in Strandkleidern an Deck blicken, die sich mit riesigen Sonnenbrillen und großen Schlapphüten unkenntlich gemacht hatten und der Touristenmasse, die mit ihren Kameras an der Mole auf Prominentenjagd war, trotzdem ein ehrfürchtiges Raunen entlockten. Die Yachteigner selbst tauchten nur sporadisch auf, es waren meist dicke ältere Männer, die teure
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